Er wollte eine Armeepflicht für alle, die Geiseln aus Gaza befreit sehen und eine Untersuchungskommission zu den Versäumnissen des 7. Oktobers. Damit hat Verteidigungsminister Yoav Gallant nicht nur eine politische Todsünde begangen, sondern gleich drei. Denn alle drei gefährden das Überleben der Regierung.
Deshalb musste Gallant gehen. Und zwar endgültig.
Dass Premierminister Benjamin Netanjahu von einem »Vertrauensbruch« als Grund für das Feuern seines Verteidigungsministers in Kriegszeiten spricht, ist ganz und gar glaubwürdig. Um Vertrauen zu haben, verlangt Netanjahu absolute Loyalität. Die jedoch verweigerte ihm Gallant. Weil er das, was diese Koalition anrichtet, nicht mittragen wollte.
Dabei ist der Rauswurf des Verteidigungsministers – in einer Zeit, in der Israel an sieben Fronten kämpft – nicht weniger als Wahnsinn. Während Tausende von Wehrpflichtigen und Reservisten seit mehr als einem Jahr dienen und auf den Schlachtfeldern oft Leben, Gesundheit und ihre heile Seele zurücklassen, verweigern die Ultraorthodoxen jegliche Beteiligung, studieren oder trinken Kaffee, und lassen sich dafür aus Steuergeldern bezahlen.
Der, der das ermöglicht, ist Netanjahu. Der, der das ändern wollte, ist Gallant. Denn er ist Werten verpflichtet, die wichtiger sind als politisches Überleben. Damit jedoch passte er nicht in diese Regierung, in der es für die meisten nur um das eigene Wohlbefinden geht. Von den Ultraorthodoxen über die Rechtsextremen bis zu den rückgratlosen Loyalisten auf Netanjahus Linie. Mit Gallant ist auch die letzte Leitplanke der Vernunft weggebrochen.
Es bräuchte für das Land in diesen existenziell bedrohlichen Zeiten einen Premierminister, der echtes Vertrauen erweckt und von einem einzigen Bedürfnis gelenkt wird: Israel zu schützen. Das Feuern des Verteidigungsministers mitten im Krieg zeigt jedoch das Gegenteil: Um an der Macht zu bleiben, riskiert Netanjahu alles – auch die Sicherheit Israels.
Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen.