Mehr als zwei Wochen lang hat der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu sie mit keinem einzigen Wort erwähnt: seine Verantwortung für die Terror-Angriffe der Hamas. Der 7. Oktober ist die größte Katastrophe in der Geschichte des jüdischen Staates. Stabschef, Verteidigungsminister und Leiter des Geheimdienstes haben allesamt bereits öffentlich ihre Mitschuld am Versagen der Sicherheitsdienste erklärt. Am Mittwochabend wandte sich Netanjahu zur Hauptsendezeit live an das israelische Volk.
Verantwortung übernahm er auch dabei nicht, sagte jedoch, »jeder wird Antworten geben müssen – auch ich – für das Debakel, das in den südlichen Gemeinden geschehen ist«.
Netanjahu will weiter die Nation anführen
»Allerdings«, schränkte er noch im selben Satz ein, »all das wird erst nach dem Krieg passieren«. Denn jetzt befände sich das Land im Kampf um ihre Existenz. Dabei wolle er weiterhin die Nation anführen. »Als Premierminister bin ich dafür verantwortlich, die Zukunft des Landes zu sichern, und derzeit liegt es in meiner Verantwortung, den Staat Israel und das Volk zu einem vernichtenden Sieg über unsere Feinde zu führen, im tiefen Glauben an die Gerechtigkeit unserer Sache.«
»Wir bereiten uns auf einen Bodenangriff vor. Ich werde nicht angeben, wann, wie und mit wie vielen.«
premierminister benjamin netanjahu
Der Ministerpräsident hat seit Kriegsbeginn keine Fragen von Reportern entgegengenommen und auch keine Interviews mit lokalen oder ausländischen Medien geführt. Der Stabschef der israelischen Armee, Generalleutnant Herzi Halevi, und der Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, haben bereits Verantwortung übernommen, ebenso wie Verteidigungsminister Yoav Gallant und Finanzminister Bezalel Smotrich, der zudem Minister im Verteidigungsministerium ist.
Sogar der ehemalige Premierminister Naftali Bennett, der von Juni 2021 bis Juni 2022 im Amt war, erklärte, dass er Verantwortung für die Katastrophe trage.
Netanjahu wandte sich in seiner Ansprache auch an die Überlebenden: »Der große Schmerz über den Verlust von 1.400 Menschen wird nicht vergessen. Ebenso wenig wie unsere Brüder und Schwestern, die kaltblütig abgeschlachtet wurden, und in heroischen Schlachten gegen die Raubtiere fielen.« Er kündigte an, in Erinnerung an die Ermordeten Tage der Trauer einzuführen. »Die zerstörten Kibbuzim und Gemeinden im Süden werden wieder aufgebaut«, hob er zudem hervor, sie würden aus der Asche wieder auferstehen.
Während Netanjahu kaum neue Informationen über den andauernden Krieg zwischen Israel und der Hamas lieferte, äußerte er sich zu einer Bodenoffensive im Gazastreifen: »Wir bereiten uns auf einen Bodenangriff vor. Ich werde nicht angeben, wann, wie und mit wie vielen. Ich werde auch nicht näher auf die verschiedenen Überlegungen eingehen, von denen die Öffentlichkeit größtenteils nichts weiß«, sagte er. »Und so soll es sein. Das ist der Weg, damit wir das Leben unserer Soldaten schützen.«
Hamas eliminieren und Geiseln zurückbekommen
Die Mitglieder des engen Kriegskabinetts und der IDF-Stabschef hätten sich »einstimmig« auf den Zeitpunkt des Bodenangriffs geeinigt. Die beiden Ziele des Krieges bestünden darin, »die Hamas durch die Zerstörung ihrer Militär- und Regierungsfähigkeiten zu eliminieren und alles zu tun, um unsere Geiseln zurückzubekommen«.
Netanyahu bestätigte auch, dass Israel die Hilfe der führenden Politiker der Welt in Anspruch nehme und dass sie jetzt verstanden hätten, »dass die Hamas der Islamische Staat ist und der Islamische Staat die Hamas ist«. Der Krieg gegen die Hamas sei eine Prüfung für die gesamte Menschheit. »Es ist ein Kampf zwischen der Achse des Bösen Iran-Hisbollah-Hamas und den Kräften der Freiheit und des Fortschritts. Licht wird die Dunkelheit besiegen.«
»Alle Hamas-Mitglieder sind wandelnde tote Männer – über und unter der Erde, innerhalb und außerhalb von Gaza«, erklärte er. »Gemeinsam mit Verteidigungsminister Gallant, Minister Benny Gantz, dem Sicherheitskabinett, dem Stabschef und den Leitern der Sicherheitsorganisationen arbeiten wir rund um die Uhr daran, die Kriegsziele zu erreichen, und das ohne Rücksicht auf Politik. Bis zum Sieg.«