Das Eis scheint gebrochen. Während des historischen ersten Treffens zwischen dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan herrschte versöhnliche Stimmung. »Unsere Beziehung verbessert sich«, so Netanjahu.
Die Staats- und Regierungschefs trafen sich am Dienstag am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. Doch es ging nicht nur um die Annäherung zwischen den beiden – sondern auch um eine mögliche Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien. Details wurden allerdings nicht bekannt.
SPANNUNGEN Kurz vorher hatte Erdogan öffentlich gemacht, dass er die Initiative der Biden-Regierung zur Aushandlung eines israelisch-saudischen Abkommens unterstütze. Er meint, dies würde die Spannungen in der Region verringern.
Aus Netanjahus Büro hieß es anschließend, man wolle in naher Zukunft gegenseitige Besuche koordinieren. Den ersten hochrangigen Besuch nach 2008 hatte es im März 2022 gegeben, als der israelische Präsident Isaac Herzog zu einer offiziellen Visite nach Ankara reiste. Es folgte Außenminister Eli Cohen diesen Februar.
REISE Erdogan sei daran interessiert, so bald wie möglich eine Reise nach Israel zu arrangieren, angeblich, um in der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem zu beten, berichtete der israelische Fernsehkanal Zwölf. Er gab allerdings keine Quelle dafür an. Bestätigt ist, dass sich Erdogan eine Zusammenarbeit mit den Israelis in den Bereichen Energie, Technologie, Innovation, künstliche Intelligenz und Cybersicherheit wünscht.
Auch aus Netanjahus Büro hieß es: »Die beiden beschlossen, die bilateralen Beziehungen in den Bereichen Handel, Wirtschaft und Energie weiter voranzutreiben«. Netanjahu dankte Erdogan auch »für die produktive Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste ihres Landes, die die böswillige Absicht terroristischer Zellen, israelische Ziele in Istanbul anzugreifen, vereitelt und so Leben gerettet hat.«
Erdogan twitterte sogar Bilder von dem Treffen und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, »dass unsere Konsultationen für unser Land und die Region von Nutzen sein werden«. Von türkischer Seite hieß es im Anschluss zudem, dass man auch die Entwicklungen der israelisch-palästinensischen Beziehungen besprochen habe.
Erdogan twitterte Bilder von dem Treffen und sagte, er hoffe, dass die Konsultationen für die Region von Nutzen sein werden.
Dass Erdogan die Aussöhnung mit Israel sucht, weiß man bereits seit einigen Jahren. In seiner Ansprache vor der Generalversammlung wurde dies noch deutlicher, denn im Gegensatz zu den Vorjahren verurteilte der türkische Präsident Israel nicht mit harschen und teils antisemitischen Aussagen, wie zuvor üblich.
FRIEDEN »Damit Frieden im Nahen Osten einkehrt, muss der palästinensisch-israelische Konflikt endlich gelöst werden«, sagte Erdogan. »Wir werden das palästinensische Volk und seinen Kampf für legitime Rechte nach internationalem Recht weiterhin unterstützen.« Ohne einen palästinensischen Staat auf der Grundlage der Grenzen von 1967 »ist es für Israel schwierig, in diesem Teil der Welt den Frieden und die Sicherheit zu finden, die es sucht«, führte er noch aus.
Bereits im vergangenen Jahr war der damalige Premierminister Yair Lapid am Rande der Generalversammlung mit Erdogan zusammengekommen. Sowohl Netanjahu als auch Herzog riefen Erdogan in diesem Mai an, um ihm zu seinem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen zu gratulieren. Alle sprachen sich für eine weitere Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Regionalmächten aus.
FLOTILLE Bis Erdogan an die Macht kam, war die Türkei lange Zeit Israels stärkster Verbündeter in der Region gewesen. Ein kompletter Zusammenbruch der diplomatischen Beziehungen geschah 2010, als eine türkische Flotille gen Gaza segelte, um die israelische Blockade der Enklave zu brechen. Ein israelisches Armee-Kommandoschiff enterte das türkische Schiff Mavi Marmara, woraufhin die Aktivisten IDF-Soldaten angriffen. In Folge des Gefechtes starben zehn türkische Staatsangehörige.
Es wird erwartet, dass bei dem für den Nachmittag (Ortszeit) angesetzten Treffen zwischen Netanjahu und US-Präsident Joe Biden ebenfalls die Aussöhnung mit den Saudis auf der Tagesordnung steht.