Nahost

Israel besteht auf Kontrolle des Philadelphi-Korridors

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Foto: copyright (c) Flash90 2024

Während die US-Regierung eine Vereinbarung zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas für eine Waffenruhe und Geisel-Freilassung in Reichweite sieht, bleibt Israels Ministerpräsident Netanjahu bei Fragen rund um einen Abzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen bei seiner Bedingung, dass die Sicherheit Israels durch einen Deal nicht gefährdet werden darf und weitere Terrorattacken wie am 7. Oktober 2023 verhindert werden müssen.

Nach Angaben der US-Regierung steht ein Deal zu 90 Prozent. »Der Deal hat insgesamt 18 Absätze. 14 dieser Absätze sind fertig«, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter. Neben einer israelischen Truppenpräsenz im Gazastreifen seien allerdings auch die Bedingungen für einen Austausch von israelischen Geiseln und palästinensischen Häftlingen bisher nicht gänzlich geklärt.

Außenministerin Annalena Baerbock brach mit klaren Forderungen an den Verbündeten Israel zu einer zweitägigen Nahost-Reise auf. Erneut verlangte die Grünen-Politikerin, alle Anstrengungen auf einen humanitären Waffenstillstand zu richten, der zur Befreiung der Geiseln führe und das Sterben beende.

»Es gibt weder für Gaza noch die Lage im Westjordanland eine militärische Lösung«, glaubt die Grünen-Politikerin.

Dauerhafte Präsenz

Israels Ministerpräsident Netanjahu machte am Mittwochabend in Jerusalem erneut klar, dass er an einer dauerhaften Präsenz israelischer Truppen am sogenannten Philadelphi-Korridor festhalten werde. Dabei handelt es sich um einen etwa 14 Kilometer langen Streifen an der Grenze des Gazastreifen zu Ägypten, dessen Kontrolle nach Netanjahus Darstellung gewährleisten soll, dass die Hamas keine Waffen in den abgeriegelten Küstenstreifen schmuggeln kann.

»Eine Räumung des Philadelphi-Korridors trägt nichts zur Freilassung der Geiseln bei«, sagte er vor internationalen Medien.

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Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, bei denen neben den USA auch Katar und Ägypten vermitteln, um eine Waffenruhe und eine Freilassung der Geiseln zu erreichen, kommen seit Monaten nicht voran. Denn die Hamas-Terroristen bestehen auf einem Ende des Krieges, den sie am 7. Oktober selbst begannen. Der Grund: Sie stehen militärisch erheblich unter Druck. Daher wollen sie einen kompletten Abzug der IDF aus Gaza.

101 verbleibende Geiseln

Israel lehnt diese Forderung kategorisch ab. Der jüdische Staat will die Hamas zerschlagen – zur Sicherheit seiner Bevölkerung – und ist diesbezüglich gut vorangekommen. Es geht um die Verhinderung weiterer Massaker im Stil des 7. Oktobers, die die Hamas bereits angekündigt hat, und um eine Befreiung der 101 Geiseln, die sich weiterhin in der Gewalt des palästinensischen Terrors befinden. Eine Vernichtung Israels ist das erklärte Ziel der Terrorgruppe und ihrer Geldgeber in Teheran.

Ein US-Regierungsvertreter betonte, im diskutierten Abkommen werde der Philadelphi-Korridor nicht explizit erwähnt. Vorgesehen sei darin aber der Rückzug des israelischen Militärs aus allen dicht besiedelten Gebieten im Gazastreifen, und es sei zu einem Streit darüber gekommen, ob der Philadelphi-Korridor dazu gehöre.

»Aufgrund dieser Meinungsverschiedenheit haben die Israelis in den vergangenen Wochen einen Vorschlag unterbreitet, mit dem sie ihre Präsenz in diesem Korridor erheblich reduzieren würden«, betonte er. Erst in der zweiten Phase des Deals sei ein kompletter Abzug der israelischen Kräfte vorgesehen.

Strategische Bedeutung

Netanjahu stellte dies vor den Medienvertretern anders dar. Man möge ihm »irgendjemanden« bringen, der effektiv gewährleisten könne, dass sich die Hamas über die Gaza-Ägypten-Grenze nicht erneut bewaffne, sagte er. Dann könne man über einen Abzug des israelischen Militärs reden. »Aber ich sehe das nicht kommen, und solange das nicht kommt, bleiben wir dort«, fügte er hinzu.

Kritiker werfen Netanjahu vor, die strategische Bedeutung des Philadelphi-Korridors überzubewerten, um das Zustandekommen einer Waffenruhe zu verhindern. Sie gehen davon aus, dass Netanjahus rechtsextreme Regierungspartner Zugeständnisse an die Hamas ablehnen und seine Koalition zum Platzen bringen könnten. Netanjahu bestreitet, davon beeinflusst zu sein.

»Wir brauchen keine neuen Vorschläge«, teilte indes die Hamas auf ihrer Webseite mit. »Jetzt gilt es, Druck auf Netanjahu und seine Regierung auszuüben und sie zur Einhaltung der Vereinbarungen zu zwingen.«

Netanjahu dürfe die Verhandlungen nicht verzögern, »um die Aggression gegen unser Volk zu verlängern.« Von dieser kann allerdings keine Rede sein. Israel bekämpft die Hamas und andere Terrorgruppen, nicht aber die Bevölkerung. Vielmehr schützen die IDF Bewohner so gut es geht.

Hinterbliebene wollen Deal

Auch Mitglieder des UN-Sicherheitsrates drängten Israel und die Hamas zu einer Einigung über eine Waffenruhe. »Wir wissen, dass der beste Weg, die verbleibenden Geiseln zu retten und das Leid der palästinensischen Zivilisten zu lindern, ein ausgehandelter Waffenstillstand ist«, sagte die amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield.

Die Angehörigen einer in der Vorwoche ermordeten Geisel stimmten derweil der Veröffentlichung eines Videos zu, das die Hamas kurz vor dem Tod der 40-jährigen Carmel Gat zu Propagandazwecken mit ihr angefertigt hatte. Darin fordert sie die Israelis auf, für ein Waffenruheabkommen zu demonstrieren.

»Während wir sie nicht retten konnten, können wir immer noch die anderen Geiseln retten. Wir brauchen dringend einen Deal jetzt, bevor es zu spät ist«, sagte ihr Cousin Gil Dickmann. Gat war zusammen mit fünf anderen Geiseln - vier Männer und einer Frau - von Terroristen der Hamas erschossen worden. Israelische Sicherheitskräfte hatten ihre Leichen wenige Tage danach in einem Tunnel gefunden.

Annalena Baerbock warnte unterdessen vor ihrer Nahost-Reise vor einer weiteren Eskalation der Gewalt im Westjordanland. Israel hatte dort vergangene Woche eine großangelegte Anti-Terror-Operation begonnen. Ein israelischer Armeesprecher begründete das Vorgehen mit einer deutlich gestiegenen Zahl von Anschlägen auf Israelis. dpa/ja

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