An diesem Abend kam Yitzhak Rabin, der sonst so reservierte Premierminister Israels, aus sich heraus. Er sang, wenn auch etwas schief, so doch aus vollem Herzen: »Schiru Schir la Schalom« – Singt das Lied des Friedens. Tausende stimmten ein bei der Friedensdemonstration vor dem Tel Aviver Rathaus am 4. November 1995. Dann knallten Schüsse. Rabin wurde tödlich getroffen. Am 1. März wäre er 100 Jahre alt geworden.
Mit der Ermordung des Regierungschefs, der sich über die Jahre politisch vom kämpferischen Falken zur Taube wandelte, »starb der Traum vom Frieden«, meinen viele Israelis noch heute. Ein Jahr vor seiner Ermordung durch einen jüdischen Extremisten wurde Rabin für seine Bemühungen, den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu beenden, gemeinsam mit PLO-Chef Jassir Arafat und Israels Außenminister Schimon Peres der Friedensnobelpreis verliehen.
staatsgründung Rabin, der fünfte Ministerpräsident nach Staatsgründung, war der erste, der in Israel geboren wurde. Als Sohn von jüdischen Einwanderern aus Osteuropa wuchs er in einem links-zionistischen, säkularen Haushalt auf. Er heiratete seine Jugendliebe Leah und bekam mit ihr die Kinder Dalia und Yuval.
Im Zweiten Weltkrieg nahm er 1941 an der britischen Invasion im Libanon und in Syrien teil. Als zionistischer Untergrundkämpfer schloss er sich vor Gründung des Staates Israel der jüdischen Eliteeinheit Palmach an.
Im Zuge des Unabhängigkeitskrieges befehligte Rabin die Harel-Brigade, die unter anderem dafür zuständig war, den Weg nach Jerusalem für Nachschubkonvois freizuhalten, später führte er als Stabschef die IDF im Sechstagekrieg an. Er war Vorsitzender der Arbeitspartei, Botschafter in Washington sowie Arbeits- und Verteidigungsminister. Als Ministerpräsident diente er zwei Amtszeiten, von 1974 bis 1977 und von 1992 bis zu seiner Ermordung.
1993 hatte er mit Arafat im Weißen Haus die Oslo-Abkommen unterzeichnet und damit die erste umfassende Friedensbemühung nach Jahrzehnten des Konflikts zwischen den beiden Seiten eingeleitet. »Wir sind hier auf diesem Boden, in diesem Land, nicht allein. Und so teilen wir diese gute Erde heute mit dem palästinensischen Volk, um das Leben zu wählen.« Diese Worte sind sein Erbe. Und die Israelis fragen sich noch heute oft: »Was wäre gewesen, wenn …«