Zum ersten Mal fährt in Tiberias auch am Schabbat der Bus. Der Bürgermeister der Stadt, Ron Kobi, hat beschlossen, dass seine Bürger auch am Ruhetag mobil sein sollen. Gemeinsam mit der Organisation Noa Tnua (mobile Bewegung) verkehrt ein Omnibus von mehreren Vierteln der Stadt bis zur Promenade am Kinneret, dem See Genezareth, wo die Stadtverwaltung am Wochenende Veranstaltungen anbietet.
HOCHBURG Tiberias war in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer ultraorthodoxen Hochburg geworden, wo am Schabbat nahezu alles geschlossen war. Bis Kobi kam. Im November wurde er auf den Chefsessel der Stadt gewählt und hat seitdem verstärkt Aktionen gestartet, die Tiberias zu einer familienfreundlicheren und für Touristen attraktiven Stadt machen sollen. Doch die Busse gefallen nicht allen. Viele der streng religiösen Einwohner, rund 22 Prozent, zeigen sich verärgert. Auch das Rabbinat der Stadt erhob Einspruch. Es sieht die Aktion als Bruch des Status quo.
Andere loben Kobis Initiative. Der Knessetabgeordnete Oded Forer (Israel Beiteinu) meint: »Heute hat Tiberias bekommen, was ihm vor Jahren genommen wurde – das Recht, zu wählen.« Er dankte Kobi für dessen Anstrengungen, Einwohnern ohne Privatauto Mobilität zu ermöglichen. Der Bus verkehrt samstags von morgens bis nachmittags und ist kostenfrei. Er fährt nur auf den Hauptstraßen und nicht in den vorwiegend religiösen Gegenden.
NAHVERKEHR Der Bürgermeister, bekannt für seine direkten Worte, war einer der Fahrgäste im ersten Schabbatbus. »Wir wollen gleiche Rechte und haben die Nase voll von der religiösen Nötigung«, sagte er. Wenn der Beginn erfolgreich ist, wolle er noch mehr Linien einrichten. Der ultraorthodoxe Innenminister Arie Deri, verantwortlich für öffentlichen Nahverkehr im Land, »soll nach Hause gehen«, fügte er noch hinzu. Allerdings sieht er die Einrichtung »nicht als religiösen, sondern als sozialen Kampf, um sozial schwächeren Bewohnern, die sich kein Auto leisten können, Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung zu bieten«.
Das Pilotprojekt wie in Tiberias gibt es auch in einigen anderen Städten. Derzeit betreibt Noa Tnua Schabbatbusse in Beer Sheva, Givatayim, Tel Aviv und Ramat Gan. Nach Angaben der Organisation werden sie jede Woche von rund 9000 Menschen genutzt.