Nahost

Nach Hisbollah-Angriff auf Israel: Fokus auf Gaza-Waffenruhe

Von Deir al-Balah aus begaben sich Einwohner Gazas am Montag erneut in sicherere Gebiete des Küstenstreifens, denn ihre frühere Führung gefährdet sie zusätzlich, indem sie sich in zivilen Gebäuden und Einrichtungen verschanzt. Foto: picture alliance / Anadolu

Nach dem jüngsten Angriff der libanesischen Terrororganisation Hisbollah und der israelischen Reaktion rücken die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg wieder in den Vordergrund. Intensive Vermittlungsgespräche in Kairo haben zwar bisher keinen Durchbruch erzielt. Laut US-Regierung setzen aber Arbeitsgruppen in den kommenden Tagen in der ägyptischen Hauptstadt die Gespräche über offene Detailfragen fort. Die Aussichten auf einen schnellen Erfolg gelten aber als gering.

Die vom Iran finanzierte Hisbollah hatte am Sonntagmorgen aus dem Libanon zahlreiche Raketen und Drohnen auf israelische Ziele gelenkt. Israels Armee hatte aber nach eigenen Angaben »die unmittelbare Gefahr« für seine Bürger erkannt und vorab begonnen, mit 100 Kampfflugzeugen Ziele im Südlibanon zu attackieren. Es handelte sich um einen Präventivschlag – eine Strategie, die Israel bereits 1967 anwandte, als sich seine Nachbarn Ägypten, Jordanien und Syrien den jüdischen Staat vernichten wollten und kurz davor standen, anzugreifen.

Die Armee teilte mit, 90 Prozent der von der Hisbollah abgefeuerten Raketen seien von zivilen Gebieten und Einrichtungen aus abgeschossen worden. Es seien rund 230 Geschosse und 20 Drohnen auf israelisches Gebiet gelangt. Auch am Montag kam es zu Angriffen der Hisbollah, auf die Israel entsprechend reagierte. Eine befürchtete, größere Eskalation blieb jedoch bisher aus.

Rückendeckung für Terroristen

Irans Außenminister Abbas Araghchi und sein katarischer Kollege Mohammed bin Abdulrahman Al Thani forderten eine Waffenruhe im Gazastreifen. Die Islamische Republik begrüße die katarischen Vermittlungen, sagte der iranische Chefdiplomat laut Staatsagentur Irna. Den Terroristen der Hamas sicherte er Rückendeckung zu.

Ägypten, Katar sowie die USA vermitteln zwischen Israel und der Hamas. Einer der größten Streitpunkte ist Israels Forderung, die südliche Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten dauerhaft zu kontrollieren, um Waffenschmuggel zu verhindern.

Die Hamas fordert dagegen einen vollständigen Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und damit ein Ende des Krieges, den sie selbst begann. Die Terrorgruppe wurde weitgehend besiegt. Die Kontrolle über Gaza verlor sie. Nun will sie sich neu gruppieren, um für ihr erklärtes Ziel – eine Vernichtung Israels – zu kämpfen. Israel will dies verhindern.

Kein Scheitern

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte, das US-Team vor Ort stufe die Gespräche weiter als konstruktiv ein. Kirby widersprach ausdrücklich der Darstellung, dass die Gespräche gescheitert seien.

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Im Gegenteil: Die Gespräche seien »so weit gediehen, dass der nächste logische Schritt darin bestand, Arbeitsgruppen auf niedrigeren Ebenen einzusetzen«, um Feinheiten auszuarbeiten, betonte Kirby. Dabei gehe es unter anderem um die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der Hamas und die Freilassung palästinensischer Häftlinge durch Israel. Aus ägyptischen Sicherheitskreisen hatte es geheißen, bei den Gesprächen in Kairo habe es eine »schwierige Pattsituation« gegeben.

Nach der jüngsten Tötung von Hamas-Chef Ismail Haniyeh in der iranischen Hauptstadt Teheran hatte die Staatsführung Israel mit Vergeltung gedroht. Seitdem haben sich die Sorgen vor einer Ausweitung des Konflikts auf weitere Länder in Nahost verstärkt. Irans Generalstabschef Mohammed Bagheri sagte, sein Land werde selbst entscheiden, wann es Rache nehme. »Dieses Ereignis darf nicht in Vergessenheit geraten, und die Rache (…) ist gewiss«, sagte er.

Neue Evakuierungsaufforderung

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kam unterdessen zu einem zweitägigen Besuch in Saudi-Arabien an. Er wollte dort mit dem Kronprinzen und faktischen Herrscher, Mohammed bin Salman, zusammentreffen. Inhalt der Gespräche sollten ebenfalls die Bemühungen um eine Gaza-Waffenruhe sein.

Der Krieg gegen den Terror, zu dessen Zielen auch eine Befreiung der 109 Geiseln gehört, die sich weiterhin in der Gewalt der Hamas-Terroristen befinden, dauert derweil an. Nach einer neuen Evakuierungsaufforderung der israelischen Armee haben zahlreiche Menschen ihre Unterkünfte in dem Ort Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens verlassen.

Die Aufforderung betraf nach Berichten aus Gaza auch das Al-Aksa-Krankenhaus, eine der wenigen noch funktionierenden Gesundheitseinrichtungen in dem Küstenstreifen. Die Hamas missbraucht die zivile Infrastruktur, indem sie Schulen, Krankenhäuser und Wohngebiete als Terrorbasis nutzt und ihre eigene Bevölkerung so zusätzlich gefährdet. Nach Angaben der lokalen Verwaltung haben in den vergangenen Tagen rund 250.000 Menschen ihre Bleibe in Deir al-Balah wieder verlassen.

Waffen gefunden

In einer der Aufforderungen der Armee hieß es, das Militär werde in Deir al-Balah »stark gegen die Hamas und andere Terrororganisationen in dem Gebiet vorgehen«. Zivilisten sollten zu ihrer eigenen Sicherheit in Richtung Westen bewegen. Das betroffene Gebiet in Deir al-Balah sei eine »gefährliche Kampfzone«.

Das Militär teilte mit, israelische Truppen hätten in Chan Junis im Süden des Gazastreifens sowie in den Außenbezirken von Deir al-Balah »Dutzende Terroristen ausgeschaltet und große Mengen an Waffen gefunden«.

Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA teilte mit, angesichts der fortwährenden Militäreinsätze in Deir al-Balah funktionierten dort nur noch drei von 18 Brunnen. Dadurch herrsche Wassermangel. Auch in diesem Zusammenhang gefährdet der palästinensische Terror die Menschen in Gaza. Dutzende Mitarbeiter der UNRWA haben israelischen Angaben zufolge als Terroristen an den Massakern des 7. Oktobers teilgenommen. Belege wurden der UNO übermittelt. Viele Bedienstete des Flüchtlingshilfswerkes für die Palästinenser feierten zudem den Terrorangriff im Internet. dpa/ja

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