Die Gerüchte halten sich bereits seit der vergangenen Wahl. Doch jetzt scheint es, als wäre es tatsächlich bald wieder so weit: Die Israelis müssen möglicherweise zum vierten Mal in weniger als zwei Jahren an die Wahlurnen. Verteidigungsminister Benny Gantz erklärte mit seinen Entscheidungen jetzt quasi offiziell, dass die Koalition vor dem Kollaps steht. Wirtschaftsminister Amir Peretz und sein Kollege im Sozialministerium, Itzik Shmulik, beide von der Arbeitspartei, stimmen ihm zu.
CHEFSESSEL Gantz, der wegen der Rotationsvereinbarung der Koalition aus Likud und Blau-Weiß als Benjamin Netanjahu als Ministerpräsident auf den Chefsessel folgen soll, scheint sicher zu sein, dass weder dies jemals geschehen noch der Haushalt bis Ende 2021 in der Knesset bestätigt wird. Jeder dieser Punkte könnte das Ende der Regierung bedeuten.
Jetzt wies Gantz seine Partei Blau-Weiß israelischen Medienberichten zufolge an, drei Gesetzesvorschläge einzubringen, die in rechtskonservativen Kreisen als umstritten oder sogar inakzeptabel gelten. In einem geht es um Gleichberechtigung, einem anderen um Leihmutterschaft und dem dritten um die Festschreibung von Grundgesetzen. Auch daran könnte die Koalition endgültig zerbrechen.
»Es kann nicht sein, dass wir mit einer Regierung weitermachen, bei der die einzige Gewissheit die Ungewissheit ist.«
Wirtschaftsminister Amir Peretz
Netanjahu erklärte im Anschluss, seine Partei werde sich nicht dafür aussprechen, die Knesset sofort aufzulösen. »Wir sind gegen Neuwahlen und für die Einheit des Volkes.« Blau-Weiß konterte: »Das Volk hat genug von Netanjahus Lügen.« In Hinsicht auf das Korruptionsverfahren gegen den Regierungschef, der derzeit in Jerusalem stattfindet, und die ständigen Verzögerungstaktiken, ein Staatsbudget zu erlassen, hieß es weiter: »Wenn es keinen Prozess gebe, hätten wir einen Haushalt.«
ETAT Wenn der Etat nicht bis Ende Dezember verabschiedet ist, werden automatisch Neuwahlen eingeleitet. Am Mittwoch soll es zudem ein Vertrauensvotum in der Knesset geben. Dann soll entschieden werden, ob das israelische Parlament aufgelöst wird. Oppositionsführer Yair Lapid, der das Gesuch eingebracht hatte, drängte Gantz, seine Forderung zu unterstützen. »In wenigen Stunden können wir das Ende der schlimmsten Regierung herbeiführen, die es in der Geschichte des Landes jemals gegeben hat.«
Die Arbeitspartei, bestehend aus drei Parlamentariern, will bei der Einbringung ebenfalls mit einem Ja stimmen. Wirtschaftsminister Peretz sagte, es könne nicht sein, »dass wir mit einer Regierung weitermachen, bei der die einzige Gewissheit die Ungewissheit ist«.
Währenddessen gewinnt die Rechtsnationale Partei Yamina von Naftali Bennett, die derzeit in der Opposition ist, mehr Stimmen. Doch auch der konservative Likud von Benjamin Netanjahu hat wieder etwas aufgeholt, nachdem er während der nationalen Lockdowns aufgrund der Pandemie viele potenzielle Wähler verloren hatte.