Es war ein klares Signal: Während Israels Armee in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch mit dem Truppenabzug aus Dschenin im Westjordanland begonnen hatte, wurden aus dem von der Terrororganisation Hamas kontrollierten Gaza mehrere Raketen auf Israel abgefeuert.
Diese konnten nach Angaben der israelischen Streitkräfte abgefangen werden. Um weitere Attacken zu unterbinden und um seine Bürger zu schützen, reagierte die israelische Armee mit Luftangriffen.
Zuvor hatte es am Dienstagmittag einen neuen palästinensischen Terroranschlag in Tel Aviv gegeben, bei dem mehrere Israelis verletzt wurden - einige von ihnen schwer.
Israels Armee war am Montag nach vorbereitenden Luftangriffen mit rund tausend Soldatinnen und Soldaten in der Stadt Dschenin eingerückt, die als »zweites Gaza»und Hochburg des Terrors gilt. Die Militäroperation - eine der größten im Westjordanland seit zwei Jahrzehnten - hatte zum Ziel, die dortige terroristische Infrastruktur zu zerschlagen.
Mindestens zwölf Palästinenser wurden getötet und mehr als 100 verletzt. Nach Angaben des Militärs soll es sich bei den Toten um bewaffnete Terroristen gehandelt haben. Außerdem seien Kommandozentralen, Waffenlager und Waffenproduktionsstätten zerstört sowie 30 Verdächtige festgenommen worden.
Nach Angaben des Militärs wurde ein israelischer Soldat im Kampf getötet.
Am späten Dienstagabend begann die Armee dann mit dem Abzug aus dem dicht besiedelten Gebiet, wo rund 50.000 Menschen leben - ein Drittel davon in einem Flüchtlingslager. Als bereits erste Soldaten die Stadt verließen, kam es palästinensischen Berichten zufolge zu heftigen Feuergefechten sowie zu mehreren Explosionen. Nach Angaben des Militärs wurde ein israelischer Soldat im Kampf getötet.
Wenige Stunden später heulten die Sirenen in Israel: Raketenalarm. Aus dem Gazastreifen seien fünf Geschosse auf das israelische Grenzgebiet abgefeuert worden, teilte das Militär in der Nacht mit. Die Flugabwehr konnte alle Raketen abfangen. In der Region waren mehrere Explosionen zu hören, ausgelöst durch das Raketenabwehrsystem Iron Dome. Zu den Angriffen bekannte sich zunächst niemand.
»Es ist kein einmaliger Vorgang. Wir werden so lange wie nötig weitermachen.«
Israels Premier Netanjahu
Kurz darauf flogen israelische Kampfjets Luftangriffe auf den Gazastreifen, bei denen nach Armeeangaben eine unterirdische Waffenproduktionsstätte sowie eine Raketenfertigungsanlage der Hamas getroffen wurden. Die Terrorgruppe herrscht seit ihrer gewaltsamen Machtübernahme 2007 im Gazastreifen und spricht dem Staat Israel das Existenzrecht ab.
Finanziert durch Iran So wie der Gazastreifen gelten auch die Region um Dschenin und das dortige Flüchtlingslager mit rund 17.000 Einwohnern seit Jahren als Keimzelle für den palästinensischen Terror. Neben der Hamas haben dort auch der Islamische Dschihad sowie weitere arabische Terrorgruppierungen an Einfluss gewonnen. Finanziert werden sie größtenteils vom Iran.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Dienstagnachmittag zwar ein baldiges Ende des Einsatzes in Dschenin angedeutet. Zugleich machte er aber deutlich, die Aktion sei »kein einmaliger Vorgang, wir werden so lange wie nötig weitermachen«. Verteidigungsminister Joav Galant sagte, Dschenin sei in den vergangenen zwei Jahren zu einer Brutstätte für Terrorismus geworden - das sei nun vorbei. In den vergangenen Jahren hatten mehrere Bewohner der Stadt Anschläge auf Israelis verübt.
Erst am Dienstag hatte ein palästinensischer Terrorist bei einem Anschlag in Tel Aviv mehrere Israelis verletzt. Er war an einer Bushaltestelle mit einem Pickup-Truck in eine Fußgängergruppe gerast und hatte anschließend auf mehrere Menschen eingestochen.
Israelischen Medienberichten zufolge verlor eine der Verletzten ihr ungeborenes Kind. Die Hamas sprach nach der Attacke von einer »ersten Reaktion« auf die Geschehnisse in Dschenin. Demnach war der Angreifer ein Mitglied der Terrorgruppe.
Auswärtiges Amt Derweil reagierte die Bundesregierung auf die jüngsten Entwicklungen in und um Israel. In einer vom Auswärtigen Amt in Berlin verbreiteten Erklärung hieß es, man verfolge »die Lage in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten mit großer Sorge. Den heutigen Terroranschlag in Tel Aviv verurteilen wir auf das Schärfste. Israel hat wie jeder Staat das Recht, sich gegen Terror zu verteidigen.«
Allerdings wurde auch Israel zur Mäßigung aufgerufen. Bei der Militäroperation im Flüchtlingslager Dschenin »muss das völkerrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Der Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten muss immer oberstes Gebot sein.« Ein Zusammenhang zwischen Verhältnismäßigkeit und dem seit Jahrzehnten andauernden palästinensischen Terror wurde in der Erklärung des Außenamtes nicht hergestellt. ja/dpa