Israelische Forscher haben eine mögliche Erklärung für das Fehlen prähistorischer Höhlenmalereien in Israel vorgelegt. Viele Tierarten, die Menschen der Frühzeit in Westeuropa für schamanische Rituale in Höhlen darstellten, waren demnach in der Levante bereits ausgestorben, so das Ergebnis einer jetzt in der Fachzeitschrift »Journal of the Israel Prehistoric Society« veröffentlichten Studie der Archäologen. Seit der ersten Höhlengrabung in Israel 1925 wurde noch keine einzige Höhlenmalerei gefunden.
Ausgangspunkt der Überlegungen waren laut Mitteilung der Universität Tel Aviv zahlreiche Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen, die etwa in Spanien oder Frankreich vor 35.000 bis 30.000 Jahren Höhlenmalereien anfertigten, sowie den in Höhlen im heutigen Israel lebenden Menschen. Dazu zählten etwa ähnliche Werkzeuge und Schmuckgegenstände. Die Menschen in beiden Regionen gehörten »allen materiellen Beweisen zufolge derselben Kultur an – der Aurignacien-Kultur«. Dies lasse keinen Zweifel, dass auch die Bewohner der Höhlen in Nahost technisch und kognitiv in der Lage gewesen wären, Tierbilder zu malen.
Wollmammuts und Wollnashörner
Während der Homo sapiens, der vor rund 60.000 Jahren aus Afrika kam, sich in der Levante mangels Alternativen auf das Jagen kleinerer und schnellerer Tiere verlegen musste, habe er bei seiner Ankunft in Europa vor rund 45.000 Jahren Großwild vorgefunden, das zu seiner Hauptnahrungsquelle wurde. Gleichzeitig begannen einzelne Arten wie Wollmammuts oder Wollnashörner zu verschwinden. »Die neu angekommenen Menschen hatten das Gefühl, ins Paradies gekommen zu sein, und das anschließende Schwinden der Tiere vor ihren Augen stürzte sie in eine Krise, die zu Höhlenmalereien führte«, so die Archäologen.
Für die levantinischen Höhlenbewohner seien die entsprechenden Rituale jedoch irrelevant gewesen, weil die betreffenden Tiere längst von früheren Menschenarten ausgerottet worden seien. Mit dem vollständigen Aussterben der großen Tiere in Europa sei schließlich auch die Höhlenmalerei zum Erliegen gekommen. kna