Joni Schechter steht vor der Bäckerei Roladin auf der Dizengoff-Straße in Tel Aviv und drückt seine Nase am Schaufenster platt. »Ich kann mich nicht entscheiden«, raunt er und schaut angestrengt. Obwohl es noch einige Tage bis Chanukka sind, präsentieren die Bäckereien des Landes schon jetzt in ihren Auslagen die traditionellen Sufganiot. Mehr als 25 Millionen der Krapfen werden jährlich in Israel verkauft.
»Ich nehme sie an Chanukka mit ins Büro, zur Familie, zu Freunden beim Fußball. Einfach, um eine Freude zu machen«, sagt Schechter. »Sufganiot gehören zu Chanukka wie Mazzen zu Pessach. Aber langweilig sollte es nicht sein, schließlich wird acht Tage gefeiert. Da möchte ich Abwechslung.« Und die bekommt er. Israelische Bäckermeister warten mit immer neuen Kreationen auf. »Marmelade rein, Puderzucker drauf und fertig« war einmal und reicht vielen Israelis schon lange nicht mehr. Sie wollen Vielfalt, wenn es um das feierliche Fettgebäck geht. Wir stellen die acht neuesten Trends vor.
AUSSCHWEIFEND Yellow Sunrise, Isfahan oder Royal Lindt – dies und ähnlich Verführerisches bestellt man bei Roladin. Die Bäckereikette kredenzt seit 27 Jahren Sufganiot und kommt jedes Jahr mit neuen Designs und Geschmäckern auf den Markt. Wer an Chanukka nicht nur kalorienmäßig über die Stränge schlagen will, kehrt hier ein. »Violet Cheese Cake ist dieses Jahr der Renner«, verrät der Verkäufer hinter der Theke und zeigt auf die Krapfen mit dem lilafarbenen Guss und den knackigen Verzierungen. »Die Farbe macht’s einfach.« Extravaganz hat natürlich ihren Preis. Für jede Sufgania müssen zwölf Schekel (fast drei Euro) hingeblättert werden.
VEGAN Rein pflanzlich sind mittlerweile viele Sufganiot. Doch die Kette »Hamaafia« hat sich ganz auf den Trend in Tel Aviv eingestellt. Bei ihr sind alle Krapfen vegan – Füllungen inklusive. Dennoch muss es nicht fad schmecken. Bei Kreationen wie Biscottino oder Haselnusspraliné greifen auch die Gesundheitsbewussten zu.
KINDISCH In den meisten Schulen oder Kindergärten werden zu Chanukka die gewöhnlichen Sufganiot gereicht: mit Marmelade oder Schokolade gefüllt. Doch die Biscotti-Bäckerei in Petach Tikwa und Bnei Brak will Kinderherzen noch höher schlagen lassen und hat den beliebtesten Snack der israelischen Jungs und Mädchen verarbeitet: Bamba. Die Erdnussflips sitzen nicht nur auf dem Krapfen, sondern stecken als Erdnusscreme auch mittendrin. Roladin macht mit beim kindischen Naschen und bietet die Schoko-Party mit knallbunten Mini-Smarties obendrauf an.
ORIENTALISCH Nicht alle Israelis gehen in die Bäckereien zum Sufganiot-Shopping. Sie backen ihre Teilchen zu Hause selbst. Eine Variante ist die marokkanische mit Namen Sfinj (gesprochen Sfintsch). Viele sefardische Juden haben das Rezept aus ihrer alten Heimat mitgebracht und bereiten sie zum Fest noch heute zu. Die Sfinj ist ebenso süß wie ihre Verwandte, hat jedoch ein Loch in der Mitte und ist meist etwas knuspriger.
TRADITIONELL Mit Marmelade (meist Erdbeer) mittendrin gehören sie auf jeden Tisch in Israel während der Feiertage. Sie sind überall zu haben, in den größten Ketten und den kleinsten Backstuben. Auch auf den Märkten, vom Jerusalemer Machane Yehuda bis zum Carmelmarkt in Tel Aviv, liegen sie zu Tausenden auf den überdimensionalen Backblechen. Der Preis variiert zwischen drei und sechs Schekel (70 Cent bis 1,40 Euro). Passend zur traditionellen Füllung hat in Israel gerade die Erdbeer-Saison begonnen.
BESCHWIPST Auch diesen Trend hat Roladin aufgebracht. Diese Sufganiot versetzen einen nicht nur in Zuckerschock. In jedem Gebäck steckt oben eine kleine Plastikampulle mit Alkohol, in Israel »Chaser« genannt. Verschiedene Liköre und Schnäpse sollen den Süßigkeiten das besondere Etwas verleihen. Drückt man darauf, fließt der Alkohol ins Gebäck. Besonders am Abend empfehlenswert.
HERZHAFT Sie sind in Israel nicht allzu beliebt, dennoch tauchen salzige Sufganiot immer wieder auf. Vor zwei Jahren bot der Fastfood-Riese Burger King acht Tage lang einen Sufgani-King an. Mit Fleischboulette, Gemüse, Ketchup und süßer Sufganiot. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, doch dieses Jahr sucht man auf der Speisekarte vergeblich nach dem feierlichen Burger. Es gibt auch Chefköche, die in ihren Restaurants mit dem Teig der Krapfen experimentieren. Sagi Azoulai etwa, der vor einigen Jahren in seinem Lokal Lavan herzhafte Sufganiot als Chanukka-Special anbot.
HAUSGEMACHT »Nennt es Sufgania oder Berliner; dies ist eine meiner Lieblings-Allzeit-Esssünden«, gibt Israels Masterchef und Kochbuch-Autor Tom Franz zu. »Natürlich besonders zu Chanukka gefüllt mit Erdbeer- oder Aprikosenmarmelade – wie es sich gehört. Genießt es ohne schlechtes Gewissen und habt ein wundervolles Chanukkafest mit Licht und Liebe.«
Tom Franz’ Sufgania-Rezept: 500 g Mehl, 1 Päckchen Trockenhefe, 250 ml Milch, 150 g Zucker, 1 Prise Salz, 1 EL Zitronenschale, 60 g Butter, 1 Ei, Öl zum Ausbacken, 125 g Konfitüre zum Füllen, Puderzucker.
Zubereitung: Die Hefe in lauwarmer Milch verrühren. Diese mit dem gesiebten Mehl, Zucker, Butter, der abgeriebenen Zitronenschale, einer Prise Salz und dem Ei zu glattem Teig verkneten. Den Teig in der Schüssel zugedeckt und vor Zugluft geschützt an warmem Ort 90 Minuten aufgehen lassen. Noch einmal durchkneten. Eine dicke Teigrolle formen, in 20 Stücke teilen und mit einem Glas zu Sufganiot formen. Auf ein bemehltes Brett oder Blech legen und erneut zehn bis 20 Minuten gehen lassen. Das Fett auf circa 170 Grad erhitzen und die Sufganiot portionsweise unter Wenden ausbacken. Mit der Schaumkelle herausnehmen. Auf Küchenpapier abtropfen lassen. Die Konfitüre mittels Spritzbeutel mit langer Tülle in die Berliner spritzen, in Puderzucker wälzen und Beteavon!