Auch wenn die Sonne scheint und kein Wölkchen den Himmel trüben mag, kann es in Israel empfindlich kühl werden. Während in Tel Aviv tagsüber bis zu 23 Grad gemessen werden, weht abends trotzdem oft ein ungemütlicher Wind durch die Straßen. Die meisten Häuser sind nur provisorisch geheizt – im Norden oder in höheren Lagen, wie in Jerusalem, braucht man dicke Kleidung. In der kalten Jahreszeit wärmen sich die Israelis zusätzlich mit Kerzenschein und besonderen Gerichten. Der Winter ist da – und Chanukka steht vor der Tür.
Den Auftakt zum jüdischen Lichterfest macht der jährliche Chanukkafackelzug. Von der Stadt Modiin bis zur Altstadt in Jerusalem stehen Menschen Seit’ an Seit’ und reichen eine brennende Fackel von Hand zu Hand. Mit ihr wird schließlich die große Chanukkia an der Kotel entzündet. In Modiin sollen die Makkabäer gelebt haben, die für den Beginn des Aufstandes und letztlich die Befreiung des Jüdischen Tempels verantwortlich zeichnen.
Schon seit Wochen basteln die Kinder in den Kindergärten und Schulen fleißig an Chanukkiot, die sie am Abend des 25. Kislew, dieses Jahr am 16. Dezember, zum ersten Mal entzünden dürfen – acht Tage lang jeden Abend ein Lichtlein. In vielen Familien hat jedes Kind seinen eigenen Leuchter. Auch schmücken Lichterketten, Kreisel und Leuchter aus buntem Papier die Läden und Fenster der Häuser.
heissgetränk Statt mit Lebkuchen und Glühwein wie in Deutschland zur Weihnachtszeit laben sich die Menschen in Israel besonders gern an Sachlaw und Sufganiot. Das Milchgetränk mit einem guten Schuss Rosenwasser ist zähflüssig und wird heiß dampfend aus durchsichtigen Gläsern getrunken. Auf dem Carmelmarkt im Zentrum Tel Avivs, dem Machane Jehuda in Jerusalem oder dem Altstadtbasar von Haifa und Akko stehen die dicken schwarzen Kessel schon bereit.
In vielen Restaurants werden jetzt spezielle Gerichte serviert, die die Bäuche wärmen. Besonders beliebt ist das traditionell osteuropäische Tschund, ein Rindfleisch-Bohnen-Kartoffeleintopf, der am Schabbat auf den Tisch kommt.
Die Restaurantkette Aroma hat im November ihre Speisekarte umgestellt und bietet jetzt besondere Gerichte als Wintermenü an, vor allem Eintöpfe und warme Salate aus gebratenem Gemüse. »Es ist doch kalt draußen«, sagt Aja Cohen, die im Aroma von Ramat Hascharon hinter der Theke steht, »da müssen es solche Speisen sein. Und unsere Gäste lieben das«. An der Wand pusten die Klimaanlagen in diesen Tagen statt kalter warme Luft in das Café. Die Tische und Stühle, die sonst im Freien auf dem Bürgersteig stehen, sind nun durch eine Glaskonstruktion vor Regen und Kälte geschützt.
»Der Winter ist die schönste Jahreszeit in Israel. Das Wetter ist meist mild, und man kann so viel unternehmen«, meint Lior Danon. Für den Sportler aus Tel Aviv sehen die Unternehmungen meist so aus, dass er um sechs Uhr aufsteht und dann mit seinem Rennrad durchs ganze Land rast. »Es ist für mich die angenehmste Art und Weise, mich in der Natur aufzuhalten«, meint er. »Und ganz perfekt ist der Morgen, wenn er nach zwei, drei Stunden auf dem Sattel mit einem Djachnun endet.«
Die Stände mit den jemenitischen Teigrollen, die 24 Stunden lang im Ofen gebacken und mit einem hart gekochten Ei plus Tomatensauce serviert werden, gibt es an vielen Hauptstraßen, oft neben Tankstellen und Eingängen zu Naturparks. Schilder mit »Djachnun wie von Mama« lassen die hungrigen Ausflügler an den Wochenenden in Scharen kommen.
Festivals Chanukka ist auch die Saison der Festivals. Im ganzen Land gibt es in den acht Tagen Kindershows, Musik- und Tanzveranstaltungen, oft zum kleinen Preis. In Jerusalem findet vier Tage lang das Chamshushalayim-Fest statt. Straßentheater, Konzerte, nächtliche Spaziergänge und vieles mehr stehen auf dem Programm. Der Eintritt in viele Museen, Theater und Galerien ist an diesen Tagen kostenlos.
Und natürlich wäre es kein echtes Chanukka ohne Sufganiot. Die in heißem Fett ausgebackenen Süßigkeiten, die in Deutschland als »Berliner« oder »Krapfen« bezeichnet werden, gehören in Israel auf jeden Tisch. Geschätzte 24 Millionen gehen während der Festtage über die Ladentheken und bringen den Betrieben rund 13 Millionen Euro Umsatz extra.
Seit Anfang Dezember füllen die dickbäuchigen Backwaren die Regale der Geschäfte im ganzen Land. Im Schnitt haben sie 450 Kalorien pro Stück. Bis vor einigen Jahren gab es sie nur mit einer Füllung: klebrige knallrote Marmelade. Doch die Gourmets haben auch hier ihre Ansprüche erhöht. Inzwischen sind Sufganiot mit Füllungen für jeden Geschmack erhältlich – von Halwa über Apfel mit Zimt bis zu Wodka oder Eierlikör. Kalorienbewusste greifen eher bei der Miniversion zu, die immer mehr Läden anbieten.
»Das Geheimnis der Sufgania« will jedes Jahr die Saidel-Artisan-Bäckerei in Karnei Schomron mit ihren Chanukkawork-shops für Familien oder Gruppen lüften. Sie verspricht: »In drei marmeladengefüllten Stunden lernen Sie, wie man aus den verschiedenen Zutaten die verlockendsten
Backwaren herstellt – und auch noch einen Riesenspaß dabei hat.«