Wahlen in Israel

Parteichefs stimmen ab

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu wählte gemeinsam mit seiner Frau Sara. Foto: Flash90

Die erste Zahl ist veröffentlicht: Die Beteiligung der Wahlen zur 24. Knesset lag um zwölf Uhr mittags mit 25,4 Prozent niedriger als im Jahr zuvor. Im März 2020 hatte sie zu diesem Zeitpunkt 27,6 Prozent betragen. Alle Vorsitzenden der Parteien sowie Präsident Reuven Rivlin und der amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu haben an diesem Dienstag bereits ihre Stimmen abgegeben.

BETEILIGUNG Besonders in arabischen Gemeinden würden weniger Menschen abstimmen, berichten israelische Medien. Wenn es so bleibe, würde die Beteiligung dort bei lediglich 55 bis 56 Prozent liegen. Vor einem Jahr waren es 65 Prozent. Im gesamten Land waren 71,5 Prozent der Israelis im März 2020 an die Urnen gegangen.

Währenddessen werden einige vereinzelte Unregelmäßigkeiten gemeldet. Mehrere Israelis berichteten in israelischen Medien, dass sie an den Wahlstationen lange warten mussten. Seit Montag herrscht im ganzen Land eine Hitzewelle mit Sandstürmen und Temperaturen von mehr als 30 Grad. Einige Wahlhelfer in den Stationen seien »überfordert«, berichteten Wähler, es herrsche Chaos. Auch mangele es oft an der sozialen Distanz, und die Möglichkeit zur Desinfektion der Hände fehle.  

ÜBERWACHUNG Das zentrale Wahlkomitee CEC meldete, dass die rechtsgerichtete Bewegung »Im Tirzu« Falschinformationen über die Applikation verbreitet hätte, die Wahlbeobachter benutzen. »Im Tirzu« wolle Glauben machen, dass die App nicht funktioniere und es dadurch keine Überwachung gebe.

Das Komitee machte aber klar, dass die Applikation seit den Morgenstunden fehlerfrei arbeite. »Wir sehen einen zielstrebigen Versuch bei diesen Wahlen, das öffentliche Vertrauen in den Prozess und das CEC zu untergraben. Er ist geplant und hat politische Hintergründe.«

»Wir sehen einen zielstrebigen Versuch bei diesen Wahlen, das öffentliche Vertrauen in den Prozess und das CEC zu untergraben.«

Vorsitzende zentrales Wahlkomitee Orly Adas

Premierminister Benjamin Netanjahu musste nicht anstehen. Er gab seine Stimme gemeinsam mit seiner Ehefrau Sara in Jerusalem ab. Dabei rief er die Menschen auf, wählen zu gehen, und fügte in Anlehnung an den Slogan seiner Partei hinzu: »Und wir werden alle wieder lächeln«. Es habe ein Jahr der Entbehrungen gegeben. »Doch jetzt lassen wir dieses Coronavirus hinter uns.« Er nannte die parlamentarischen Wahlen ein »demokratisches Festival«.

WAHRHEIT Der Chef der Mittepartei Jesch Atid, Yair Lapid, wählte in Tel Aviv. Dabei warnte er, dass es lediglich zwei Ergebnisse bei dieser Abstimmung gebe: »Dies ist der Moment der Wahrheit. Am Ende ist es entweder eine starke Jesch Atid oder eine Regierung der Bosheit und des Rassismus, die nicht der breiten Öffentlichkeit Israels dient.«

Auch der Verteidigungsminister und Blau-Weiß-Vorsitzende Benny Gantz rief die Israelis zum Wählen auf. »Sonst wird es ein ganz anderes Regime hier geben«. Diese Wahlen hätten nicht sein müssen, so Gantz. »Und gerade deshalb müssen alle ihre Stimmen abgeben – für einen Wandel.«

Den wünscht sich auch Gideon Saar. Der rechtsgerichtete Herausforderer Netanjahus, der bis vor wenigen Monaten noch selbst zum Likud gehört hatte, meint: »Nur eine starke ›Neue Hoffnung‹ kann eine Änderung bringen und Israel zu einer besseren Zukunft führen«.

ALLIANZ Für die arabischen Parteien kommt es vor allem auf die Wahlbeteiligung an. Die Vereinte Liste, eine Allianz aus vier Parteien, hatte sich aufgelöst, nachdem Raam unter der Leitung von Mansour Abbas erklärt hatte, er schließe es nicht aus, sich mit Netanjahu zusammenzutun. »Wenn er etwas für uns tut, könnten wir auch etwas für ihn tun.«

Der Ministerpräsident hatte sich in diesem Wahlkampf besonders um die Wählerstimmen der Minderheit bemüht und mehrfach Hilfe für die Bekämpfung der Gewalt in der arabischen Gesellschaft versprochen. Politische Experten gehen davon aus, dass diese Stimmen dem Likud ein ganzes Mandat in der 24. Knesset bescheren könnten.

Tel Aviv

»Sie würde aussehen wie ein Sumo-Ringer«

Benjamin Netanjahu bestreitet im Korruptionsprozess gegen ihn, dass seine Frau 160 Kisten Champagner bekommen hat

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Israel

Israels Geheimdienstchef Bar räumt seinen Posten 

Israels Führung will den Inlandsgeheimdienstchef des Landes schon länger loswerden. Nun plant Ronen Bar, sein Amt bald niederzulegen. Grund ist aber nicht der Wunsch der Regierung

 28.04.2025

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Jerusalem

Bringt Bennett die Wende bei Wahlen?

Nach einer aktuellen Umfrage bekäme Premier Netanjahu keinen rechts-religiösen Block mehr zustande - würde jetzt gewählt

von Sabine Brandes  28.04.2025

Jerusalem/Den Haag

Israel verweigert Anhörung vor höchstem UN-Gericht

Es geht um die angeblichen Verpflichtungen des jüdischen Staates in den Palästinensergebieten. Außenminister Sa’ar begründet die Position der Regierung

 28.04.2025

Kyoto

Israelischer Tourist muss »Kriegsverbrechen-Deklaration« unterschreiben

In einem Hotel muss ein israelischer Gast schriftlich versichern, nicht an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen zu sein

 28.04.2025