Die Koalitionsverhandlungen haben begonnen. Zum Wochenbeginn hatte Staatspräsident Schimon Peres den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Wie erwartet an den alten und neuen Premierminister Benjamin Netanjahu vom Likud. Jetzt gilt es, die Parteien an einen Tisch zu bringen und eine Regierung zu bilden, die »so breit ist wie möglich«, wie Netanjahu im Anschluss versprochen hat.
Yair Lapid, dessen »Jesch Atid« als zweitstärkste Partei aus den Wahlen hervorgegangen ist, legte bereits eine Liste mit Forderungen vor. Das sind unter anderem die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern, eine Reform des Militärdienstes, eine Reduzierung der Ministerposten, was Zeitungsberichten zufolge Einsparungen von Dutzenden Millionen Euro jährlich ins Staatssäckel bringen könnte. Vor allem die ministerialen Jobs ohne besonderen Aufgabenbereich, von denen es im Netanjahu-Kabinett zahlreiche gibt, sind dem Knesset-Neuling ein Dorn im Auge.
Chefsessel Außerdem will Lapid das Außenministerium – wohl für sich selbst –, sowie das Bildungs-, Justiz- und Bauministerium für seine Fraktion herausschlagen. Besonders diplomatisch gibt sich der ehemalige Journalist dabei nicht. Sollten die Wünsche nicht erfüllt werden und seine Partei in die Opposition gehen müssen, habe er vor, innerhalb von 18 Monaten Neuwahlen herbeizuführen und dann Netanjahus Posten zu übernehmen, berichtete das Armeeradio am Montag.
Äußerungen, die beim Premier offenbar auf großen Unmut stoßen. »Wer will schon mit jemandem in einer Regierung sitzen, der ganz offenkundig auf den Chefsessel schielt?«, hieß es daraufhin aus Likudkreisen. Zumal Lapid offensichtlich auf jeden Fall das »Jüdische Haus« dabeihaben will. Gemeinsam mit dessen Vorsitzendem Naftali Bennett will er offenbar die strengreligiösen Parteien wie Schas aus der Regierung ausschließen. Denn es ist klar, dass die Ultraorthodoxen niemals der Rekrutierung ihrer Jeschiwa-Studenten für die Armee zustimmen würden.
Gespräche Dieser Tage geben sich die Parteien im Kfar Maccabia die Klinken in die Hand. Nicht alle werden bei den Gesprächen zufriedengestellt und in die Regierung aufgenommen werden. Es gibt es zwei mögliche Szenarien für die 19. Knesset: eine Koalition zwischen Likud/Israel Beiteinu und Jesch Atid, dem Jüdischen Haus sowie eventuell Zipi Livnis Hatnua und Kadima, die sich vor allem der Gleichbehandlung beim Armeedienst widmen könnte.
Die andere Option, die eher Gespräche mit den Palästinensern möglich machen würde, ließe die nationalreligiöse Partei Jüdisches Haus außen vor. Netanjahu wird sich entscheiden müssen. Der Auftrag, den ihm Peres gegeben hat, lautet in jedem Fall: »Bilde eine Regierung, die sich dem Frieden verschreibt!«