Drohnen gegen Heuschrecken – das klingt nach Science-Fiction und Hollywood. Doch in Äthiopien ist der Einsatz der kleinen unbemannten Alleskönner bereits Realität. Denn kürzlich ist die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, an Israel herangetreten und bat um technische Unterstützung bei der Bekämpfung dieser biblischen Plage.
In Jerusalem reagierte man darauf. Mashav, Israels Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit, entsandte in Kooperation mit dem Landwirtschaftsministerium im November 2020 ein Expertenteam mit 27 Überwachungsdrohnen sowie 100 sogenannten Rucksack-Sprühgeräten nach Ostafrika.
hightech Äthiopiens Bauern erhielten so Luftunterstützung bei der Ortung von Heuschreckenschwärmen und konnten dank Hightech »made in Israel« diese gezielter unschädlich machen. Die Vorteile: Drohnen kosten im Vergleich zu konventionellen Flugzeugen nur einen Bruchteil. Zudem brauchen sie keine Landebahnen, und ihre Bedienung ist sehr unkompliziert, sodass die Äthiopier nach kurzer Einführung diesen Job schnell selbst übernehmen konnten.
Im Wesentlichen konzentriert man sich auf acht Bereiche, in denen Israel über besonders viel Expertise verfügt.
»Das ist nur eines von vielen Beispielen unserer Arbeit«, berichtet Eynat Shlein. »Dabei gehen wir nach dem Prinzip ›Train the Trainers‹ vor«, so die Chefin von Mashav, die zugleich stellvertretende Generaldirektorin des israelischen Außenministeriums ist: »Konkret heißt dies, dass wir Menschen aus Afrika, Lateinamerika oder Asien nicht einfach nur Kompetenzen vermitteln, sondern sie zudem in die Lage versetzen, diese an andere auch weitergeben zu können«, sagt sie.
Im Wesentlichen konzentriere man sich auf acht Bereiche, in denen Israel über besonders viel Expertise verfüge, allen voran Landwirtschaft, Gesundheitsversorgung sowie den Zugang zu sauberem Trinkwasser. »Aber auch die Förderung eines innovationsfreundlichen Umfelds, Maßnahmen gegen den Klimawandel oder das Empowerment von Frauen stehen bei uns ganz oben auf der Agenda«, erklärt Shlein.
golda meir Ins Leben gerufen wurde Mashav als Entwicklungshilfeagentur 1958 von niemand Geringerem als Golda Meir. Als Außenministerin war sie gerade von ihrer ersten Reise nach Afrika zurückgekehrt. Unter dem Eindruck der enormen Herausforderungen, mit denen viele der gerade unabhängig gewordenen neuen Staaten sich konfrontiert sahen, kam ihr die Idee, dass man diesen jungen Nationen irgendwie helfen müsse.
»Israel war zu dieser Zeit selbst noch ein Entwicklungsland«, bringt Eynat Shlein diesen Ansatz auf den Punkt. »Trotzdem gab es schon damals den Willen, unsere Erfahrungen und unser Know-how mit den anderen zu teilen«. Die Arbeit von Mashav sieht sie deshalb eng verwoben mit den Visionen der Gründerväter und -mütter Israels, eine bessere Welt zu schaffen.
All dies geschieht auf zweierlei Weise. Entweder in einem der zahlreichen mit der Entwicklungshilfe-Agentur kooperierenden akademischen Fachinstitute und den Mashav-eigenen Aus- und Weiterbildungszentren in Israel selbst oder aber durch israelische Experten in Workshops, Kursen oder im Rahmen von Projekten vor Ort. Rund 5000 Personen werden so jedes Jahr trainiert und gefördert.
online-arbeit »Natürlich hat die Covid-Pandemie auch unsere Arbeit beeinflusst«, so die Mashav-Direktorin. »Wir haben aber innerhalb weniger Wochen viele Online-Angebote auf die Beine gestellt. Über 13.000 Personen konnten so erreicht werden.« Auch das ist eine kleine Erfolgsgeschichte: »Denn einige von ihnen saßen in Ländern, mit denen Israel keine diplomatischen Beziehungen hat.« Nun aber ist man wieder weitestgehend zum Präsenztraining zurückgekehrt.
Mit 40 Prozent der Aktivitäten liegt der Schwerpunkt der Arbeit von Mashav in Afrika. Der Rest verteilt sich gleichermaßen auf Asien und Lateinamerika. »Natürlich verfügen wir nicht über die Ressourcen von Entwicklungshilfe-Agenturen wie USAID«, sagt Shlein. »Trotzdem konnten wir die Lebenssituation von vielen Hunderttausend Menschen deutlich verbessern.«
So hat man in Indien 29 sogenannte »Centers of Excellence« aufgebaut, und zwar landwirtschaftliche Modellbetriebe. »Bald werden es sogar 42 sein. »Selbstverständlich ist Indien riesig. Aber wenn man auf diese Weise das Leben von mehr als 150.000 Menschen positiv beeinflussen kann, dann ist das schon eine beachtliche Leistung.« Die Förderung von Social Entrepreneurship wird ebenfalls großgeschrieben.
Als Golda Meir die Agentur ins Leben rief, war Israel selbst noch ein Entwicklungsland.
Im Senegal unterstützt Mashav beispielsweise eine Kooperative von Fischerfrauen, die ihre Produkte auch selbst vermarkten, was ihnen hilft, ihre Familien zu ernähren. Und manchmal sind es bereits die kleinen Dinge, die eine große Wirkung haben. »In Südafrika, Uganda und anderen Länder stellen wir jungen Frauen kostenlos Hygieneartikel zur Verfügung, damit sie auch dann zur Schule gehen können, wenn sie ihre Periode haben.«
inkLUSION Aber die Inklusion von Menschen mit Behinderungen ist ebenfalls ein Thema. In Kasachstan entstanden dank Mashav Erlebnisräume für autistische Kinder. Manche Projekte werden gemeinsam mit den Entwicklungshilfe-Agenturen anderer Staaten gestemmt, andere mit NGOs vor Ort oder im Rahmen von UN-Initiativen. Diese Kooperationen könnten in naher Zukunft einen Aufschwung erleben.
»Perspektivisch erlauben uns die historischen Abraham-Abkommen viele weitere Partnerschaften mit unseren neuen Freunden, von denen nicht nur die gesamte Region profitieren kann«, ist Shlein überzeugt. Der Staat Israel komme durch die Arbeit von Mashav »seiner Verantwortung nach, sich an dem weltweiten Kampf gegen Armut und Hunger zu beteiligen und vielerorts eine nachhaltige Entwicklung zu fördern«, sagt sie.