Ein dicker Tropfen glitzert an der Nase, baumelt etwas und fällt auf den Boden. Die junge Mutter hält ihr Söhnchen fest im Arm, streichelt ihm über den Kopf. Doch das erst wenige Wochen alte Baby windet sich und schreit herzzerreißend. Die Kanüle, die in seine Hand geführt wird, scheint die Mutter mehr zu schmerzen als das Kind.
Auf einmal erfüllen leise Klänge einer Mundharmonika den Raum. Eine rote Nase lugt um die Ecke, ein weiß getupfter Rock weht vorbei. Das Baby beruhigt sich sofort, der Mutter huscht ein Lächeln über die Lippen. Fifi ist da – der medizinische Clown in der Kindernotaufnahme des Meir Krankenhauses in Kfar Saba.
Fifi alias Schauspielerin und Clown-Künstlerin Penny Hanuka vom Team der Dream Doctors ist Hansdampf in allen Behandlungsräumen. Witzelt und kitzelt sich ihren Weg durch die Notaufnahme. Am Eingang stehen Eltern mit ihrem zweijährigen Sohn auf dem Arm. Chamudi hat hohes Fieber, ist kaum ansprechbar.
Fifi geht langsam auf ihn zu, die Plastikblumen im Haar wippen hin und her. »Na, mein Schatz, hängst du immer da oben?«, fragt sie und lächelt. Der Junge schaut abwesend. Fifi versucht es weiter und bläst ihm eine Seifenblase an die Hand. Zuerst nichts, dann langsam eine Regung. Die dritte Blase fängt der Kleine, bei der vierten strahlt er übers ganze Gesicht. Die Eltern entspannen sich. »Mehr«, ruft Chamudi, »mehr«.
Projekt Die Krankenschwester zwinkert Fifi zu. Doch der Clown ist nicht nur lustiger Besucher im Hospital – er ist mittlerweile fester Teil des medizinischen Teams. In 22 Krankenhäusern des Landes sind 90 Männer und Frauen mit dauerhaft roten Nasen im Einsatz.
Die Idee zu den lustigen Helfern am Krankenbett kam Jakov Shriqui vor zehn Jahren bei einem Besuch in Lausanne. Damals sah er zufällig, wie ein Clown bei einem kranken Kind saß, und war fasziniert. Der ehemalige Gesandte der Sochnut nutzte seine Kontakte und rief das Projekt der Dream Doctors ins Leben. Heute sind sie in der Magi-Stiftung organisiert.
Das Besondere an diesen israelischen Clowns sei ihre absolute Integration in das medizinische Team, betont Daniel Shriqui, Sohn des Gründers. »Sie sind Teil des therapeutischen Prozesses und gehören fest zum Krankenhaus.« Israel ist das einzige Land der Welt, das Medizinisches Clowning als Studiengang anbietet. An der Universität von Haifa können Studenten ihren Bachelor im Bereich Kunsttherapie mit diesem besonderen Schwerpunkt machen, ein Master-Studiengang ist geplant.
Shriqui hat weitere Ambitionen: »Ich hoffe, dass es dazu bald Clowns mit einem Dr. vor dem Namen geben wird.« Derzeit arbeitet die Magi-Stiftung daran, dass das medizinische Clownspiel vom Gesundheitsministerium als eingetragener medizinischer Hilfsberuf anerkannt wird.
Fifi und Co. sind in den verschiedensten Bereichen an der Seite von Kindern in Hospitälern: von Magenspiegelungen über Allergie- und Bluttests bis zur Präparation für den OP. Da bereiten sie die kleinen Patienten mithilfe der Imaginationstherapie vor, sagen etwa, wir gehen jetzt in ein Raumschiff mit vielen Knöpfen und Schläuchen. Wachen die Kinder nach der Operation auf, sehen sie sofort wieder ihren Freund mit der roten Nase. »Die Kinder sollen von ihrem Klinikaufenthalt etwas Positives mitnehmen, sich an uns erinnern und nicht an die Schmerzen.«
Die Lachtherapie kommt an. Immer mehr medizinische Teams verlangen nach den Spaßmachern. »›Wir brauchen einen‹, wird ständig gerufen«, lacht Debby Schkedy, verantwortlich für die Krankenschwestern der Pädiatrie im Meir. Sie weiß, warum: »Mit dem Clown ist eine weitere Person da, die die Situation sieht, versteht und dementsprechend handelt. Manchmal sind die Schwestern und Ärzte sehr im Stress, die Kinder verängstigt. Die Clowns bringen sich auf so eine sensible Weise
ein, die unsere Arbeit enorm erleichtert, besonders bei dem chronischen Mangel an Fachkräften.«
Kontrolle Hanuka, die seit fünf Jahren im Team der Dream Doctors ist, macht die Arbeit jeden Tag aufs Neue Freude. Hauptsache sei es, den Kindern neben Spaß und positiven Gefühlen ihre Kontrolle wiederzugeben. »Im Krankenhaus gibt es kein: ›Ich will das nicht‹. Tests müssen gemacht werden, schmerzhafte Prozeduren, immer geht es darum, was die Erwachsenen wollen«, erklärt sie.
»Wir sind dazu da, den Jüngsten ein wenig Selbstbestimmung zu geben. Sie dürfen uns herumkommandieren, das Tattoobildchen ihrer Wahl aussuchen, uns wegschicken und herrufen – ganz, wie es ihnen beliebt.«
Medizinische Clowns gibt es heute in vielen Ländern der Erde, die positive Wirkung ist unbestritten. Doktor Jakov Gozal aus der Anästhesie im Jerusalemer Schaarei Zedek Hospital erklärte auf der Konferenz zum Medizinischen Clowning, die kürzlich mit Teilnehmern aus aller Welt in Israel stattfand, wie eindeutig die lustigen Gesellen den qualitativen Unterschied im Krankenhausalltag machen.
Er gab eine Studie in Auftrag, um zu sehen, ob professionelle Clowns Kinder so effektiv beruhigen können wie bitterer Betäubungssirup. Klare Erkenntnis: »Mit weniger Stress durch die Clowns brauchen die jungen Patienten weniger Medizin und können früher entlassen werden.«