Sie standen Schlange, um sich in das Kondolenzbuch einzutragen. Während der sieben Tage dauernden Trauerperiode Schiwa im »Peres Center for Peace« bekundeten Menschen aus dem In- und Ausland, wie sehr sie das einstige Staatsoberhaupt Israels verehrten. Tausende kamen und schrieben ihre Gedanken zum neunten Präsidenten Schimon Peres nieder, der im Alter von 93 Jahren verstorben war. »Er war ein Vorbild für die gesamte Menschheit«, schrieb einer. »Was wird vom Traum des Friedens bleiben, jetzt, wo er gegangen ist?«, fragte ein anderer.
Besonders eindrucksvolle Fotografien zierten eine lange Fensterbank im Gebäude: Ein fröhliches Bild aus den 50er-Jahren zeigt Peres und seine Ehefrau Sonia, wie sie lachend auf einem Motorrad umherfahren. Auf einem anderen ist das Ehepaar Peres in einem zärtlichen Moment mit seinen drei Kindern Tsvia, Yoni und Chemi zu sehen. Etwas weiter stand das Foto zweier beeindruckender Männer: Peres und König Hussein I. von Jordanien, wie sie sich nach dem Friedensabkommen umarmen. Daneben die Urkunde des Friedensnobelpreises. Schimon Peres lebte ein erfülltes Leben.
Jetzt ist die Schiwa vorüber, und Israel nimmt seinen Alltag wieder auf, ohne den Mann, der 66 Jahre lang so eindrucksvoll dem Staat diente. »Für mich wird er niemals ganz gehen«, macht Ravit Levi klar. Sie ist an diesem Tag von Haifa nach Jaffa gekommen, um ihrem Vorbild die letzte Ehre zu erweisen. Einige Minuten steht sie vor dem Foto von Peres, auf dem er herzlich lacht, dann zündet sie eine Gedenkkerze an, von denen bereits Dutzende auf dem Boden stehen und das Porträt erleuchten.
tränen Während sie ihre Kerze neben den anderen abstellt, läuft ihr eine Träne über die Wange. »Schimon Peres hat so viel für unser Land getan. Dabei war er nicht nur ein Politiker, sondern eine unglaubliche Person«, ist Levi überzeugt. Sie hatte das Glück, ihn während einer Feierlichkeit in der Schule, in der sie angestellt ist, kennenzulernen. »Das war ein bleibendes Erlebnis. Die Wärme, die er ausgestrahlt hat, war überwältigend. Wir Israelis müssen ihm für das, was er für uns getan hat, immer dankbar sein.«
Ähnlich äußern sich viele, die in den letzten Tagen nach Jaffa kamen. Rodrigo Buarque aus Brasilien besuchte gerade Freunde in Jerusalem, als er vom Tod Schimon Peres’ hörte. »Ich war geschockt, denn ich hatte immer das Gefühl, dieser Mann ist größer als das Leben. Eine Welt ohne Peres ist eine ärmere.« Buarque wünscht sich, dass sein Einfluss für immer anhält und Einzug in die Herzen der Menschen findet. »Denn er hat sich nicht nur dafür eingesetzt, er hat unermüdlich gekämpft, sogar wenn er belächelt oder angefeindet wurde. Daran sollten sich andere Politiker in Israel und weltweit ein Beispiel nehmen.«
Innovation Dass sein Erbe nicht in Vergessenheit gerät, dafür wird einerseits das Peres Center sorgen, das sich auf die Fahnen geschrieben hat, die Weltsicht des Namensgebers am Leben zu halten und in die Gesellschaft zu transportieren. »Building Tomorrow’s Peace« (den Frieden von Morgen bauen) lautet das Motto. Frieden müsse den Menschen Vorteile bringen, erläuterte Peres zeitlebens, »und nicht den Regierungen«.
Auch bei der Eröffnung des israelischen Innovationszentrums innerhalb des Friedenszentrums noch im Juni dieses Jahres betonte er, dass Frieden und Innovation Hand in Hand gehen müssen. Die Diplomatie habe sich dem sozialen und wissenschaftlichen Fortschritt anzupassen, so Peres. Denn: »Wissenschaft und Technik kennen schon heute keine Grenzen mehr.«
Dafür müssten Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten für junge Menschen geschaffen, die »Start-up-Nation« müsse in eine »Start-up-Region« weiterentwickelt werden, mit einer Wirtschaft, die auf Know-how und nicht auf Ressourcen basiere. Private Firmen könnten als Friedensbauer agieren. Als Beispiel nannte Peres Facebook, das mit »1,4 Milliarden Nutzern weltweit an einer besseren Infrastruktur und Bildung sowie einem höheren Lebensstandard interessiert ist«.
vision Viele Israelis hoffen, dass die positive Vision von Schimon Peres nie in Vergessenheit gerät. Einige Bürgermeister und andere Offizielle wollen ihren Teil dazu beitragen, dass der Ausnahmepolitiker in aller Munde bleibt: Die Stadtverwaltung von Givataim kündigte bereits an, eine ihrer Hauptstraßen demnächst in Schimon-Peres-Straße umzubenennen. Andere Verwaltungen wollen folgen. Verkehrsminister Yisrael Katz sagte in der vergangenen Woche: »Wir wollen uns bald mit der Familie Peres zusammensetzen, um zu besprechen, welche bedeutende Straße wir nach Schimon Peres benennen werden.«
Aussichtsreichster Kandidat sei die Stadtautobahn von Tel Aviv, derzeit nach dem Ajalon-Fluss benannt, über den sie führt. Dann würde man zukünftig nicht mehr »den Ajalon« in die Stadt nehmen, sondern »den Peres«.