Es endete in wütendem Geschrei und Beschimpfungen. Die Besetzung der Position des Justizministers in der Kabinettssitzung unter der Leitung von Premier Benjamin Netanjahu am Dienstagabend führte zu einer Warnung des Generalstaatsanwaltes und einem Rüffel des Obersten Gerichtshofes. Erst danach gab der Regierungschef nach.
KANDIDAT Netanjahu hatte zunächst seinen Verbündeten Ofir Akunis (Likud) einsetzen wollen, obwohl die Position entsprechend des Rotationsabkommens der derzeitigen Regierung an einen Kandidaten aus den Reihen der Zentrumspartei Blau-Weiß gehen muss. Nach dem Vorschlag Netanjahus, Akunis and die Spitze des Ressorts zu setzen, schritt Generalstaatsanwalt Avichai Mendelblit ein und rief, dies sei »illegal«.
Während der Sitzung machte Mendelblit klar, dass die Übergangsregierung damit ein Grundgesetz breche. Dieses hatte Netanjahu erst im Jahr zuvor gemeinsam mit Koalitionspartner Benny Ganz von der Partei Blau-Weiß geändert, um eine Rotationsvereinbarungder beiden Politiker im Amt des Regierungschefs durchsetzen. Dennoch drückte der Ministerpräsident die Benennung durch – unter dem heftigen und lautstarken Widerspruch von Blau-Weiß. Netanjahu jedoch beharrte darauf, der Schritt sei »legal«.
»Das Kabinett hätte auf den Einwand des Generalstaatsanwaltes hören müssen. Doch das hat es nicht getan.«
Präsidentin Gerichtshof, Esther Hayut
Nur zwei Stunden später schritt der Oberste Gerichtshof ein. Unter der Leitung von Präsidentin Esther Hayut urteilten die Richter, dass Akunis vorerst nicht als Justizminister fungieren könne, bis das Gericht anders entscheidet, und bremsten Netanjahus Vorhaben damit zumindest vorübergehend aus.
ERKLÄRUNG Hayut erklärte am Dienstagabend, dass das Kabinett auf den Einwand des Generalstaatsanwaltes und höchsten juristischen Berater der Regierung hätte hören müssen. »Doch das hat es nicht getan.« Erst danach gab Netanjahu nach. Am Mittwochmittag veröffentlichte sein Büro folgende Erklärung: »Nachdem seine Kompromissangebote wieder einmal abgelehnt wurden, um die Lähmung zu beenden, hat der Premierminister entschieden, Benny Gantz zum Justizminister der Übergangsregierung zu ernennen.«
Der Posten an der Spitze des Justizministeriums ist seit April vakant. Verteidigungsminister Gantz, Vorsitzender von Blau-Weiß, hatte schon lange gefordert, dass er das Amt übernimmt. Doch Netanjahu hatte anderes im Sinn. Kritiker befürchten, dass der Regierungschef einen ihm freundlich gesinnten Justizminister einsetzen will, um seine persönliche Agenda voranzubringen. Derzeit wird Netanjahu wegen Korruption in drei Fällen in Jerusalem der Prozess gemacht.
PATT Die Israelis hatten am 23. März zum vierten Mal innerhalb von zwei Jahren ihre Stimme für ein neues Parlament abgeben müssen. Doch wieder einmal war das Ergebnis eine Patt-Situation.
Derzeit versuchen sowohl der rechts-religiöse Block sowie der sogenannte Anti-Netanjahu-Block, eine regierungsfähige Koalition auf die Beine zu stellen. Weder der eine noch der anderen hat bislang damit Erfolg. Und so geht der politische Stillstand, der seit mehr als zwei Jahren andauert, weiter.