Verbal kam es bereits einige Male zum Schlagabtausch zwischen Jerusalem und Pjöngjang. So wie vor einigen Wochen, als Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman in einem Interview mit dem Nachrichtenportal Walla über die direkten Folgen der aktuellen Krise zwischen den Vereinigten Staaten und Nordkorea sprach.
Diktator Kim Jong-un nannte er dabei einen »Irren«, der den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sowie die pro-iranische Hisbollah mit Waffen unterstütze und damit die »globale Stabilität« gefährde. Zudem sei das Land ein Teil der »Achse des Bösen«, und in der Führung sitze »eine verrückte und äußerst radikale Gruppe«.
Die Antwort aus Pjöngjang ließ nicht lange auf sich warten. Das nordkoreanische Außenministerium bezeichnete Liebermans Worte als »waghalsig, erbärmlich und bösartig« und drohte, es sei »der unerschütterliche Wille und Geist unserer Streitkräfte und des Volkes der Demokratischen Volksrepublik, gnadenlos und tausendfach jeden zu bestrafen, der die Ehre seiner obersten Führung beleidigt«. Ganz offensichtlich würde Israel mit solchen Äußerungen nur von seinem »illegalen« Nuklearwaffenarsenal sowie den »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« in den besetzten Gebieten ablenken wollen.
Teheran So weit, so schrill. Doch warum eskaliert derzeit der Ton zwischen zwei Staaten, die mehrere 1000 Kilometer voneinander entfernt sind und die eigentlich historisch auf den ersten Blick nichts verbindet, was Grund für eine Feindschaft wäre? Die Antwort darauf findet sich in Teheran. Denn seit über drei Jahrzehnten ist Nordkorea eine der wichtigsten Bezugsquellen der Mullahs, wenn es um Waffen geht.
»Der Iran hat die finanziellen Mittel und Pjöngjang die Technologie«, bringt es Tal Inbar, Chef des Space and UAV Center des Fisher Institute for Air and Space Strategic Studies in Herzlija, auf den Punkt. »Vor allem im Bereich Raketenforschung liefert Nordkorea das Know-how. Die Iraner entwickeln diese Technik dann nicht selten weiter und verbessern sie.«
Beide Staaten betreiben sogar gemeinsame Forschungsprojekte. Und bereits 2005 lieferte Nordkorea 18 BM25-Musudan-Mittelstreckenraketen nach Teheran. Diese basieren auf der noch in der Sowjetunion gebauten SSN6, die eine Reichweite von über 2500 Kilometern hat und auch Atomsprengköpfe tragen kann. Genau das beunruhigt Jerusalem nicht erst seit gestern.
Zudem gelangen Raketen und Luftabwehrsysteme aus Nordkorea ebenfalls via Syrien in den Libanon, wo sie die Arsenale der Hisbollah auffüllen. Und Israels Ziel ist es, eine weitere Aufrüstung der Schiiten-Miliz zu verhindern, weshalb immer wieder Waffenkonvois von der israelischen Luftwaffe angegriffen werden – wie zuletzt im März dieses Jahres.
Assad Denn auch das Assad-Regime steht seit vielen Jahren in engem Kontakt mit den Machthabern in Pjöngjang. Welche Dimensionen dies annahm, kam 2007 ans Tageslicht, als Israel den im Bau befindlichen Atomreaktor im syrischen al-Kibar zerstörte. Nicht nur, dass dieser weitestgehend identisch mit dem Nuklearkomplex von Nyongbyon war, in dem Nordkorea das Plutonium für seine Atomwaffen gewinnt; Satellitenaufnahmen zeigten ferner, dass Chon Chibu, Direktor der nordkoreanischen Atomanlagen, dort aus- und einging und sich mit dem Chef der syrischen Atomagentur traf.
Kein Wunder, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in seiner Erklärung anlässlich des US-Angriffs auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt Anfang April auch Nordkorea erwähnte und hoffte, dass die Botschaft »nicht nur in Damaskus, sondern auch in Teheran, Pjöngjang und anderswo« gehört werde.
Umgekehrt ist in der Diktion der Machthaber in Nordkorea der jüdische Staat, den Pjöngjang auch nie anerkannt hatte, nichts anderes als ein »imperialistischer Satellit« der Vereinigten Staaten. Genau deshalb gilt es, Israel zu bekämpfen, wo man nur kann. Nicht nur verbal oder durch Waffenlieferungen, sondern ganz konkret: So beteiligte sich Pjöngjang 1973 aktiv am Angriff Ägyptens auf Israel, indem 20 Piloten entsandt wurden, die ägyptische MIG-21-Kampfjets steuerten. Auch Gaddafis Libyen und die PLO gehörten viele Jahre zu den Empfängern nordkoreanischer Militärhilfe.
Touristen Und nichts deutet darauf hin, dass sich an dieser radikalen Haltung in naher Zukunft etwas ändert – obwohl in Israel jüngst die Tatsache Schlagzeilen machte, dass erstmals israelische Touristen das beinahe hermetisch abgeriegelte Land besuchen dürfen. »Es gibt keine Reisewarnungen für Touristen und auch kein spezifisches Verbot, das Land zu besuchen«, hieß es dazu vom Außenministerium in Jerusalem. »Aber wir raten zu extremer Vorsicht. Denn obwohl Nordkorea von uns nicht als Feindstaat klassifiziert ist, existieren keinerlei diplomatische Beziehungen.«
Was die aktuellen Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und Nordkorea betrifft, so sieht Israel diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Sollte der Konflikt eskalieren, was die wenigsten israelischen Sicherheitsexperten für möglich halten, würde das wenig an den Realitäten ändern, da der Technologietransfer Richtung Teheran bereits stattgefunden hat.
»Und solange Trump mit Nordkorea beschäftigt ist, wird er der gesamten Region Naher Osten und dem israelisch-palästinensischen Konflikt wenig Aufmerksamkeit widmen können«, erklärte ein besorgter israelischer Politiker, der darauf bestand, anonym zu bleiben, dem Nachrichtenportal AL-Monitor. Und an der notorischen Feindseligkeit Pjöngjangs gegenüber dem jüdischen Staat wird sich dadurch sowieso nichts ändern.