Jerusalem

Lapid gratuliert Netanjahu »für das Volk und den Staat Israel«

Er kommt zurück als Premier: Benjamin Netanjahu vom Likud Foto: Flash90

Das Endergebnis der Parlamentswahlen in Israel steht fest. Nachdem die Stimmen der Briefwahl ausgezählt sind, ist der Gewinn von Benjamin Netanjahu, dessen rechtsgerichteter Likud stärkste Partei in der 25. Knesset wird, bestätigt.

Die letzten der fast 4,8 Millionen abgegebenen Stimmen der israelischen Bürger kamen von IDF-Soldaten auf der Basis, Menschen in Krankenhäusern oder Gefängnissen und von Gesandten im Ausland. Sie besiegelten auch das Schicksal der Linkspartei Meretz, die zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten nicht in der Knesset vertreten sein wird.

KOALITION Den Zahlen nach wird Netanjahu in der Lage sein, eine regierungsfähige Koalition aus seinem Likud, ultraorthodoxen und rechtsextremen Parteien auf die Beine zu stellen. Er hätte 64 Mandate in der 120 Sitze zählenden Knesset und damit die Mehrheit. Die Patt-Situation in Jerusalem, die die Politik in Israel fast vier Jahre lang blockierte, wäre damit beendet.

Nach dem Abschluss der Stimmenauszählung telefonierte der Noch-Premierminister Yair Lapid von der Zentrumspartei Jesch Atid mit Netanjahu, um ihm zu seinem Wahlsieg zu gratulieren. »Der Staat Israel steht über allen politischen Erwägungen«, so Lapid in einer Erklärung. »Ich wünsche Netanjahu viel Glück für das Volk und den Staat Israel.« Er wird als Vorsitzender der zweitstärksten Partei Chef der Opposition werden.

»Der Staat Israel steht über allen politischen Erwägungen.«

scheidender premierminister yair lapid

Lapids Büro sagte, der scheidende Premierminister habe Netanjahu mitgeteilt, er habe alle Abteilungen seines Büros angewiesen, sich auf eine geordnete Machtübergabe vorzubereiten.

Die Vorsitzende der Linkspartei Meretz, Zahava Galon, bezeichnete den Verlust als »sehr schweren Moment für sie persönlich, die Partei und das ganze Land«. Sie habe auf einen Zusammenschluss mit der Arbeitspartei gedrängt und Lapid und sein Lager gewarnt, dass sie mit dem Feuer spielten. »Wenn wir keine Vorkehrungen treffen, wird nicht nur Meretz, sondern das gesamte Anti-Netanjahu-Lager den Preis zahlen.«

SORGE Links- und Zentrumswähler sind besorgt über die mögliche Beteiligung einer großen Zahl ultraorthodoxer und rechtsextremer Abgeordneter, die große Veränderungen für die israelische Gesellschaft mit sich bringen könnte, allen voran für Säkulare. Vertreter der Anti-LGBQ-Partei Noam kündigten bereits an, die Pride-Parade in Jerusalem nicht mehr erlauben zu wollen. Die größte Gruppe im Land stellen säkulare Israelis mit 36 Prozent dar. 8,5 Prozent gelten als ultraorthodox, etwa dieselbe Zahl als orthodox.

Den größten Erfolg erzielte der rechtsextreme Itamar Ben-Gvir, der mit seiner Partei Otzma Jehudit Teil des Blocks Religiöser Zionismus ist. Das Bündnis erzielte 14 Sitze. Ben-Gvir durfte nicht in der israelischen Armee dienen, seine Gesinnung als Anhänger der verbotenen Kach-Bewegung war dem Militär zu radikal.

Berücksichtigt man die tatsächlich abgegebenen Stimmen, gingen nur 48 Prozent an die Parteien in der vorhergesagten kommenden rechts-religiösen Regierung.

Die endgültige Auszählung der Stimmen ergibt: 32 Sitze für den Likud, 24 für Jesch Atid, 14 für den Religiösen Zionismus, zwölf für das Bündnis Nationale Einheit, elf für die ultraorthodoxe Schas, elf für das charedische Tora-Judentum, sechs für Israel Beiteinu, jeweils fünf für die arabischen Parteien Raam und Chadasch-Tal sowie vier für die Arbeitspartei.

HÜRDE Berücksichtigt man die tatsächlich abgegebenen Stimmen, gingen allerdings nur 48 Prozent an die Parteien in der vorhergesagten kommenden rechts-religiösen Regierung. Aber der von Netanjahu geführte Block sicherte sich weit mehr Sitze, weil sowohl die arabisch-nationalistische Partei Balad als auch Meretz es nicht schafften, die 3,25-Prozent-Hürde zu überwinden, und damit mehr als eine Viertel Million Stimmen verloren.

Es wird erwartet, dass sich nun der Blick aller im In- und Ausland auf die Koalitionsbildung richtet, wobei Netanjahu Berichten zufolge vorhat, die Verhandlungen innerhalb von zwei Wochen abzuschließen und schnell auf seinen früheren Posten zurückzukehren. Der Prozess der Regierungsbildung, der von Präsident Isaac Herzog geleitet wird, soll bereits Anfang nächster Woche beginnen.

Kommentar

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Ein Deal ist die einzige Chance, die Geiseln noch aus der Gewalt der Hamas zu retten

von Mascha Malburg  15.01.2025

Israel/Gaza

Wie Israel mit der Hamas um Details des Geisel-Abkommens ringt

Vor mehr als 15 Monaten begann der palästinensische Terror den Krieg. Nun deutet viel darauf hin, dass Verhandlungen um eine Feuerpause vor dem Abschluss stehen

 15.01.2025 Aktualisiert

Nahost

USA: Gaza-Deal so nah »wie nie zuvor«

Washington gibt sich optimistisch: Eine Einigung auf eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie die Freilassung von Geiseln stehe bevor. Der US-Außenminister sagt: Es liegt nun an der Hamas

von Julia Naue  14.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Gerhard Conrad

»Hamas ist ein Gegner, der nur in extremer Not einlenkt«

Der ehemalige Geisel-Unterhändler und BND-Agent über einen möglichen Deal zwischen Hamas und Israel und die Folgen für den Nahen Osten

von Michael Thaidigsmann  14.01.2025

Israel

Ben Gvir: Geisel-Deal bedeutet Ende der Regierungskoalition

Der rechte Minister gibt zu, im vergangenen Jahr eine Waffenstillstandsvereinbarung mehrfach verhindert zu haben

 14.01.2025

Terror

Bericht: Hamas akzeptiert Entwurf für Geisel-Deal

Es müssten nur noch letzte Details geklärt werden, so ein israelischer Regierungsvertreter

 14.01.2025 Aktualisiert

Israel

Luftalarm wegen Rakete aus dem Jemen

Mehrere Menschen verletzten sich auf dem Weg zum Schutzraum

 14.01.2025

Washington D.C.

USA legen Nachkriegsplan für Gaza vor

Blinken will die Palästinensische Autonomiebehörde in eine Regierung einbeziehen. Israel lehnt dies ab, da auch sie den Terror unterstützt

 14.01.2025