Israels Präsident hat angesichts schwerer Spannungen in der Regierung scharf vor einer vierten Neuwahl binnen eineinhalb Jahren gewarnt. Reuven Rivlin betonte am Dienstag nach Angaben seines Büros, eine Wahl inmitten der Corona-Krise sei keine Option.
»Es kann nicht sein, dass wir uns damit befassen, als wäre es eine logische Möglichkeit, während wir unsere Toten zählen«, sagte Rivlin. Sollte die politische Spitze Israel eine weitere Neuwahl zumuten, »wäre dies ein harter, schmerzhafter und unverzeihlicher Schlag für das Land«.
Spannungen Angesichts starker Spannungen in der Koalition zwischen dem rechtskonservativen Likud des Regierungschefs Benjamin Netanjahu und dem Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Verteidigungsminister Benny Gantz mehren sich Spekulationen über eine mögliche Neuwahl im November.
Die jüngste Krise entzündete sich an einem Streit darüber, ob die Regierung einen Haushalt nur für das laufende Jahr oder auch für 2021 verabschieden sollte.
Im Koalitionsabkommen war zwar eindeutig festgelegt worden, dass die Regierung einen Haushalt für 2020 und 2021 verabschieden wird. Zuletzt hatte Netanjahu, gegen den ein Korruptionsprozess läuft, diese Zusage jedoch infrage gestellt. Er erklärte dies mit der Corona-Krise. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass er mit dem Schritt verhindern will, dass Gantz im Herbst kommenden Jahres vereinbarungsgemäß das Amt des Ministerpräsidenten übernimmt.
Initiative Der reguläre Zeitrahmen für die Billigung des Haushalts endet am 25. August. Danach löst sich das Parlament nach israelischem Gesetz im Falle einer Nicht-Billigung automatisch auf, es kommt zu einer Neuwahl. Eine Initiative im Parlament soll eine Verschiebung des Stichtags auf den 3. Dezember erreichen. Ob diese Erfolg haben wird, ist aber noch unklar.
Nach langer politischer Lähmung hatten Netanjahu und Gantz erst vor drei Monaten eine gemeinsame Koalition gebildet. Israel hatte zuvor binnen eines Jahres drei Mal gewählt.
Ein Patt zwischen dem rechts-religiösen und dem Mitte-Links-Block verhinderte lange eine Regierungsbildung. Die Koalition, der noch weitere Parteien angehören, verfügt über eine Mehrheit von 73 der 120 Abgeordneten im Parlament. dpa