7. Oktober

Machten UNRWA-Mitarbeiter bei den Hamas-Massakern mit?

7. Oktober: Hamas-Terroristen am Grenzzaun Foto: picture alliance / AA

Die mutmaßliche Beteiligung von zwölf Mitarbeitern des UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA am Hamas-Massaker in Israel hat weltweit für Empörung gesorgt. Mehrere Länder - darunter auch Deutschland - stoppten vorübergehend Zahlungen an die UN-Organisation. UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini hatte mitgeteilt, Israel habe dem Hilfswerk Informationen übermittelt, wonach mehrere Mitarbeiter in das Blutbad verwickelt gewesen sein sollen. Lazzarini und UN-Generalsekretär António Guterres zeigten sich entsetzt und drohten den Betroffenen mit strafrechtlichen Konsequenzen, sollte sich der Verdacht erhärten.

Auf welche Art die Mitarbeiter möglicherweise an dem Hamas-Massaker in Israel beteiligt waren, teilte die UN zunächst nicht mit. Das Auswärtige Amt sei »zutiefst besorgt« über die Berichte, schrieb das Ministerium auf der Plattform X (vormals Twitter). Lazzarini hatte die Mitarbeiter entlassen und eine Untersuchung angeordnet. Das Auswärtige Amt begrüßte beides. Lazzarini müsse der Belegschaft des UN-Hilfswerks klarmachen, »dass alle Formen von Hass und Gewalt völlig inakzeptabel sind und nicht toleriert werden«.

Deutschland zahlte UNRWA 200 Millionen Euro

Die USA und Kanada sowie Großbritannien setzten vorübergehend die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für das UN-Hilfswerk aus. Am Samstagabend entschied sich auch Deutschland zu diesem Schritt. Die Bundesregierung unterstützte das UN-Hilfswerk eigenen Angaben nach allein im Jahr 2023 mit mehr als 200 Millionen Euro. Auch andere westliche Länder sind wichtige Geldgeber des UNRWA.

Die Vereinigten Staaten sind nach Angaben des US-Außenministeriums äußerst beunruhigt. Vom Außenministerium in London hieß es, man sei entsetzt über die Vorwürfe und wolle sie überprüfen. Auch Italien stoppte seine Finanzhilfe. Außenminister Antonio Tajani versicherte zugleich: »Wir engagieren uns für humanitäre Hilfe für die palästinensische Bevölkerung und schützen die Sicherheit Israels.« Auch Australien und Finnland setzten ihre Zahlungen an das UNRWA vorübergehend aus.

Israels Außenminister nennt UNRWA »zivilen Arm der Hamas«

Israels Außenminister Israel Katz warf dem UN-Hilfswerk am Samstag vor, viele Mitarbeiter zu haben, die Mitglieder der Hamas seien und Terror unterstützten. Er lieferte dafür keine Belege. In einem Beitrag auf der Plattform X schrieb er, das UNRWA diene »als ziviler Arm der Hamas« im Gazastreifen. Die Organisation soll seinem Willen zufolge nach dem Ende des Kriegs keine Rolle mehr in dem Palästinensergebiet spielen. »UNRWA ist nicht die Lösung.«

Die Terrororganisation Hamas warf Israel eine Hetzkampagne gegen internationale Organisationen vor, die den Palästinensern helfen. »Das skrupellose Nazigebilde« versuche damit »alle Lebensadern unseres Volkes abzuschneiden«. Die Islamistenorganisation verurteilte zugleich scharf, dass UNRWA die Taten der Hamas kritisiert und die Freilassung der aus Israel entführten Geiseln gefordert habe. Es sei nicht die Aufgabe der Organisation, in dem Konflikt politische Positionen zu äußern.

UNRWA-Chef verurteilte die Massaker

Lazzarini hatte die Anschläge am 7. Oktober vergangenen Jahres als abscheulich bezeichnet. Dabei ermordeten Terroristen der Hamas, des Islamischen Dschihad aber auch palästinensische Zivilisten in Israel mehr als 1200 Menschen. Zudem verschleppten sie bei dem brutalen Massaker mehr als 250 Menschen in den Gazastreifen. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 26 000 Menschen getötet.

Nach dem 7. Oktober hatte es auch unbestätigte Berichte gegeben, dass Lehrer des UNRWA das Massaker gefeiert hätten. Laut einem ebenfalls unbestätigten israelischen Medienbericht soll zudem eine Geiseln bei einem Mitarbeiter der Organisation festgehalten worden sein. Beide Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

»Jeder, der die Grundwerte der Vereinten Nationen verrät, verrät auch diejenigen, denen wir in Gaza, in der gesamten Region und anderswo auf der Welt dienen«, sagte UNRWA-Chef Lazzarini. Mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen seien seit Beginn des Krieges auf Hilfe angewiesen. Wegen der katastrophalen humanitären Lage und der vielen Opfer steht Israel international unter immensem Druck.

Die Vereinten Nationen hatten das UNRWA 1949 gegründet, um palästinensischen Flüchtlingen zu helfen. Mittlerweile haben nach Angaben der Organisation rund 5,9 Millionen Menschen Anspruch auf ihre Dienste. Dazu zählen Palästinenser, die 1948 flüchteten oder vertrieben wurden, sowie ihre Nachkommen. Das UNRWA ist unter anderem in Jordanien, im Libanon und in den Palästinensergebieten tätig. dpa/ja

»Israelphobie«

Elefant im diskursiven Raum

In seinem Buch analysiert Jake Wallis Simon, Herausgeber des »Jewish Chronicle«, den Hass auf den jüdischen Staat

von Ralf Balke  12.01.2025

Anti-Terror Kampf

20 israelische Jets gegen Huthi-Stellungen

Angriff auf zwei Häfen und ein Kraftwerk ist Vergeltung für Kampfdrohnen auf Tel Aviv

von Sabine Brandes  12.01.2025

Jerusalem

»Es bringt Israel zurück zum 6. Oktober«

Opposition kritisiert Wiedereinführung der höchst umstrittenen Justizreform / Charedische Parteien stellen Ultimatum

von Sabine Brandes  12.01.2025

Missbrauch

»Ich habe ein Monster vergöttert«

Eyal Golan soll systematisch junge Mädchen ausgebeutet haben. Jetzt gibt es erneut Vorwürfe

von Sabine Brandes  12.01.2025

Steffen Seibert

Geiseln sind unsere höchste Priorität

Der deutsche Botschafter in Israel sprach auf der Kundgebung in Tel Aviv

 12.01.2025

Nachruf

Keine halben Sachen

Die langjährige Israel-Korrespondentin der WELT, Christine Kensche, ist gestorben. Ein persönlicher Nachruf auf eine talentierte Reporterin und einen besonderen Menschen

von Silke Mülherr  10.01.2025

Nahost

Katz fordert Plan für Hamas-Niederlage

Sollten die Geiseln nicht bis zum 20. Januar freigelassen werden, will der israelische Verteidigungsminister eine komplette Zerschlagung der Terrorgruppe

 10.01.2025

Nachruf

Eine unabhängige Beobachterin mit Herzensbildung

WELT-Chefredakteur Jan Philipp Burgard nimmt Abschied von Israel-Korrespondentin Christine Kensche

von Jan Philipp Burgard  10.01.2025

Israel

Armee erklärt Hamas-Geisel Hamza Ziyadna (23) für tot

Erst am Mittwoch wurde die Leiche seines Vaters im Gazastreifen geborgen

 10.01.2025