Die israelische Regierung hat sich am Dienstagmorgen auf Sparmaßnahmen geeinigt, die der neue Finanzminister Yair Lapid vorgeschlagen hatte. Dabei musste auch Lapid einige Zugeständnisse machen. Unter anderem wird die Einkommensteuer um 1,5 Prozent für alle Arbeitnehmer angehoben, das Kindergeld gekürzt sowie die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt erhöht. Abgelehnt wurde hingegen die Besteuerung von Touristenleistungen. Auch bei ultraorthodoxen Jeschiwas wird es entgegen der ursprünglichen Forderung des Finanzministers keine Kürzungen geben. In diesem Jahr sollen insgesamt 1,3 Milliarden Euro eingespart werden, im kommenden fast vier. Das Budget muss noch von der Knesset bestätigt werden.
Am Wochenende hatten etwa 12.000 Menschen gegen die von der Regierung geplanten Kürzungen demonstriert. Allein in Tel Aviv waren rund 10.000 Demonstranten auf den Straßen. Sie begannen ihren Protest beinahe so wie vor zwei Jahren mit Schildern, die soziale Gerechtigkeit fordern, am Habima-Platz. »Es ist unsere Verantwortung, rauszugehen und dafür zu sorgen, dass die Regierungsparteien nicht noch tiefer in unsere Taschen greifen«, erklärte Daphni Leef, die bereits im Sommer 2011 die Demonstrationen angeführt hatte. Hunderte Menschen drückten zudem in Jerusalem, Haifa, Rischon LeZion und Holon ihren Unmut aus.
Ausverkauf Einige Hundert Menschen waren auch vor dem Haus des Energieministers Silvan Schalom zusammengekommen, um sich gegen den Ausverkauf des Naturgases auszusprechen, das vor der israelischen Küste gefunden worden war. »Das Geld gehört uns allen und muss zur Stärkung der Gesellschaft benutzt werden, statt in irgendwelchen Koffern von Superreichen zu verschwinden«, riefen die Demonstranten.
Zwar soll auch die Gewerbesteuer um einen Prozentpunkt erhöht werden, die Demonstranten meinen jedoch, dass mit Lapids Plänen viel zu sehr die Mittel- und Unterschicht belastet werde, anstatt mehr Geld von den »Reichen« und von Unternehmen zu fordern.
Verteidigungshaushalt Nach dem vehementen öffentlichen Protest gegen die Finanzreformen überlegt Lapids Ministerium nun offenbar, wie die Auswirkungen besonders auf die sozial Schwächeren abgemildert werden können. Dabei wollen sie gleichzeitig dafür sorgen, dass sich das Loch im Haushalt nicht noch weiter vergrößert. Der neue Finanzminister hatte die Defizit-Obergrenze bereits – entgegen der Empfehlungen von Wirtschaftsexperten – auf 4,65 Prozent angehoben.
Dass der Verteidigungshaushalt 2013/14 lediglich um 600 Millionen Euro verringert wird, ist ein Kompromiss zwischen Schatz- und Verteidigungsministerium. Lapid hatte Einsparungen in Höhe von 800 Millionen Euro gefordert. Er warnte, dass durch den Kompromiss weitere Streichungen in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Bildung und Infrastruktur nötig werden würden. Doch Netanjahu versicherte, dass die Differenz keine »negativen Auswirkungen für die Bevölkerung« haben würden.
Auch andere kritisierten den Regierungschef, darunter Zahava Gal-On, Vorsitzende der linken Meretz-Partei. Sie nannte den Verzicht auf drastischere Einsparungen im Verteidigungsbereich eine »verpasste Chance«; das Geld hätte »anderen Sektoren zugutekommen können«. Oppositionsführerin Schelly Jachimowitsch glaubt, der Kompromiss sei ein weiteres Zeichen, dass Lapid unfähig ist, »die Änderungen durchzusetzen, die er versprochen hat«.