Kurzmeldungen

Mail aus Jerus@lem

Wird koscherer Fisch teurer? Foto: Flash 90

Geheimagent
Nach acht anstrengenden Jahren als Mossad-Chef wird der pensionierte Spitzenspion Meir Dagan eine etwas ruhigere Kugel schieben. Der Haudegen, dem eine erhebliche Stärkung der Aufklärungs- und Sabotagekapazitäten des Mossad zugeschrieben wird, wurde zum Vorstandvorsitzenden der staatlichen Hafenentwicklungsgesellschaft ernannt. Allerdings erwartet sein neuer Dienstherr, Verkehrsminister Israel Katz, dass Dagan seine umfassenden Kenntnisse des Nahen Ostens auch auf dem neuen Posten nutzt: nicht für Spionage, sondern um grenzübergreifende Kooperation zwischen Israel und seinen Nachbarn im Verkehrssektor voranzutreiben. Mal sehen, wie der an der unsichtbaren Front als Legende gehandelte Aufklärer in den Niederungen des Zivillebens zurechtkommt.

Gesundheit
Der Ärztemangel in Israel nimmt bedrohliche Ausmaße an. Nach jüngster Statistik praktizieren im Judenstaat 3,4 Ärzte je tausend Einwohner. Das ist zwar im internationalen Vergleich noch immer nicht wenig, doch waren es vor einem Jahrzehnt 3,7. Noch schlimmer: Nach einer Prognose des Gesundheitsministeriums gibt es 2020 nur noch 2,7 Mediziner je tausend Bürger – weniger als im Durchschnitt der Industrieländer. Wegen niedriger Gehälter und schlechter Arbeitsbedingungen wandern viele Ärzte in andere Berufe, beispielsweise Pharmamanagement, ab oder ge-
hen gleich ins Ausland. Um diese Verluste statistisch auszugleichen, braucht Israels Gesundheitswesen 900 neue Kollegen pro Jahr. Es hat aber heute lediglich 550. Eine Lösung ist nicht in Sicht – jedenfalls nicht ohne eine Änderung politischer Prioritäten.

Gehalt
Pioniergeist – das war einmal. Wie es scheint, ist ehrenamtliches Engagement auch bei der israelischen Arbeitspartei passee. Nachdem der bisherige Parteichef Ehud Barak die sieche Politformation verlassen hat, wandten sich die verbleibenden Enkel David Ben-Gurions an den ehemaligen Generalsekretär Micha Charisch mit der Bitte, mehrere Monate lang als amtierender Parteivorsitzender zu dienen. Der Bitte stimmte Charisch auch gern zu, forderte aber ein monatliches Gehalt von umgerechnet 6.800 Euro. Schließlich, argumentierte er, müsse er für das Parteimanagement seine Tätigkeit als Inhaber einer Consulting-Firma an den Nagel hängen. Und mit der als Ex-Minister bezogenen Rente von schätzungsweise 4.000 Euro allein kommt Charisch offenbar nicht einmal vorübergehend über die Runden. Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss: Die hochverschuldete Partei zahlt ihrem temporären Chef drei Viertel des von ihm verlangten Salärs.

glaube
Zu einem Konflikt zwischen Geld und Glauben ist es im Finanzausschuss der Knesset gekommen, nachdem das Finanzministerium dem parlamentarischen Gremium den Entwurf neuer Zölle für Fischimporte vorlegte. So wollten die Zöllner die Einfuhrabgaben für Fischsorten, die auch in Israel gezüchtet werden, zum Schutz einheimischer Hersteller erhöhen, die Zollsätze für unkoschere Fische und Meeresfrüchte jedoch senken. Das aber lehnte der ultraorthodoxe Ausschussvorsitzende Mosche Gafni ab. Es sei ideologisch unannehmbar, dass der jüdische Staat koschere Fischsorten verteuere, unkoschere aber verbillige. Deshalb, drohte der Volksdeputierte des Vereinigten Tora-Judentums, werde er die vorgeschlagene Neuregelung vereiteln. Im ersten Stadium wurde die Beratung verschoben.

Gesetz
Wissen ist Macht – auch im Kampf gegen das Übergewicht. Nach einem von zwei Knessetabgeordneten eingebrachten Gesetzentwurf sollen Nahrungsmittelhersteller verpflichtet werden, den Fettgehalt aller Produkte klar und deutlich anzugeben. Bisher gilt diese Pflicht nur für Milchprodukte, während sie bei anderen Erzeugnissen nur in einer kleinen, schwer lesbaren Nährwerttabelle untergebracht wird. Nach Meinung der beiden Parlamentarier machen sich viele Konsumenten deshalb nicht die Mühe, die entsprechende Information zu entziffern und nehmen mehr Fett zu sich als sie sollten. Dabei gehe es nicht nur um das Recht des Verbrauchers auf angemessene Information, sondern auch um eine gesundheitspolitische Maßnahme. Schließlich könne Übergewicht zu schweren Erkrankungen führen.

Gebühren
Einen Monat nach seiner Inbetriebnahme erweist sich die nur gegen Maut befahrbare Schnellspur an der Südeinfahrt von Tel Aviv als ein teurer Spaß. Während der Rushhour steigt die in Abhängigkeit von der Belastung festgelegte Nutzungsgebühr für die Achtkilometer-Strecke auf 22 Schekel (viereinhalb Euro). Dafür garantiert der Betreiber relativ freie Fahrt – und findet, wie es scheint, genug Kunden. Der Mindestpreis, der selbst bei leerer Fahrbahn erhoben wird, liegt bei sechs Schekel. Dagegen wird der auf der Schnellspur ebenfalls angebotene Park-and-Ride-Service bisher nur mäßig genutzt, obwohl er kostenfrei ist. Potenzielle Kunden stören sich vor allem am Zeitverlust, der durch das Umsteigen und Warten verursacht wird.

Gewalttäter
Gewalt im Kindergarten: Zwei vierjährige Jungen in beziehungsweise bei Jerusalem haben ihre jeweilige Kindergärtnerin tätlich angegriffen. Eine der Überfallenen erlitt durch den auf sie geworfenen Stuhl einen Nasenbruch, während bei der anderen eine Gehirnerschütterung diagnostiziert wurde. Das sah die Lehrer- und Kindergärtnerinnengewerkschaft keineswegs als Bagatelle an. Als Protestmaßnahme legten die Kindergärtnerinnen im gesamten Schulbezirk Jerusalem am vergangenen Freitag die Arbeit für eine Stunde nieder. Dass damit vor allem gewaltfreie Zöglinge – und deren kopfschüttelnden Eltern – bestraft wurden, nahmen die Pädagogen offenbar in Kauf.

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