Jewish Agency

»Mehr zuhören, weniger reden«

Fleur Hassan-Nahoum Foto: PR

Frau Hassan-Nahoum, Sie sind Kandidatin für den Vorsitz der Jewish Agency. Warum sind Sie geeignet?
Die Jewish Agency ist dafür da, die Verbindung zwischen Israel und der Diaspora zu stärken. Ich bringe dafür die Voraussetzungen mit, denn ich stamme aus Gibraltar, habe neun Jahre in London gelebt und vor 20 Jahren Alija gemacht. So kenne ich Dia­spora-Leben und die Herausforderungen als Neueinwanderin. Zudem war ich lange im Fundraising tätig und habe mich dafür eingesetzt, junge jüdische Führungskräfte zu engagieren. Ich habe die Fähigkeiten, Leidenschaft und das Verständnis für den Job.

Was sind heute die größten Herausforderungen der Jewish Agency?
Für mich ist es die Abkoppelung der jungen Juden von Israel, der jüdischen Welt und ihrer Herkunft. Die Jewish Agency hat dies vor 15 Jahren erkannt und sich darauf eingestellt, unter Isaac Herzog einen großartigen Job gemacht und eine effektive Organisation geschaffen. Wir müssen das weiterführen.

Die Verbindung zwischen der Diaspora und Israel ist derzeit nicht die beste. Welche Probleme drängen?
Ich stimme mit dieser Einschätzung nicht überein. Letztendlich sind wir ein Volk. Wir müssen es als Familie verstehen, in der es Konflikte gibt, wenn man anderer Meinung ist. Es ist wie ein Kreis, der sich immer wieder schließt.

Wie könnten die Konflikte beigelegt werden?
Die Verantwortlichen müssen mehr zuhören und weniger reden. Ein Mangel an Zuhören führt zu vermeintlichen Differenzen. Darüber hinaus sollten wir bei jungen Leuten den Stolz auf ihre Geschichte und Herkunft wiederherstellen. Und wir müssen dort hingehen, wo sie zu finden sind, etwa in die sozialen Medien.

Was würden Sie als neue Chefin der Jewish Agency der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland mitteilen?
Ich würde ihr sicher nicht sagen, was sie zu tun hat, das weiß sie selbst am besten. Stattdessen würde ich fragen: »Was brauchen Sie von uns?« Das Rezept für eine gesunde Beziehung ist es, auf Bedürfnisse einzugehen. In jedem Fall müssten die jungen jüdischen Leader miteinbezogen werden.

Inwiefern?
Es geht nicht nur um bilaterale Beziehungen zwischen ihnen und Israel, sondern um multilaterale. Wir müssen ein globales Netzwerk aus jungen Anführern aufbauen. Die Jewish Agency hat die Infrastruktur dafür.

Sie wären die erste Frau an der Spitze der Jewish Agency. Wie bedeutsam ist das für Sie?
Ich bewerbe mich nicht, weil ich eine Frau bin. Ich sehe mich als die geeignetste Kandidatin und bin nun einmal eine Frau. Aber es ist an der Zeit, denn ich glaube an die Kraft und die Vorteile von weiblichen Führungskräften.

Mit der stellvertretenden Bürgermeisterin von Jerusalem sprach Sabine Brandes.

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