Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hat am Holocaust-Gedenktag zum weltweiten Kampf gegen Antisemitismus aufgerufen. »Genau wie im Kampf gegen das Coronavirus müssen alle Länder gemeinsam das Virus des Antisemitismus und des radikalen Hasses bekämpfen«, sagte Rivlin am Mittwoch bei einer Online-Veranstaltung der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.
HOLOCAUST-LEUGNUNG Man müsse dabei »alle Instrumente einsetzen, die uns zur Verfügung stehen – wie Forschung, Bildung und Strafverfolgung«, sagte Rivlin. Antisemitismus und Holocaust-Leugung verbreiteten sich leider immer weiter. Die Corona-Krise wecke neue antisemitische Verschwörungstheorien, es gebe Attacken auf Synagogen und jüdische Einrichtungen.
Auch der israelische Außenminister Gabi Ashkenazi nahm am virtuellen Gedenken teil. Als Sohn von Schoa-Überlebenden sei er mit den oft nur schwer zu ertragenden Schilderungen seines Vaters aufgewachsen. »Das war seine Realität und die vieler Millionen anderer Menschen«, sagte Ashkenazi. Man müsse sicherstellen, dass diese Aussagen gehört werden und sie der jüngeren Generation vermittelt werden. »Antisemitismus, Rassismus und Vorurteile erstarken wieder«, betonte der Politiker. Mancherorts hätten beispielsweise Studenten Angst, sich auf dem Campus als Juden zu erkennen zu geben. Die Botschaft müsse daher sein, effektive Schritte zu unternehmen, um dem entgegenzutreten. Ashkenazi erinnerte an seinen Besuch am Denkmal für die ermordeten Juden in Berlin, von dem eine Botschaft der Einheit ausging.
Als eine seiner ersten Amtshandlungen sprach der neue amerikanische Außenminister, Antony Blinken, beim Gedenken zum 27. Januar. »Denn der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts sei sehr bedeutend.« Besonders auch für ihn persönlich, da sein Stiefvater, der Jurist Samuel Pisar, Schoa-Überlebender war. »Er war noch ein kleiner Junge, als mein Stiefvater seine gesamte Familie durch die Nazis verlor«, sagte Blinken. Das Leben seines Stiefvaters habe ihn nachhaltig sehr geprägt. Böses in einem unermesslichen Ausmaß könne überall auf der Welt passieren, man habe aber eine Verantwortung, es zu unterbinden. Als Außenminister trage er die Erinnerung an seinen Stiefvater, dessen Familie, der sechs Millionen Juden und Millionen anderer Menschen mit sich.
Ausstellung Zum internationalen Gedenktag hat auch Yad Vashem eine spezielle Internetseite eingerichtet, mit Online-Ausstellungen, Bildungsquellen und einer virtuellen »Gedenkmauer«. Außerdem bietet die Gedenkstätte erstmals eine virtuelle Tour durch die Dauerausstellung »Schoah« im früheren deutschen Konzentrationslager Auschwitz an.
Die deutschen Nationalsozialisten und ihre Helfer hatten während des Zweiten Weltkrieges rund sechs Millionen Juden ermordet. Seit 1951 erinnert Israel am Holocaust-Gedenktag an die Opfer. Die Vereinten Nationen legten erst 2005 den Internationalen Holocaust-Gedenktag auf den 27. Januar fest. An diesem Tag 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz.