Israel

Kein Kriegskabinett mehr

Foto: copyright (c) Flash90 2024

Israel befindet sich noch immer im Krieg. Doch das Kriegskabinett ist aufgelöst. Das verkündete Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag bei einem Treffen mit dem Nationalen Sicherheitskabinett (NSC), wie ein Sprecher des Premierbüros am Montag bestätigte.

»Das Kabinett war auf den Wunsch von Benny Gantz im Rahmen der Koalitionsvereinbarung mit dem Bündnis Nationale Einheit entstanden. Als Gantz gegangen ist, bestand kein Bedarf mehr für ein Kriegskabinett«, begründete Netanjahu den Berichten zufolge seine Entscheidung. Ein neues Kabinett mit Mitgliedern der Koalitionspartner werde es nicht geben, machte er klar. Nach dem Ausscheiden von Gantz und seinem Bündnispartner, dem ehemaligen Stabschef Gadi Eizenkot, hatten die rechtsextremen Minister Bezalel Smotrich (Religiöser Zionismus) und Itamar Ben Gvir (Otzma Jehudit) Sitze in dem Entscheidungsorgan für den Krieg.

Rechtsextreme Minister forderten Sitze ein

Zum Kriegskabinett gehörten Netanjahu, Gantz, Verteidigungsminister Yoav Gallant und Eizenkot. Auch der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, und der Schas-Vorsitzende Arie Deri waren als Beobachter Teil des sechsköpfigen Gremiums.

Bereits vor der Auflösung war vermutet worden, dass Netanjahu es vermeiden will, Smotrich und Ben Gvir einen Platz im Kriegskabinett zu geben. Beide, besonders aber der Minister für öffentliche Sicherheit, Ben Gvir, sind für ihre extrem nationalistischen und extremistischen Gesinnungen berüchtigt. Ben Gvir wurde 2007 wegen Aufwiegelung zum Rassismus und der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung rechtswirkend verurteilt. Wegen seiner ultrarechten Haltung durfte er auch nicht in der IDF dienen. Zudem wird vermutet, dass Ben Gvir für das Leaken von geheimen Sicherheitsinformationen verantwortlich ist.

»Wir sind eine Regierung ohne Erfolge, das ist die Wahrheit.«

likud-abgeordneter eliyahu revivo

Netanjahu hob hervor, dass er stattdessen das Sicherheitskabinett häufiger einberufen und bei Bedarf auch Ad-hoc-Sicherheitskonsultationen abhalten wolle, erläuterte der Sprecher.

Gantz und Eisenkot hatten am 9. Juni nach einem dreiwöchigen Ultimatum die Notstandsregierung verlassen, der sie nach dem Hamas-Massaker in israelischen Gemeinden des Südens am 7. Oktober beigetreten waren. Ihrer Meinung nach habe Netanjahu sich geweigert, eine Strategie für den Gaza-Krieg zu entwickeln und vor allem keine Lösung für den »Tag danach« präsentiert.

Während der wöchentlichen Kabinettssitzung sagte der Ministerpräsident in Bezug auf den Krieg mit der Hamas im Gazastreifen: »Um das Ziel der Ausschaltung der Fähigkeiten der Hamas zu erreichen, habe ich Entscheidungen getroffen, die für die militärische Ebene nicht immer akzeptabel waren. Aber wir haben ein Land mit einer Armee und nicht eine Armee mit einem Land.«

Weigerung, Positionen der Macht abzugeben

Doch ausnahmsweise ein Abgeordneter aus seiner eigenen Likud-Partei äußerte sich dazu im israelischen Knessetradio. »Wir sind eine Regierung ohne Erfolge, das ist die Wahrheit«, so der Abgeordnete Eliyahu Revivo. Auf die Frage, ob vorgezogene Neuwahlen notwendig seien, antwortete er: »Vielleicht, das muss abgewogen werden. Wahlen sind eine der Möglichkeiten.«

Revivo unterstrich, dass, selbst wenn Likud die Führung des Landes verliere, »es das wert ist, denn Israel kommt vor der Führung«. Der Parlamentarier aus der Netanjahu-Partei prangert auch eine »Epidemie« der Weigerung an, Machtpositionen abzugeben. Dies, meinte er, sei allerdings in sämtlichen politischen Parteien der Fall. Er geht davon aus, dass andere in seiner Partei seine Ansichten teilen, schränkte jedoch ein, er gehe nicht davon aus, dass die Regierung in den kommenden Wochen stürzen wird.

Netanjahu betont immer wieder, dass es keine Wahlen geben sollte, solange der Krieg in Gaza noch andauert. Darauf angesprochen konterte Revivo: »Um ehrlich zu sein, wir befinden uns nicht wirklich mitten in einem Krieg. Es könnte sich um Kämpfe oder eine Operation handeln. Doch was gerade passiert, ist kein Krieg.«

Solidarität

Schub bei Rüstungsexport-Genehmigungen an Israel

Deutschlands Rüstungsexporte an Israel sind umstritten. Der Union reichen sie nicht. Nun gibt es neue Zahlen: Die Regierung hat zuletzt deutlich mehr genehmigt. Doch eine wichtige Frage bleibt offen

 16.10.2024

Standpunkt

Das Medienversagen

Täter-Opfer-Umkehr und Ja-aber: Viele Redaktionen in Deutschland verzerren Israels Kampf um seine Existenz - mit fatalen Folgen

von Maria Ossowski  16.10.2024

Nachrichten

Sukka, Rettung, Angriff

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  16.10.2024

Berlin

Terrorvorwürfe? Gegen uns?

UNRWA-Chef Philippe Lazzarini stand in Berlin Rede und Antwort - zumindest ein bisschen

von Detlef David Kauschke  16.10.2024

Meinung

Appeasement mit genozidalen Terroristen?

Wieder einmal zieht die Welt die falschen Konsequenzen aus der Geschichte

von Jacques Abramowicz  16.10.2024

Sicherheit

Iran soll Israelis als Spione und Auftragskiller rekrutiert haben

Mehrere Personen wurden unter dem Verdacht festgenommen, auf Geheiß Teherans Morde begehen zu wollen

von Sabine Brandes  16.10.2024

Libanon

Israelische Armee greift Hisbollah-Hochburg vor Beirut an

Zuvor hatten die USA die Angriffe ungewöhnlich scharf kritisiert

 16.10.2024

Meinung

Friedenshindernis UNIFIL

Die UN-Friedenstruppe im Südlibanon hat versagt - und lässt sich von der Hisbollah als Schutzschild missbrauchen

von Alon David  16.10.2024

Meinung

Demütigende Vorwände

Dass ausgerechnet Deutschland mithilfe fadenscheiniger Vorwände Israel dringend benötigte Hilfe verweigern wollte, ist beschämend

von Nils Kottmann  15.10.2024