Koalition

Prekäre Lage

Mansour Abbas, Vorsitzender der Raam-Partei Foto: Flash 90

Die arabische Raam-Partei hat am vergangenen Sonntag mitgeteilt, sie setze ihre Beteiligung an der Koalition von Regierungschef Naftali Bennett vorerst aus. Die Partei reagierte damit nach Medienberichten auf Druck aus den eigenen Reihen, wegen des Vorgehens der israelischen Polizei auf dem Tempelberg aus der Regierung auszuscheiden.

Am vergangenen Wochenende war es auf dem Tempelberg erneut zu Konfrontationen gekommen. Vor geplanten Besuchen von jüdischen Pilgern hätten Hunderte junge größtenteils maskierte Muslime mit Steinen und Eisenstangen Hindernisse errichtet, um den Zugang zu blockieren, teilte die israelische Polizei mit. Nach Medienberichten kam es daraufhin zu Auseinandersetzungen zwischen Polizeikräften und Palästinensern auf der Anlage, mehrere Muslime seien dabei verletzt worden.

sitzungspause Weil das Parlament noch bis zum 8. Mai in einer Sitzungspause ist, hat die Entscheidung der Raam-Partei jedoch zunächst keinerlei praktische Auswirkungen. Das könnte sich nach Ansicht von Experten allerdings ändern. So sagte Wadi’a Awawdeh, ein Politik-Kommentator des arabischsprachigen Radiosenders Nas, der »Times of Israel«, der »Druck der Straße« habe die »islamische Bewegung dazu gebracht, ihre politische Partei Raam zu drängen, etwas zu tun«. Das Vorgehen der israelischen Polizei auf dem Tempelberg schüre nun die Wut, sagte Awawdeh.

Die Entscheidung von Raam-Parteichef Mansour Abbas vom Sonntag gefährdet die ohnehin schon wackelige Koalition. Raam ist mit vier Abgeordneten in der Knesset, dem israelischen Parlament, vertreten.

Regierungschef Bennett bemüht sich nach Medienberichten um eine Beruhigung der Lage. Seine Acht-Parteien-Koalition hatte vor rund zwei Wochen bereits ihre hauchdünne Mehrheit im Parlament verloren. Eine Abgeordnete von Bennetts Jamina-Partei war überraschend aus der Koalition ausgetreten. Anlass war ein Streit über religiöse Angelegenheiten.

Raam-Chef Abbas fordert, dass Israel auf dem Tempelberg zum Status quo von vor 2000 zurückkehrt.

Die Regierung Bennetts war Mitte Juni vergangenen Jahres vereidigt worden. Damit fand die politische Dauerkrise in Israel mit vier Wahlen binnen zwei Jahren ihr vorläufiges Ende. Die Koalition wurde von insgesamt acht Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum getragen – darunter mit Raam auch erstmals eine arabische Partei.

STATUS QUO Am Montag sagte Abbas in einem Radiointerview, er wolle, dass Israel auf dem Tempelberg zum Status quo von vor 2000 zurückkehrt. Auch wenn er nicht näher darauf einging, was damit gemeint war, so sei dieser Zeitraum laut Awawdeh von Bedeutung, da Israel damals den Zutritt jüdischer Besucher zum Tempelberg mit dem jordanischen Waqf koordinierte.

Die Forderungen spiegeln nach Ansicht von Raam-Parteigenossen Abbas‹ prekäre Lage wider: Eine Rückkehr in die Koalition sei demnach nicht nur eine Rückkehr zu Anfang April, bevor es zu den Unruhen auf dem Tempelberg kam. Schon im April 2021, vor den Parlamentswahlen in Israel, sei ein ideologischer Kompromiss mit der Bennett-geführten Regierung politisch nicht vertretbar gewesen. Salih Ryan, der Bürgermeister von Kabul, einer arabischen Kleinstadt im Norden Israels, sagte, die Frustration über Abbas‹ Vorgehen sei so sehr spürbar, dass »die Leute anfangen zu sagen, dass es sogar mit Netanjahu einfacher« war. Zumindest habe dieser »die extreme Rechte nicht zu Provokationen verleitet«.

Dass die Koalitionsmitgliedschaft nun auf Eis liege, sei mehr als das, wie Ryan der »Times of Israel« am Dienstag sagte. »Es gibt eine wirklich harte Spaltung innerhalb von Raam, ob sie in der Regierung bleiben soll oder nicht.« ksh (mit dpa)

Grausamer Psychoterror

Hamas zwang Geiseln, Freilassung anderer Geiseln zuzusehen

Eviatar David und Guy Gilboa-Dalal saßen in einem Auto nahe der Bühne

 23.02.2025

Abkommen

Israel verschiebt Freilassung palästinensischer Häftlinge

Erst müsse die Hamas versichern, die Geiseln nicht mehr öffentlich zu demütigen, so Ministerpräsident Netanjahu

von Lars Nicolaysen  23.02.2025

Geiselbefreiung

Omer, Tal, Eliya, Omer, Avera und Hisham sind frei!

Sechs israelische Männer wurden am Samstagmorgen aus der Gefangenschaft der Hamas in Gaza freigelassen

von Sabine Brandes  22.02.2025

Abkommen

Dies sind die sechs freigelassenen Geiseln

Tal Shoham, Omer Wenkert, Omer Shem Tov, Eliya Cohen, Avera Mengistu und Hisham al-Sayed sind in Freiheit

von Sabine Brandes  22.02.2025

Geiseldeal

Leichnam von Shiri Bibas nach Israel überstellt

Nachdem die Hamas erst einen anderen Leichnam übergeben hatte, überstellte sie am Freitag die Leiche von Shiri Bibas. Ihre Identität wurde von Forensikern bestätigt

 22.02.2025

Gaza

Hoffnung nur ohne Hamas

Der Friedensaktivist Hamza Howidy ist im August 2023 aus dem Gazastreifen geflohen. Er fürchtet, dass das aktuelle Abkommen nichts an den dortigen Zuständen ändern wird

von Hamza Howidy  21.02.2025

Zynische Show

Wo ist Shiri Bibas? Hamas spricht von einem möglichen »Irrtum«

Für Samstag ist die Freilassung der sechs weiteren Geiseln angekündigt

 21.02.2025

Israel

Internationale Reaktionen: Fassungslosigkeit angesichts Grausamkeit der Hamas

Das grausame Verhalten der Hamas im Fall von Shiri Bibas und bei der Übergabe der Leichen sorgt weltweit für Empörung

von Sophie Albers Ben Chamo  21.02.2025 Aktualisiert

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025