Stephane Legar ist ein Popstar, wie es ihn in Israel noch nicht gab. Denn wenn man Stephane, dessen Eltern aus dem afrikanischen Togo stammen, zum ersten Mal sieht – wie er tanzt, wie er auf der Bühne agiert, vor allem aber auch, wie er sich kleidet –, glaubt man kaum, dass dieser Megastar aus Israel stammt. Bei seinem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Reuven Rivlin vor wenigen Wochen trug Stephane einen feuerroten Anzug, protzigen Schmuck und eine riesige glitzernde Sonnenbrille. Seinen Afro hatte er in breite Cornrows geflochten.
Legar ist so schillernd, so anders als die israelischen Sänger, die man kennt, dass man ihn automatisch eher in Städten wie New York oder London verortet. Auch seine Musik, ein Mix aus Pop, Dance und Hip-Hop, ist neu im Land. Wenn er dann noch tanzt, kraftvoll, athletisch mit einem Hauch von Michael Jackson, weiß man, dass Stephane Legar das Zeug zu einem echten Star hat.
ANDERSSEIN Am meisten glaubt daran Legar selbst. Zwar wurde er bereits mit 16 Jahren als Model entdeckt und lief seine erste große Show für das israelische Label Castro, aber der Weg vom Background-Tänzer zum Popstar war für den mittlerweile 20-Jährigen nicht immer einfach: »Ich verfügte zwar schnell über ein Netzwerk, aber die wenigsten Agenturen oder Produzenten verstanden, wer ich war und was ich machen wollte. Ich war anders als alles, was sie kannten.« Dieses »Anderssein« hatte in seiner Kindheit immer mal wieder dazu geführt, dass Legar ausgegrenzt wurde. Er kennt wohl alle rassistischen Schimpfwörter, die es im Hebräischen für Dunkelhäutige gibt.
Legar ist ein Popstar, wie es ihn in Israel noch nicht gab.
Doch Legar begriff früh, dass dieses Anderssein noch einmal sein großer Vorteil werden würde. Wobei sich Legar selbst wohl kaum israelischer fühlen könnte. »Klar, bei uns zu Hause wurde Französisch gesprochen, es liefen internationale Fernsehsender und Musik von der Elfenbeinküste und so. Meine Eltern legten mehr Wert auf Höflichkeit und Respekt als andere israelische Eltern, aber für mich war immer klar, dass ich in Israel zu Hause bin. Egal, wohin ich reise, wenn ich zurück nach Hause komme, ist das immer ein ganz besonderes Gefühl. Ich liebe diese Freiheit hier, dass alle offen sagen, was sie denken, diesen israelischen ›Way of Life‹.«
Die Kultur seiner Eltern – Christen, die im Botschaftsdienst nach Israel kamen und aus Liebe zum Land blieben – spielt bis heute eine große Rolle in seinem Leben. Und seit seiner Kindheit fliegt er regelmäßig nach Togo. In Afrika fühlt er sich als Ausländer. Denn seine Heimat ist Israel, das Land, in dem er geboren und das geworden ist, was er heute ist. Dieses besondere Gefühl, Israeli zu sein, wollte er Leuten näherbringen, und so entstand nach Liedern auf Englisch und Französisch, die er in Duetten mit größeren israelischen Stars sang, sein erster eigener Song auf Hebräisch.
Wobei »Comme ci comme ça« natürlich nicht wirklich nur Hebräisch ist, sondern ein unterhaltsamer Mix aus Französisch und Hebräisch, bei dem man alles versteht und trotzdem das Gefühl hat, ein Lied von Welt zu hören. Auch der Nachfolger »Merci« hält sich an dieses Erfolgsrezept. Und während andere israelische Sänger davon singen, wie man möglichst viele Frauen ins Bett bekommt, singt Legar vom Leben und davon, immer positiv zu bleiben.
LEICHTIGKEIT Wenn man Legar kennenlernt, ist es genau diese positive Art, eine gewisse Leichtigkeit, die an ihm auffällt. Beim Interview trägt er Uniform, weil er wie fast jeder 20-Jährige in Israel natürlich noch mitten in seinem Militärdienst steckt. Allerdings ist Stephane Legar, wie viele Schauspieler, Musiker und Tänzer, in einer besonderen »Künstler-Einheit«. Diese Einheit ermöglicht es ihm, dass er trotz seines Militärdienstes mehrere Shows täglich spielen kann. Sein erstes eigenes Album soll auch bald erscheinen – in Frankreich. Dass der Markt dort einfach größer ist und ihm somit noch mehr Möglichkeiten eröffnet, weiß Legar ganz genau.
Sein Debüt »Comme ci comme ça« war auf Anhieb ein Riesenhit.
Überhaupt ist die Zielstrebigkeit, mit der er schon immer an seiner Karriere gearbeitet hat, beeindruckend: Seine erste sogenannte Tanzchallenge »Step Fun« (abgeleitet von seinem Vornamen) war 2017 so erfolgreich, dass sie ihm schnell eine knappe Million Views bei YouTube und Instagram verschaffte. Bis dato haben mehr als zehn Millionen Menschen das Tanzvideo gesehen.
»Am Anfang war die Musik, die ich machte, eher der Hintergrund, den ich für meine Tanzvideos brauchte, doch dann interessierte ich mich immer mehr dafür. Man schreibt die Songs, komponiert, produziert – man entwickelt ständig neue Dinge.« Das Tanzen bleibt aber ein wesentlicher Bestandteil seiner Shows, bei denen es immer hoch hergeht.
TO-DO-LISTE Im Sommer hat Legar bis zu fünf Konzerte pro Tag in ganz Israel gegeben, mittlerweile sind es »nur« noch zwei oder drei. Die vielen Auftritte haben ihn vor allem bei Teenagern und Kindern im Land zum Mega-Popstar gemacht. Doch Legar hat noch lange nicht das Gefühl, alles erreicht zu haben. »Vor zwei Jahren habe ich auf meine To-Do-Liste geschrieben: ›In ein paar Jahren wird jeder wissen, wer Stephane Legar ist‹, und vor ein, zwei Wochen war ich beim israelischen Präsidenten eingeladen. Ich glaube, dass mich mein Optimismus, meine positiven Gedanken hierhergebracht haben, wo ich jetzt bin, und dass es nur besser werden wird.«
Wer Legar erlebt, ob auf der Bühne oder im persönlichen Gespräch, ahnt, dass der junge Israeli noch viel vorhat, und zweifelt keine Sekunde daran, dass er seine Ziele erreichen wird.