Noch hat er sie nicht zusammen, die Mehrheit in der Knesset. Doch er gibt sich siegessicher. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat mit voraussichtlich 36 Mandaten für seine Likud-Partei die dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres gewonnen. Zwar nicht haushoch, aber doch gewonnen – trotz seines bevorstehenden Prozesses wegen Korruption in drei Fällen.
Im Grunde genommen hat sich bei der Mandatsverteilung im Vergleich zu den beiden vorherigen Wahlen im April und September 2019 nicht allzuviel geändert – und doch könnte sich einiges ändern. Während die Regierung seit mehr als einem Jahr in politischer Lähmung feststeckt und quasi arbeitsunfähig ist, könnte der rechtsreligiöse Block – sollte er die 61 benötigten Sitze in der Knesset zusammenbekommen – jetzt immerhin mit knapper Mehrheit auf längere Zeit regieren.
Enttäuschung Das Mittebündnis Blau-Weiß erhält bis jetzt 32 Sitze, eins weniger als bei der Wahl zuvor. Es scheint, als hätte der Vorsitzende Benny Gantz eine Niederlage bereits akzeptiert. In Tel Aviv sagte er am Dienstag vor Unterstützern, dass er den Schmerz und die Enttäuschung über den Wahlausgang mit ihnen teile. Dem Mitte-Linksblock werden zwischen 54 und 55 Sitzen vorausgesagt. »Dies ist nicht der Weg, der Israel auf den rechten Pfad zurückbringt«, fügte er noch hinzu.
Blau-Weiß-Parteimitglied und Ex-Verteidigungsminister Mosche Yaalon, meinte, dass »der Angeklagte Netanjahu« noch nicht die nötigen Zahlen für eine Regierung habe und man abwarten müsse. »Blau-Weiß wurde gegründet, um die Vernunft und die Werte zurückzubringen, mit denen wir aufgewachsen sind. Deshalb sind wir vereint und entschlossen weiterzugehen, um dieses Ziel zu erreichen. Auch wenn der Weg lang ist.«
Mit 90 Prozent der ausgezählten Stimmen fehlen dem Likud noch zwei Sitze zur Mehrheit in der Knesset.
Mit 90 Prozent der ausgezählten Stimmen fehlen dem Likud noch zwei Sitze zur Mehrheit in der 23. Knesset. Die will er, das geben Vertreter der Partei offen zu, von Überläufern aus der Zentrumsunion Blau-Weiß bekommen. Einige dieser Abgeordneten waren früher Parlamentarier des Likud.
Tonaufnahmen In einem Fall geht es nach dem Bericht der Tageszeitung »Haaretz« sogar um Erpressung: Der ultraorthodoxen Abgeordneten Omer Yankelevich wurde angeblich vom Likud mitgeteilt, dass ihr, sollte sie nicht das Schiff von Benny Gantz‹ Partei verlassen, weitere Peinlichkeiten drohen.
Kurz vor der Wahl waren Tonaufnahmen veröffentlicht worden, auf denen zu hören ist, wie Yankelevich über Gantz‹ angeblich mangelnde Fähigkeiten lästert. Sie bezeichnet ihn darin als »dumm und einen totalen Niemand, der kein Premierminister sein kann«. Angeblich soll es noch weitere Aufnahmen geben. Die Politikerin tweetete daraufhin: »Alles Gerüchte. Es wird nicht passieren.«
Als weiterer Gewinner geht die Vereinte Arabische Liste aus dem Rennen. Derzeit werden ihr 15 Mandate vorausgesagt, zwei mehr als vor einigen Monaten. Sie ist die einzige Oppositionspartei, die Stimmen hinzugewann. Der Zusammenschluss von arabischen Parteien ist damit die drittgrößte Fraktion in der Knesset.
Der Zusammenschluss arabischer Parteien mit voraussichtlich 15 Mandaten ist die drittgrößte Fraktion in der Knesset.
Errungenschaft Vorsitzender Ahmad Tibi sagte, dass die Hochrechnungen zu gemischten Gefühlen bei den Parteimitgliedern geführt haben. »Die steigende arabische Beteiligung ist eine große Errungenschaft. Doch das Wachsen des Rechtsblocks zeigt an, dass harte Zeiten auf uns zukommen.«
Die sefardische ultraorthodoxe Schas-Partei erhält voraussichtlich zehn Mandate, das strengreligiöse Vereinte Tora-Judentum sieben. Ebensoviele kann das Linksbündnis aus Arbeitspartei, Gescher und Meretz für sich verbuchen. Die Rechtspartei von Naftali Bennett, Jamina, kommt wahrscheinlich auf sechs Sitze.
Der seit Monaten als Königmacher gehandelte Avigdor Lieberman holte mit seiner Israel Beiteinu-Partei sieben Sitze. Dass er sich nach wie vor keiner Seite verpflichtet fühlt, betonte er: »Wir gehören zu keinem Block, wir gehören zum liberalen nationalen Rechtsflügel und werden im nationalen Interesse des Staates Israel handeln.« Lieberman will warten, bis die endgültigen Ergebnisse da sind, und dann einen »entscheidenden Sieg für eine Seite herbeiführen«.