Es geschah ohne jede Vorwarnung. Während die Tel Aviver vor den Bildschirmen ihre Lieblingsendungen schauten, im Restaurant oder den Bars der Stadt saßen, schrillten plötzlich die Sirenen. Auf und ab – der Ton für einen Angriff. Viele fragten, ob es sich um eine Übung handelt, während sie in die Schutzräume hasteten. Doch die Gefahr war echt. Zwei Raketen wurden kurz nach 21 Uhr am Donnerstagabend aus dem Gazastreifen auf Tel Aviv abgeschossen.
Verletzte oder Sachschaden gab es nicht. Doch der Schock war enorm. Das Raketenabwehrsystem sei aktiviert gewesen, das Warnsystem habe funktioniert, gab die Armee an. Die Geschosse seien ihren Worten zufolge »auf nicht bebautem Gelände niedergegangen«. Noch gibt es keine Angaben zu den Einschlagstellen. Viele Menschen hörten zwei Explosionen.
Verletzte oder Sachschaden gab es nicht. Doch der Schock war enorm.
innenministerium Es war das erste Mal seit dem Krieg mit Gaza 2014, dass wieder auf die Metropole am Mittelmeer geschossen wurde. Armeesprecher Ronen Manolis machte deutlich, dass es keinerlei Geheimdienstinformationen vorab gegeben habe. »In der Tat hat es uns überrascht.« Sowohl die regierende Hamas im Gazastreifen als auch der Islamische Dschihad stritten ab, mit dem Beschuss etwas zu tun zu haben. Das Innenministerium, das von der Hamas geleitet wird, machte klar, dass es sich dabei um eine Aktion »außerhalb des nationalen Konsens« handele, und beteuerte, dass man Maßnahmen gegen die Verantwortlichen ergreifen werde. Man wolle keine Eskalation mit Israel.
Doch die Armee betonte: »Die Angriffe auf die Tel Aviver Gegend Gusch Dan sind von der Terrororganisation Hamas ausgeführt worden.« Dafür spricht, dass sich vor einigen Tagen etwas höchst Ungewöhnliches im Gazastreifen abspielte: Einige Hundert Menschen demonstrierten gegen die regierende Terrororganisation und die katastrophalen wirtschaftlichen Zustände im Streifen.
Sicherheitsexperten nehmen an, dass die Hamas mit den ungewöhnlichen Anschlägen von den Problemen in der Enklave ablenken wolle – es wäre nicht das erste Mal.
Sicherheitsexperten nehmen an, dass die Hamas mit den ungewöhnlichen Anschlägen von den Problemen in der Enklave ablenken wolle – es wäre nicht das erste Mal. Und dies, obwohl sich zur selben Zeit eine Delegation aus Ägypten im Gazastreifen aufhielt, die in Abstimmung mit Israel über einen langfristigen Waffenstillstand verhandeln wollte. Die Delegation verließ auf Anraten Jerusalems sofort nach dem Beschuss das Gebiet.
sicherheitsberatungen Premier Benjamin Netanjahu kam anschließend im Hauptquartier der Armee in Tel Aviv mit Militärs zu Sicherheitsberatungen zusammen. Anschließend flog die IDF Vergeltungsschläge »auf Terroreinrichtungen« im Gazastreifen. Gegen 1.30 Uhr in der Nacht zum Freitag schrillten die Sirenen wieder durch die Gegend im Süden Israels, erst in der Eschkol- und später in der Schaar-Hanegev- sowie der Sdot-Negev-Region. Insgesamt seien drei Geschosse abgefeuert worden, eines wurde abgefangen, ein anderes landete auf offenem Feld und ein weiteres im Gazastreifen.
Politiker der Opposition meldeten sich noch am Abend zu Wort. Yair Lapid von der Union Blau-Weiß erklärte: »Raketen auf unsere Bevölkerung sind ein inakzeptabler Aggressionsakt. Keine Regierung würde dies hinnehmen. Und in Israel ist das nicht anders. Wir werden es nicht tolerieren, dass unsere Souveränität verletzt wird, und haben das Recht, mit aller Macht darauf zu reagieren, um die Bürger Israels zu schützen.«
Naftali Bennett von der Rechtspartei Hajamin Hachadasch forderte eine entschiedene Reaktion. »Ich rufe die Regierung auf, die IDF anzuweisen, einen Plan zu erstellen, um die Hamas ein für alle Mal zu schlagen.«
wahlen Die Eskalation ereignete sich lediglich drei Wochen, bevor am 9. April ein neues Parlament gewählt wird. Mit dem Raketenbeschuss hat sich der Konflikt zwischen Jerusalem und der Hamas wieder einmal in den Vordergrund der Wahlen katapultiert.
Mit dem Raketenbeschuss hat sich der Konflikt zwischen Jerusalem und der Hamas wieder einmal in den Vordergrund der Wahlen katapultiert.
Währenddessen haben die Bürgermeister von Tel Aviv und den angrenzenden Städten die öffentlichen Sicherheitsräume öffnen lassen. Spezielle Anweisungen des Heimatfrontkommandos gibt es nicht. Öffentliche Veranstaltungen finden wie gewohnt statt. Die Armee rief die Menschen auf, ihrem »Alltag nachzugehen«. Viele Tel Aviver nahmen den Beschuss mit ein wenig Galgenhumor und schickten per WhatsApp Nachrichten an Freunde und Familie. Eine von ihnen lautete: »Zwei Raketen auf Tel Aviv abgeschossen. Die erste ist abgefangen, die zweite sucht noch einen Parkplatz.«