Tausende Israelis haben am Samstagabend in Tel Aviv gegen die Politik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu demonstriert. Die Menschen versammelten sich auf dem zentralen Rabin-Platz und hielten dabei wegen der Corona-Krise einen Sicherheitsabstand von zwei Metern.
Ein Polizeisprecher sprach von mehreren Hundert Teilnehmern, Medien dagegen von Tausenden. Die Bewegung »Schwarze Flaggen« warnt vor einer Erosion der Demokratie unter Netanjahu. Die Demonstranten protestierten auch gegen die Koalitionsvereinbarung zwischen Netanjahu und seinem Rivalen, Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß.
In einer Ansprache rief Karmi Gillon, ehemaliger Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Netanjahu nach Medienberichten dazu auf, »die aggressive Hetzkampagne gegen die Richter des Höchsten Gerichts zu stoppen«. Sollte es zu einem Mord an einem Richter kommen, werde Netanjahu dafür die Verantwortung tragen, warnte Gillon.
Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den Mord an Israels früherem Ministerpräsidenten Izchak Rabin durch einen Fanatiker im November 1995. Auch damals habe er Netanjahu gewarnt, dieser habe ihm jedoch nicht zugehört.
Netanjahu hat eine Korruptionsanklage gegen ihn als Putschversuch eingestuft und Israels Justiz immer wieder aufs Schärfste kritisiert. Am Montag hatte er sich mit seinem Rivalen Gantz auf die Bildung einer »nationalen Notstandsregierung« geeinigt. Dies sollte nach eineinhalb Jahren politischer Lähmung und drei Parlamentswahlen die Bildung einer Koalition ermöglichen.
Beide Seiten hatten zuletzt immer wieder auf die angespannte Lage im Land wegen der Corona-Krise hingewiesen. Gantz hatte zuvor lange Zeit eine Koalition mit Netanjahu wegen dessen Korruptionsanklage abgelehnt.
Die Bewegung »Schwarze Flaggen« sieht die langjährige Amtszeit Netanjahus als Gefahr für die Demokratie im Land. Sie demonstrieren häufig auch mit Fahrzeugen, an denen sie schwarze Flaggen als Symbol der Gefahr befestigen.