Milch

Land der Superkühe

Kleine Abkühlung im Sprühnebel: Im Jordantal, wo der Kibbuz Gilgal und seine Milchkühe zu Hause sind, können Temperaturen von mehr als 40 Grad herrschen. Foto: Flash 90

Die Suche nach der Superkuh gestaltet sich schwieriger als gedacht. Denn offensichtlich gibt es gleich mehrere Kandidatinnen. Da ist zum einen die Holsteinkuh Gigi aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Wisconsin, die es 2015 angeblich auf eine Jahresleistung von 32.874 Litern Milch gebracht haben soll. Sie konnte damit einen absoluten Weltrekord aufstellen. »Im Stall ist sie eine Diva, aber sie ist es wert«, so ihr stolzer Besitzer Robert Behnke.

Doch leider lebt Gigi nicht mehr, da 2017 ihr Stall abgebrannt ist und sie bei dem Brand umkam. Zum anderen scheint die Zahl ziemlich unrealistisch, wenn man sich die aktuelle Nummer eins anschaut, und das ist Kharta aus dem Kibbuz Saʼad. Mit einer Jahresleistung von 18.208 Litern Milch soll sie die neue offizielle Weltmeisterin sein. Auch ansonsten geht es in den Ställen in der landwirtschaftlichen Kollektivsiedlung unweit des Gazastreifens, die übrigens auch Israels größter Karottenanbauer ist, äußerst produktiv zu. Demnach kommt eine Kuh in Saʼad normalerweise auf 13.785 Liter im Jahr.

Das sind Mengen, die deutlich über dem liegen, was die israelische Durchschnittskuh zu leisten vermag. Und laut israelischer Statistikbehörde sind das 11.907 Liter pro Kopf im Jahr. Damit belegt sie weltweit einen Spitzenplatz, gefolgt von Dänemark mit 10.263 Litern und Estland mit 9886 Litern. Selbst in den Niederlanden, berühmt für ihren tollen Käse, kommt eine Kuh auf eine jährliche Durchschnittsleitung von lediglich etwa 8821 Litern.

Es ist oft drückend heiß, wenig grün und recht karg, eine Alm bekommt ein israelisches Rind nie in seinem Leben zu sehen

Auf den ersten Blick mag das verwundern. Schließlich sind Dänemark, Estland oder auch die Niederlande mit einem anderen, weitaus günstigeren Klima gesegnet. Es gibt saftige Weiden, wo die Tiere entspannt grasen können. In Israel dagegen ist es oft drückend heiß, wenig grün und recht karg, eine Alm bekommt ein israelisches Rind also nie in seinem Leben zu sehen. Trotzdem produzieren die etwas mehr als 120.000 Kühe zwischen Mittelmeer und Jordan satte 1,5 Milliarden Liter Milch im Jahr. Und wie ein Blick in die israelischen Supermarktregale zeigt, ist das Angebot an Käse, Milchdrinks oder Butter entsprechend gigantisch.

Mit 11.907 Litern Milch pro Kuh im Jahr belegt Israel international einen Spitzenplatz.

All das hat mit dem hohen Einsatz von Technik und der Ernährung der Kühe zu tun. Und natürlich mit der richtigen Züchtung. »In Israel gibt es nur eine einzige Milchviehrasse: die israelische Holstein«, weiß Ralph Ginsberg vom Israeli Dairy Board zu berichten. »Diese entstand seit den frühen 30er-Jahren durch eine Kreuzung von einheimischen sowie den Damaskus-Kühen mit Friesenbullen und später mit Holsteins.«

Heute ist die Damaskus-Kuh, die ursprünglich wohl aus Anatolien stammt und deren Geschichte weit zurück in die Zeit der Hethiter reicht, trotz ihrer Fähigkeit, hohe Temperaturen auszuhalten und dennoch reichlich Milch zu produzieren, nicht nur in Israel völlig verschwunden, sondern in der ganzen Region. Mit rund 10.000 noch lebenden Exemplaren, so die Schätzungen, zählt sie bereits zu den bedrohten Tierarten. »Nach 60 Jahren Zucht in einem heißen Klima haben sich die israelischen Holsteiner wunderbar an die Hitze angepasst«, so Experte Ginsberg. Und weitestgehend durchgesetzt.

Hightech im Stall

Wenige Weideflächen, ein schwieriges Klima sowie hohe Kosten für Wasser und Personal haben schon vor Jahrzehnten dafür gesorgt, dass man sich mit der Entwicklung von Technologien beschäftigte. Diese sollten helfen, die Arbeitszeit pro produziertem Liter Milch zu reduzieren und einen gezielteren Einsatz von Ressourcen zu ermöglichen.

So findet sich heute bei jeder Kuh ein Transmitter am Bein, der elektronisch erfasst, wie viel Milch sie gerade produziert, ob das Tier genug Bewegung hat und wie es um die Leitfähigkeit ihrer Milch bestellt ist – bei Letzterem handelt es sich um eine Methode zur Früherkennung von Mastitis, einer Entzündung am Euter, und zum Sammeln von Informationen über ihre Fruchtbarkeit.

All diese Daten werden regelmäßig verschickt und von Experten in den Labors überwacht und ausgewertet. Entsprechend lässt sich optimal planen, inklusive der Verwendung von Antibiotika, die allerdings – nicht nur in der israelischen Landwirtschaft – auch auf Kritik stößt.

Ein weiteres Merkmal ist die Haltung im offenen Stall. Meist handelt es sich dabei um eine Dachkonstruktion aus Wellblech. Dort können sich die Tiere freier bewegen als in einem geschlossenen Stall und sind vor der Sonne geschützt. Zudem sorgen Ventilatoren für eine gute Durchlüftung, manchmal bis zu 24 Stunden am Tag. Hin und wieder bringen Sprühsysteme mit einem Wassernebel zusätzliche Kühlung.

»Nur, wenn es unseren Kühen gut geht, geben sie viel Milch«, betont Jonathan Amir

»Nur, wenn es unseren Kühen gut geht, geben sie viel Milch«, betont Jonathan Amir aus dem Moschaw HaYogev im Norden Israels im Gespräch mit dem Online-Portal »agrarheute.com«. »Wir melken die Kühe dreimal am Tag in einem Swing-Over-Melkstand«, so der Landwirt.

Der Markt ist klein und abgeschottet. Es gibt keine Einfuhr von Frischmilch.

In Deutschland ist das zumeist nur zweimal am Tag üblich. Auch bei den Futtermitteln sieht das anders aus als hierzulande. In Israel bestehen diese aus einer Mischung von 70 Prozent Kraftfutter, darunter Soja, Weizen und Maissamen, sowie 30 Prozent Silage, also durch Gärung konserviertes hochwertiges Grünfutter. Genau das wird von einigen Experten als grenzwertig gesehen, weil Wiederkäuer bei so viel Kraftfutter Probleme mit der Verdauung bekommen könnten. In Deutschland ist das Verhältnis deshalb eher umgekehrt.

Auch hat all das seinen Preis, vor allem für die Verbraucher in Israel. Hightech ist teuer, und die Futtermittel müssen eigens importiert werden. Das merkt man an der Supermarktkasse. Der Liter Frischmilch, das Päckchen Joghurt oder ein Stück Käse kosten rund 78 Prozent mehr als in anderen OECD-Ländern.

Zudem ist der Markt relativ klein und abgeschottet, sprich: Es gibt kaum Einfuhren von Milchprodukten, geschweige denn Frischmilch. Und die Milchproduzenten in Israel üben seit Jahren Druck auf die Politik aus, dass dies so bleibt und sie weiterhin die Preise diktieren können – andernfalls wären sie einem realen Wettbewerb ausgesetzt. Da könnte es unzählige Gigis oder Khartas geben, in Israel muss man für Milch auch weiterhin tief in die Tasche greifen.

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