Aufpasser
Moralhüter in Jerusalems ultraothodoxem Stadtteil Mea Schearim haben Bekleidungsgeschäften, die unzüchtige Frauenkleider anbieten – gemeint sind vor allem zu kurze Kleider und Röcke sowie eng anliegende Kleidungsstücke – den Kampf angesagt. Per Anzeige wurden die Ladeninhaber angewiesen, die Anstoß erregende Mode aus ihren Verkaufslokalen zu entfernen. Mithilfe von »Inspektoren« wollen die frommen Aufpasser sicherstellen, dass der Anweisung Folge geleistet wird. Wohlgemerkt würden ultraorthodoxe Kundinnen die beanstandeten Textilien ohnehin nicht erwerben, doch frequentieren auch andere Käuferinnen – vor allem aus ärmeren Schichten – die für ihre niedrigen Preise bekannten Geschäfte in ultraorthodoxen Vierteln. Damit wächst sich das jüngste Scharmützel im israelischen Kulturkampf auch zu einer sozialen Frage aus.
Ausfuhr
Besser später als nie. Nach diesem Motto nimmt die israelische Regierung ein Programm zur ökonomischen Förderung der arabischen Minderheit in Angriff. Als Erstes sollen arabische Unternehmen bei ihren Weltmarktgeschäften unterstützt werden. Das ist auch dringend erforderlich: Bisher gibt es bei den arabischen Israelis so gut wie keine Exporteure, während der Rest der israelischen Wirtschaft dank boomender Ausfuhren gedeiht. Nicht minder wichtig ist die geplante Aufwertung des im arabischen Sektor unterentwickelten bis nichtexistenten öffentlichen Verkehrs. So etwa soll in Umm al-Fahem, einer Stadt mit immerhin 44.000 Einwohnern, erstmals seit der Staatsgründung ein Linienbusverkehr eingerichtet werden. Wie gesagt, besser später als nie.
Ausbildung
Angehörige der israelischen Marinekommandoeinheit sind ungenügend auf den Nahkampf vorbereitet. Diese für eine Elitetruppe höchst peinliche Erkenntnis ist eine der Schlussfolgerungen aus der Affäre um die türkische »Hilfsflotte« für Gaza. Wären die Israelis kampferprobter in das Handgemenge gegangen, hätten sie sich der islamistischen Angreifer an Bord der Mavi Marmara mit weniger Schusswaffen erwehren und die Zahl der Toten und Verletzten senken können. Jetzt wird der Ausbildungsfehler, wie die Tageszeitung Maariv berichtete, behoben. Fragen nach der Qualität der militärischen Planung der Einheit sind damit aber nicht ausgeräumt.
Ansporn
Unter den Tausenden von Examenskandidaten bei der jüngsten Rabbinerprüfung des israelischen Oberrabbinats fiel einer durch sein junges Alter auf: Das Wunderkind, dessen Wissen dem vieler erwachsener Schriftgelehrter in nichts nachsteht, ist ganze 14 Jahre alt. Zwar wurden die Ergebnisse in Mosches Fall – der Familienname bleibt auf rabbinische Anweisung geheim – nicht ausgewertet, weil er altersbedingt kein Rabbineramt ausüben darf, doch wollten ihn die Oberrabbiner durch die Prüfungsteilnahme zu weiteren Erfolgen anspornen. Dabei ist Mosche nicht das erste Junggenie in seiner Familie, die in der Scharon-Region nördlich von Tel Aviv wohnt. Sein um ein Jahr jüngerer Bruder hat bereits ein Mathematikstudium an der Hebräischen Universität in Jerusalem absolviert.
Amor
Vier Jahre lang hat Irene Bronfman ihrem Land, Chile, als Botschafterin in Israel gedient. Als ihre Amtszeit vor Kurzem ablief, beschloss sie, im jüdischen Staat zu bleiben – als Immigrantin. Der Grund war weniger ideologischer als persönlicher Natur: Während ihres diplomatischen Aufenthaltes lernte Bronfman ihren gegenwärtigen Lebensgefährten, einen Israeli, kennen. Es sei, so die Ex-Botschafterin, für das Paar leichter, in Israel zu bleiben, als nach Chile überzusiedeln. Die prominente Ola wurde von Immigrationsministerin Sofa Landwer zu ihrem Beschluss beglückwünscht. Eine Liebesbeziehung, die zur Einwanderung führe, so die Ressortinhaberin, sei wunderbar.
Aufwertung
Im letzten Jahr sind die Preise für den Rohstoff Kupfer steil angezogen. Diese Aufwertung merken viele Bewohner der Negev-Wüste am eigenen Leibe, wenn ihnen eines schönen Morgens Warmwasser fehlt. Der Zusammenhang: In der Südregion des Landes montieren pfiffige Diebe immer öfter die auf Häuserdächern aufgestellten Solarkessel ab, reißen sich die Kupferrohre unter den Nagel und verscherbeln das begehrte Material auf dem Schwarzmarkt. Versuche der Polizei, die Klau-Epidemie einzudämmen, sind bisher gescheitert.
Abbau
Wenn Jerusalen tagsüber im Himmelslicht zu schwimmen scheint und beim Sonnenuntergang in atemberaubender Schönheit erstrahlt, so liegt das nicht zuletzt an dem Jerusalem-Stein, in dem die Gebäude der Stadt verklinkert sind. In den letzten Jahren wird die Steinverkleidung aber auch in der Diaspora beliebt und von vielen Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen gewählt. Zum Teil sind die schönen Steine aus dem Heiligen Land auch bei nichtjüdischen Kunden beliebt, beispielsweise Kirchen. In der Folge hat sich der Export von Jerusalem-Stein zu einem boomenden Geschäft entwickelt – und zwar sowohl für israelische Steinbruchbetreiber als auch für ihre palästinensischen Kollegen in der Westbank. Der Boom hat aber auch eine Schattenseite: Angesichts der mit dem Abbau einhergehenden Landschaftsschäden fordern einige Umweltexperten inzwischen, den Export zu unterbinden.