Knesset

Neue Regierung plant umfassende Rechtsreform

Justizminister Yariv Levin Foto: Flash90

Der neue Justizminister Yariv Levin (Likud) hat am Mittwochabend in der Knesset in Jerusalem den Plan für eine sogenannte »Reform der Regierungsführung« vorgestellt, der verschiedene Gesetzesvorschläge umfasst, die die Macht des Obersten Gerichtshofs und der Rechtsberater der Regierung einzuschränken sollen.

»Die konstitutionelle Revolution und die zunehmende Einmischung des Justizsystems in Kabinettsentscheidungen und die Gesetzgebung der Knesset haben das Vertrauen in die Justiz auf einen gefährlichen Tiefpunkt gedrückt«, so Levin. Das habe zu einem »Verlust an Regierungsführung und schwerem Schaden für die Demokratie geführt«, argumentierte er.

MEHRHEIT Levin will auch Gesetze anstreben, die es der Knesset ermöglichen würden, Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs mit einer sehr knappen Mehrheit von 61 Stimmen im Parlament außer Kraft zu setzen, sowie solche, die das Gleichgewicht im Richterernennungsausschuss zugunsten von Politikern ändern würden. Derzeit haben die Richter des Ausschusses faktisch ein Vetorecht bei der Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs.

Zu den ersten Schritten gehört wahrscheinlich die Abschaffung des Standards der Angemessenheit.

Levin legte keinen Zeitrahmen für die Umsetzung des Plans fest.  »Der Gesetzgebungsprozess muss geordnet ablaufen, alle Meinungen müssen gehört werden.« Er beschäftige sich seit 20 Jahren mit diesem Thema.

GERICHTSHOF Zu den ersten Schritten gehört wahrscheinlich die Abschaffung des sogenannten »Standards der Angemessenheit« bei der Besetzung der zwei Ministerämter Innen und Gesundheit mit dem Vorsitzenden der ultraorthodoxen Partei Schas, Arie Deri. Auf den hatte sich der Oberste Gerichtshof berufen, um die Ernennung Deris, der zweimal wegen Steuervergehen vorbestraft ist, zu untersagen.

Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara bestätigte, dass seine Ernennung unangemessen sei. Deri verbüßte vor etwa zwei Jahrzehnten eine Gefängnisstrafe und wurde Anfang des vergangenen Jahres wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Noch vor Amtsantritt hatte die neue Regierung die Gesetzgebung geändert, so dass eine Bewährungsstrafe einen Kandidaten nicht von der Ernennung zum Kabinett ausschließt. Eine Petition an den Gerichtshof verlangt, Deris Ministerposten zu verhindern.

DERI-GESETZ Nach der Pressekonferenz von Levin twitterte der Oppositionsführer Yair Lapid: »Wie eine Bande von Kriminellen legte die Regierung am Tag vor der Anhörung des Obersten Gerichtshofs zum Deri-Gesetz eine geladene Waffe auf den Tisch . Was Levin heute vorgelegt hat, ist keine Gesetzesreform, sondern eher ein Drohbrief. Sie drohen damit, die gesamte Verfassungsstruktur Israels zu zerstören.«

Konservative Rabbiner in den USA veröffentlichten eine Erklärung, in der sie sich als »zutiefst beunruhigt« über die jüngsten Schritte der israelischen Regierung zur Reform des Obersten Gerichtshofs zeigten. Die Rabbinical Assembly in New York schrieb, dass die geplante Justizreformen einer »versuchten Untergrabung der Autorität des israelischen Obersten Gerichtshofs« gleichkomme.

»Die neue Regierung will Macht ohne Grenzen und ohne Aufsicht.«

Präsident israelische Anwaltskammer, Avi Himi

Vor Levins Präsentation sprach Ministerpräsident Benjamin Netanjahu über die Veränderungen, die seine neue Regierung auf verschiedenen Gebieten vornehmen will. In einem offensichtlichen Hinweis auf Levins Plan sagte er: »Wir werden Reformen durchführen, die das richtige Gleichgewicht zwischen den drei Regierungszweigen sicherstellen.«

»Die Katze ist aus dem Sack«, resümierte der Präsident der israelischen Anwaltskammer, Avi Himi. »Die neue Regierung will Macht ohne Grenzen, ohne Aufsicht und ohne Beschränkungen und den Staat Israel von einer jüdischen, demokratischen und liberalen Nation in ein umnachtetes Land verwandeln.«

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Vermisst

Er verteidigte seinen Kibbuz

Tal Chaimi kam als Einziger des Noteinsatzteams nicht zurück

von Sophie Albers Ben Chamo  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Meinung

Geduld mit Trump

US-Präsident Trump ist vielleicht nicht der perfekte Freund Israels und der Juden, aber der beste, den sie haben. Vorschnelle Kritik an seinem Handeln wäre unklug

von Michael Wolffsohn  17.04.2025

Nachrichten

Geisel, Protest, Terroristen

Kurzmeldungen aus Israel

von Sophie Albers Ben Chamo  17.04.2025

Washington D.C.

»New York Times«: Trump lehnte Angriff auf Irans Atomanlagen ab

Israel soll einen Bombenangriff auf iranische Nuklearanlagen geplant haben - mit Unterstützung der USA. Doch mehrere Mitglieder der Trump-Regierung hätten Zweifel gehabt

 17.04.2025

Jerusalem

Netanjahu erörtert Geisel-Frage mit seinen Unterhändlern

Israels Regierungschef weist das Verhandlungsteam an, auf die Freilassung der Hamas-Geiseln hinzuarbeiten

 17.04.2025

Gaza

Hund von Opfern des 7. Oktober in Gaza gefunden

Einem israelischen Soldaten ist in Gaza ein Hund zugelaufen, der auf Hebräisch reagierte. Er nahm ihn mit zurück nach Israel und fand seine Besitzer

von Sophie Albers Ben Chamo  16.04.2025

Krieg

Terroristen in Gaza schockieren mit neuem Geisel-Video

Der Palästinensische Islamische Dschihad hat nach 18 Monaten erstmals ein Lebenszeichen von Rom Braslavski veröffentlicht

 16.04.2025