Ron Porat geht von Tisch zu Tisch und erklärt: »Diese Kartoffeln hier treiben nicht aus, obwohl sie schon lange gelagert wurden.« Einfaches Pfefferminzöl, mit dem sie im Laufe eines ganzen Jahres immer wieder besprüht wurden, hält sie davon ab.
Das Basilikum namens »Perrie« im unscheinbaren Pappkarton wird auch nach der Reise von Israel nach Italien noch frisch sein, weil es frühmorgens geerntet wurde und diese Sorte außerdem gegen Schimmelpilze resistent ist. Die Plastikfolie um die Granatäpfel wurde mit Laserstrahlen perforiert und lässt nun Feuchtigkeit heraus, aber keine hinein, und die Blumen haben eine Hormonspritze ins Wasser bekommen, damit sie auf dem Weg nach Europa keinen Pilzbefall erleiden.
Das ist längst nicht alles. Porat könnte noch einige Beispiele dafür zeigen, wie frische Produkte länger haltbar gemacht werden können, ohne deshalb gesundheitsschädliche Chemie zu gebrauchen. »Einfache Beobachtungen – wie etwa: Wann ist die beste Erntezeit, wie wird geerntet, und unter welchen Bedingungen werden die Produkte aufbewahrt? – führen schon zu hilfreichen Erkenntnissen«, erklärt er.
Porat ist Wissenschaftler bei der »Landwirtschaftlichen Forschungsorganisation« (ARO) im Volcani-Zentrum in Beit Dagan in der Nähe von Rechovot. Hier arbeiten unter dem Dach des israelischen Landwirtschaftsministeriums einige Tausend Wissenschaftler, 70 Prozent der israelischen Agrarforschung werden hier betrieben. Es geht um Nachhaltigkeit, Produktionssteigerung, neue Technologien und Maschinen sowie um eine höhere Qualität der Produkte.
urbar Gegründet wurde das Institut bereits 1921 – aus gutem Grund: Die schwierigen klimatischen Bedingungen in Israel waren eine Herausforderung für die frühen jüdischen Pioniere. Es ging darum, das unwirtliche Land urbar zu machen, Sümpfe trockenzulegen und trockene, steinige Böden zu bewässern. Nachteile, die nicht nur dazu zwangen, sich den Verhältnissen anzupassen, sondern in einen Vorteil umzumünzen. Erfindergeist war gefragt.
Das ist gelungen: In dem regenarmen Land werden etwa Bewässerungsmethoden ständig weiterentwickelt. Die Tröpfchenbewässerung ist nur ein bedeutsames Beispiel. Bei der Wiederverwendung gereinigter Abwässer für Bewässerungszwecke hält Israel eine internationale Spitzenposition. Damit ist groß angelegter Ackerbau in Wüstengebieten leichter geworden. Aber auch die Entwicklung wassersparsamer Pflanzensorten gehört zu den Vorzeigeerfolgen der israelischen Forschung.
Gerade neu auf dem Markt: die Cherrytomate, die aussieht wie eine rote Rosine und »Tomaisins« genannt wird. Assaf Sagiv, der bei ARO in der Abteilung Innovationen arbeitet, präsentiert stolz diese neueste Entwicklung. »Ein großer Teil unserer Tomaten wird getrocknet und zu Tomatenmark verarbeitet. Das verursacht Energie- und Transportkosten. Wozu also das ganze Wasser?«, stellt er den Ursprungsgedanken vor.
Das Ergebnis: Den Forschern ist es gelungen, eine Tomate zu züchten, die das Wasser nach dem Reifungsprozess von selbst verliert. Sagiv zeigt Fotos: Die Tomate schrumpelt am Stock bis zu ihrem rosinenartigen Aussehen. Sie habe aber nicht nur einen höheren Anteil des äußerst gesunden Lykosins, sie sei auch schmackhaft, versichert er und lädt zum Probieren ein. Nun wolle man an einer appetitlicheren Farbe arbeiten.
zusammenarbeit Uri Jaffe und Atmog Yaish hingegen beschäftigen sich mit Oliven. Es geht um die Produktion von Öl. Auf den ersten Blick nichts Neues, ihre Firma Tamar Tech hat dem begehrten Produkt jedoch eine völlig andere Verwendung zugedacht. »Wir haben herausgefunden, dass pflanzliche Öle gut gegen Schädlinge sind«, sagt Jaffe.
Er und Yaish entwickelten eine Rezeptur, die auf verschiedenen Pflanzenölen und Wasser basiert und auf die Pflanzen gesprüht wird. Die abwaschbare Emulsion ist in Israel bereits erhältlich, momentan jedoch beschränkt sich die Erfahrung noch auf wenige Pflanzen wie Gurken, Paprika und Auberginen. Weitere Öle sollen getestet werden, denn »jede Pflanze hat ihr eigenes Verteidigungssystem, dem müssen wir uns anpassen«. Auch an Export – zum Beispiel in das umweltbewusste Deutschland – wird gedacht.
Im Mittelpunkt der Forschung steht jedoch nach wie vor die Urbarmachung der Wüste. Daran ist nicht nur Israel interessiert, sondern auch Länder wie China, Kenia, Australien und Indien. »Pro Jahr kommen rund 50 Delegationen zu Besuch«, sagt Naama Rosenberg, Pressesprecherin von ARO. Sie alle haben die gleichen Probleme: eine wachsende Bevölkerung bei gleichzeitig zunehmendem Wassermangel und trockenen Böden.
Ein neues Forschungszentrum am Volcani-Institut, dessen Bau im Herbst beschlossen wurde, soll sich diesen Problemen noch intensiver widmen. Wie kann man Brauchwasser besser nutzen, wie kann man verhindern, dass ein Boden versalzt? Fragen, die immer bedeutsamer werden. »Wir arbeiten mit anderen Ländern wie China zusammen. Dort etwa soll die Innere Mongolei, ein riesiges Gebiet, nach und nach nutzbar gemacht werden«, sagt Alon Ben-Gal vom Institut. So würden dort inzwischen erfolgreich Tomaten, Mais und Sonnenblumen gezüchtet. In den Augen der israelischen Wissenschaftler ist das jedoch erst der Anfang.