Der israelische Regisseur Guy Nattiv ist in der Nacht zu Montag bei der 91. Oscar-Verleihung in Los Angeles für die US-Produktion Skin ausgezeichnet worden – gemeinsam mit seiner Frau, der Produzentin Jaime Ray Newman, und dem Drehbuchautor Sharon Maymon. Der 20 Minuten lange Kurzfilm des Israelis, der in den USA lebt, erhielt einen Academy Award in der Kategorie »Best Live‐Action Short«.
Bei den 69. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Februar 2019 war die Langfassung des Films gezeigt worden. Skin erzählt die wahre Geschichte des amerikanischen Skinhead Bryon Widner nach, der sich mithilfe des afro‐amerikanischen Aktivisten Daryle Lamont Jenkins von seinen in der »Viking«-Bewegung aktiven Stiefeltern lossagt und aus der rechtsextremen Szene aussteigt.
»In diesem Film geht es darum, wie Sie Ihre Kinder einen besseren Weg lehren«, sagte Regisseur Guy Nattiv bei der Oscar-Verleihung.
Die Stärke der Langversion von Skin liegt weniger in der Ausleuchtung der rechtsextremen Szene in den USA durch den Regisseur als in seinem Talent, den Zuschauer in die Gefühlswelt Widners hineinzuversetzen. Nach Jahren von Gewalt‐ und Alkoholexzessen sehnt sich der Neonazi nach einer eigenen Familie – und will Schluss machen mit Brandanschlägen auf Menschen. Schließlich lässt sich der Ganzkörpertätowierte seine Nazi‐Tattoos weglasern.
Natürlich hingen auch die Israelis in der Oscar-Nacht vor den Fernsehern. Um die großen amerikanischen Stars zu sehen – aber auch, um in diesem Jahr mit ihren nominierten Landsleuten mitzufiebern und ihnen fest die Daumen zu halten. Und ihre Hoffnung wurde erfüllt.
»Ich bin vor fünf Jahren aus Israel hierher gezogen«, sagte der strahlende Regisseur Nattiv auf der Bühne. »Meine Großeltern sind Holocaust-Überlebende, den Fanatismus, den sie im Holocaust erlebt haben, sehen wir heute überall – in Amerika und in Europa. Dieser Film handelt von Bildung. Er dreht sich darum, den Kindern einen besseren Weg zu zeigen.« Auf Hebräisch sagte er: »Laila Tov, Israel – Gute Nacht, Israel!«
Israels Präsident Reuven Rivlin gratulierte Guy Nattiv: »Stolz, Israeli zu sein.«
Nattiv und Newman widmen den Film ihrem fünf Monate alten Baby. »Wir hoffen, dass du in einer Welt aufwachsen wirst, in der diese Dinge nicht geschehen«, sagte Jaime Ray Newman, »weil die Menschen lernen, einander zu lieben und sich gegenseitig zu akzeptieren«.
Das letzte Mal, dass ein Israeli einen Oscar gewonnen hat, ist mehr als vier Jahrzehnte her. Mosche Mizrahi wurde 1978 mit einem Acadamy Award für seinen Film Madame Rosa ausgezeichnet. Es handelte sich dabei um eine Adaption der Novelle von Du hast das Leben noch vor dir von Romain Gary.
Am Montagmorgen twitterte Israels Präsident Reuven Rivlin, er habe Nattiv eine Gratulationsbotschaft zum Sieg bei den Academy Awards geschickt habe: »Lieber Guy, der ganze Verdient für ›Skin‹ geht an Sie, Sharon und Jaime Ray. Denn dieser Film ist ein Geschenk für unsere Kinder und Enkelkinder und für die Zukunft, die wir ihnen wünschen. Stolz, Israeli zu sein. Mazal tov!«