Die Wenigen, die gekommen sind, haben offenbar weder Zeitung gelesen noch im Internet nachgeschaut. Am Gittertor zum Eingang der Bahnstation Schalom in Tel Aviv pinnt ein Zettel: »Ejn Scherut – kein Service«. Das Land ist im Generalstreik. In den meisten öffentlichen Bereichen ging am Mittwochmorgen nichts mehr. Sogar die Flugzeuge auf dem Ben-Gurion-Airport blieben bis zum Mittag am Boden.
Zeitarbeit Stein des Anstoßes sind für die Gewerkschaft Histadrut die Verträge von Zeitarbeitsbeschäftigten. Wie auch in anderen Ländern üblich, liegt ihr Gehalt unter dem der Festangestellten, außerdem haben sie – wenn überhaupt – eine wesentlich geringere soziale Absicherung. Gewerkschaftschef Ofer Eini fordert, dass jene, die mindestens ein oder zwei Jahre im gleichen Job arbeiten, von der Firma übernommen werden, für die sie die Arbeit ausführen. Alle anderen sollen dieselben Bedingungen erhalten wie Festangestellte.
Finanzminister Yuval Steinitz lehnte den Vorschlag mit der Begründung ab, es sei »schlicht zu teuer und nicht durchführbar. Wenn wir heute alle Reinigungs- und Sicherheitskräfte direkt anstellen müssen, werden es morgen die selbstständigen Steuerberater und Anwälte sein, die auf unseren Gehaltslisten stehen.«
Verluste Allerdings zeigte sich der Minister bereit, die Bedingungen der Zeitarbeiter zu verbessern. Nicht genug für Eini, der daraufhin den Generalstreik ausrief. Der Minister nannte die komplette Arbeitsniederlegung »unnötig«, weil er der Wirtschaft Verluste in Milliarden beschere, sollte er andauern. Die Position der Gewerkschaft bezeichnete er als »eingefahren«.
Weder Gerichte noch Banken, Krankenhäuser, Ministerien und die Börse nahmen am Morgen ihre Dienste auf. Stadtverwaltungen waren zugesperrt, der Abfall blieb in den vollen Mülltonnen, die Hospitäler arbeiten lediglich mit Notfallbesetzung. Falschparker gab es an diesem Tag übrigens nicht, denn auch die unbeliebten Strafzettelverteiler blieben zu Hause.