Das Oberste Gericht in Israel will sich erst im Herbst mit dem jüngst verabschiedeten Gesetz zur Schwächung der Justiz befassen. Eine Anhörung sei nach einer Gerichtspause im September angesetzt worden, berichteten am Mittwoch mehrere israelische Medien. Demnach verzichtete das Gericht darauf, das Gesetz zur Aufhebung des sogenannten Angemessenheitsstandards direkt einzufrieren. Eine Petition hatte dies zuvor gefordert.
Am Mittwochmorgen war das am Montag verabschiedete Gesetz in Kraft getreten. Es ist Teil eines größeren Gesetzesvorhabens der rechtsreligiösen Regierung und sieht vor, dass Richter Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister nicht mehr als »unangemessen« einstufen können. Experten rechnen damit, dass so etwa die willkürliche Besetzung entscheidender Positionen gefördert wird. Dies betrifft auch Posten wie etwa der Generalstaatsanwältin oder des Polizeichefs. Kritiker sehen die Gewaltenteilung und damit Israels Demokratie massiv in Gefahr.
Das Oberste Gericht erreichten in den vergangenen Tagen mehrere Petitionen gegen das Gesetz - unter anderem von der Rechtsanwaltskammer, die mehr als 70 000 Anwälte vertritt. Die Antragsteller argumentierten etwa, dass die Existenz Israels als demokratischer Staat erheblich durch das Gesetz beeinträchtigt wird. Zudem wurde angeprangert, dass der Gesetzgebungsprozess fehlerhaft gewesen sein soll.
Offen ist, wie das Oberste Gericht auf die Petitionen reagieren wird. Bisher wurde in Israel noch nie ein Grundgesetz aufgehoben, sondern lediglich reguläre Gesetze, die gegen das Grundgesetz verstoßen. Israel hat keine Verfassung und fußt stattdessen auf einer Sammlung von Grundgesetzen. Sollte sich das Gericht gegen das Gesetz der Regierung stellen, könnte dies zu einer Art Verfassungskrise führen. dpa