Nach einer Rekordzahl an Corona-Neuinfektionen will die israelische Regierung mit Lockdown-Maßnahmen in besonders betroffenen Orten die weitere Ausbreitung des Virus eindämmen. Das sogenannte Corona-Kabinett entschied am Donnerstag, dass die schärferen Regeln von Montag an in 30 Städten und Gemeinden mit hohen Infektionszahlen gelten sollten. In diesen Ortschaften sollen die Menschen nur noch in dringenden Fällen das Haus verlassen, etwa zum Einkaufen von Lebensmitteln oder von Medikamenten.
POLIZEI Schulen und sogenannte nicht-essentielle Geschäfte müssen schließen, auch der öffentliche Personennahverkehr wird eingestellt. Beweohner der betroffenen Gebieten dürfen sich dann nur noch in einem Umkreis von 500 Metern von ihrer Wohnung bewegen. Zu den betroffenen Orten gehören laut »Times of Israel« die Städte Nazareth, Bnei Brak, Tiberias, Abu Snan, Umm al-Fahm, Elad, Aabalin, Buqata, Beit Jann, Jaljulya, Jatt, Daliyat al-Karmel, Zemer, Taibe, Tira, Kasra-Samia, Ka’abiyye-Tabbash-Hajajre, Kafr Bara, Kafr Kanna, Kafr Qassem, Lakiya, Sheikh Danun, Maale Iron, Ein Mahil, Assafiya, Arara, Fureidis, Qalansawe, Rechasim und Kfar Aza.
Wie Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht auch Israels Corona-Beauftragter Ronni Gamzu wegen der Krise stark unter Druck.
»Wenn wir keine Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus ergreifen, kann die Situation außer Kontrolle geraten«, sagte ein Regierungsvertreter. Notfalls müsse die Polizei die Maßnahmen in den stark betroffenen Orten entschlossener umsetzen. Zuvor waren in Israel nach Angaben des Gesundheitsministeriums erstmals an einem Tag mehr als 3000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus verzeichnet worden.
KRISE Wie Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht auch Israels Corona-Beauftragter Ronni Gamzu wegen der Krise stark unter Druck. Er hat mit starkem Widerstand zu kämpfen. So hatte Chaim Kanievsky, ein führender Rabbiner innerhalb der strengreligiösen Gemeinschaft, jüdische Religionsstudenten dazu aufgerufen, sich nicht auf das Coronavirus testen zu lassen. Als Grund gab er an, eine Corona-Quarantäne gefährde die Bibelstudien.
Einem Bericht der Tageszeitung »Haaretz« zufolge hatte Gamzu zuletzt gesagt, dass 28 Prozent aller Corona-Fälle auf die arabische Bevölkerung zurückzuführen seien, 22 Prozent auf Ultraorthodoxe. In vielen der als »rot« eingestuften Orte mit hohen Fallzahlen leben vornehmlich ultraorthodoxe Juden oder arabische Israelis.
Die Pandemie war in Israel zunächst auch wegen des strikten Kurses der Regierung glimpflich verlaufen. Nach raschen Lockerungen im Mai schnellten die Fallzahlen jedoch in die Höhe. ja/dpa