Es soll ein »Kampf ohne Regeln und ohne Grenzen« werden. Hassan Nasrallah, der Chef der Schiitenmiliz Hisbollah, hat Israel damit gedroht, dass kein Ort im Land mehr sicher wäre, wenn »ein umfassender Krieg zwischen den beiden Nationen« ausbrechen würde. Nasrallah drohte auch Zypern und indirekt anderen Anrainern des Mittelmeeres.
Sollte Israel eine groß angelegte Offensive gegen die libanesische Terrorgruppe starten, müsse es sich »auf Angriffe vom Boden, aus der Luft und vom Meer aus vorbereiten, und die Situation im Mittelmeer wird sich völlig ändern«, schwor Nasrallah. Weiter sagte er, Israel wisse, dass es im Mittelmeer sehr viel erwartet« und deutete damit wahrscheinlich an, dass die Hisbollah auch Israels Erdgas-Bohrinseln im östlichen Mittelmeer attackieren würde. Nasrallah behauptete dann, man wolle »keinen allumfassenden Krieg«, sondern handle nur zur Unterstützung der Hamas.
Seit 7. Oktober regelmäßig Raketen gen Israel
Er verspottete Israel auch für seinen Anspruch, die »stärkste Armee in der Region« zu sein und merkte an, dass es der IDF trotz einer mehrwöchigen Bodenoperation noch nicht gelungen sei, die Terrorgruppe Hamas in Rafah im Süden des Gazastreifens zu zerschlagen.
Die Terrororganisation, die vom Südlibanon aus agiert, griff Israel am 7. Oktober mit Raketen an und beschießt seinen Nachbarn seitdem ohne Unterlass, was zu israelischen Gegenmaßnahmen und einem eskalierenden Konflikt geführt hat. Jerusalem warnt immer wieder, dass dies einen offenen Krieg auslösen könnte. Seit einem israelischen Luftangriff in der vergangenen Woche, bei dem der bislang höchste Hisbollah-Kommandeur, Taleb Sami Abdullah, sowie drei weitere Mitglieder der Gruppe getötet wurden, ist der Beschuss seitens der Hisbollah noch intensiviert worden.
»Solche Aussagen sind nicht angenehm, aber sie spiegeln nicht die Realität wider.«
Präsident zypern Nikos Christodoulides
Bei der Rede drohte der Terror-Anführer auch dem Mittelmeerstaat Zypern, ein EU-Mitglied. Nasrallah warf Israel vor, in Zypern »Manöver zur Vorbereitung des Libanonkriegs« durchzuführen und der zyprischen Regierung, ihre »Flughäfen für den Feind zu öffnen, um den Libanon anzugreifen«.
Peter Stano, ein Sprecher der Europäischen Kommission, sicherte Zypern die Unterstützung der EU vor, sollte es zu einem Angriff kommen. »Zypern ist ein Mitgliedsstaat der EU, das bedeutet, dass die EU Zypern ist und Zypern ist die EU. Jede Drohung gegen eines unserer Mitgliedsstaaten ist eine Drohung gegen die EU«, sagte er am Donnerstag. Artikel 42 des Vertrags über die Europäische Union verpflichtet die Mitgliedstaaten, ein angegriffenes EU-Mitglied zu unterstützen.
Als Reaktion auf Nasrallah betonte Zyperns Präsident Nikos Christodoulides am Mittwoch: »Solche Aussagen sind nicht angenehm, aber sie spiegeln nicht die Realität wider. Zypern beteiligt sich an keinen militärischen Auseinandersetzungen.« Sein Land sei nicht in militärische Konflikte verwickelt und positioniere sich stattdessen als Teil der Lösung und nicht des Problems«, berichtete die Nachrichtenagentur Cyprus Mail.
»Unser humanitärer Korridor ist ein Beweis für unser Engagement für Frieden und Stabilität«, so Christodoulides weiter. Außerdem hob er hervor, dass es offene diplomatische Kanäle mit der libanesischen und der iranischen Regierung gebe, über die man sich jetzt austauschen werde. Allerdings meinte der Präsident auch, Nasrallahs Bemerkungen seien »beunruhigend«.
Der Inselstaat bietet dem israelischen Militär bekanntlich kein Land oder Stützpunkte an, hat jedoch in der Vergangenheit erlaubt, seinen Luftraum für gelegentliche Übungen zu nutzen, allerdings nicht während eines Konflikts. In den vergangenen Jahren verstärkte Zypern die Verteidigungskooperation mit Israel und nahm zuletzt im Mai 2023 an gemeinsamen Militärübungen teil.
Video von Hisbollahs Drohnen veröffentlicht
Anfang dieser Woche hatte die Hisbollah ein Video veröffentlicht, das angeblich von ihren Drohnen aufgenommen worden war und militärische Anlagen im Hafen von Haifa zeigt. Als Reaktion erklärte die IDF, dass »Operationspläne für eine Offensive im Libanon genehmigt und bestätigt wurden«. Auch der israelische Außenminister Israel Katz (Likud) warnte, man sei »sehr nahe am Moment der Entscheidung zur Änderung der Regeln gegen die Hisbollah und den Libanon«.
Amos Hochstein, der hochrangige Gesandte der Regierung von US-Präsident Joe Biden, der als Vermittler fungiert, traf Anfang dieser Woche mit Politikern in Israel und dem Libanon zusammen, um eine diplomatische Lösung zu finden. Doch bislang haben sich alle Bemühungen, unter anderem der USA und Frankreichs, den Konflikt zu entschärfen, als vergeblich erwiesen.