Knesset

Koalition rückt näher

Naftali Bennett und Yair Lapid (r.) Foto: Flash 90

In Israel wollen die Gegner von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gemeinsam eine neue Regierung bilden. Der Vorsitzende der ultrarechten Jamina-Partei, Naftali Bennett, sagte am Sonntag in Jerusalem, er werde alles unternehmen, um ein Bündnis mit Oppositionsführer Yair Lapid von der Zukunftspartei zu schließen.

Ziel ist nach Medienberichten eine Rotation im Amt des Ministerpräsidenten: Zuerst soll Ex-Verteidigungsminister Bennett dieses für zwei Jahre übernehmen, dann wäre Lapid an der Reihe.

ära Mit Vereidigung einer solchen Regierung im Parlament wäre die Ära Netanjahu vorerst beendet. Netanjahu war bereits von 1996 bis 1999 Ministerpräsident und danach seit 2009 durchgängig im Amt. Damit war er Israels am längsten amtierender Regierungschef.

Netanjahu griff Bennett nach dessen Mitteilung am Abend scharf an und warf ihm vor, er habe sein Wahlkampfversprechen gebrochen, keine Koalition mit Lapid zu bilden. Der Likud-Vorsitzende warnte vor einer »gefährlichen linken Regierung« und rief zur Bildung einer »guten rechten Regierung« auf.

Naftali Bennett sagte am Sonntag, er werde alles unternehmen, um ein Bündnis mit Oppositionsführer Yair Lapid von der Zukunftspartei zu schließen.

Bennett sagte zuvor jedoch, es sei deutlich geworden, dass die Bildung einer rechten Regierung gegenwärtig unmöglich sei. Die einzigen Optionen seien eine fünfte Wahl oder eine Einheitsregierung mit Lapid. »Die politische Krise in Israel ist weltweit beispiellos«, sagte Bennett. Er warf Netanjahu eine zerstörerische Spaltungspolitik vor.

Bei der Parlamentswahl am 23. März war Lapids Zukunftspartei, angesiedelt in der politischen Mitte, zweitstärkste Kraft hinter Netanjahus Likud geworden. Die vierte Wahl binnen zwei Jahren ergab jedoch wieder keine klaren Mehrheitsverhältnisse. Netanjahu war mit der Bildung einer Regierung gescheitert, am 5. Mai beauftragte Staatspräsident Reuven Rivlin daher Lapid. Das Mandat gilt nur noch bis Mittwoch um Mitternacht.

vereidigung Nach einer offiziellen Verkündung des Bündnisses mit Bennett müsste Lapid zunächst Rivlin informieren und hätte dann sieben Tage Zeit für die Vereidigung der Regierung im Parlament. Dafür ist eine einfache Mehrheit der 120 Abgeordneten in der Knesset notwendig.

Netanjahu griff Bennett nach dessen Mitteilung am Abend scharf an und warf ihm vor, er habe sein Wahlkampfversprechen gebrochen, keine Koalition mit Lapid zu bilden.

Netanjahu kämpfte am Wochenende weiter gegen seine Ablösung. Am Sonntag bot er Bennett sowie seinem Erzrivalen Gideon Saar von der rechtsorientierten Partei Tikva Chadascha (Neue Hoffnung) noch eine Koalition mit Rotation der drei im Amt des Ministerpräsidenten an.

In einem Twitter-Video sprach er von einem »schicksalhaften Moment für die Sicherheit, den Charakter und die Zukunft des Staates Israel«. Er drängte Bennett und Saar, »eine gefährliche linke Regierung zu verhindern«. Saar, der nach diesem Vorschlag als erster Regierungschef werden sollte, lehnte den Vorschlag jedoch ab.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Lapids Zukunftspartei führte am Sonntag Koalitionsgespräche mit Saars Tikva Chadascha (Neue Hoffnung). Sie hat bereits Vereinbarungen mit der linksliberalen Meretz-Partei, der Arbeitspartei sowie der ultrarechten Partei Israel Beiteinu von Ex-Außenminister Avigdor Lieberman getroffen. Lapid will mehrere kleine Parteien hinter sich versammeln, die im politischen Spektrum weit auseinander liegen. Es würde sich dabei vermutlich um eine Minderheitsregierung handeln, die von arabischen Abgeordneten geduldet wird.

flickenteppich Die Parteien eint vor allem die Ablehnung Netanjahus, gegen den ein Korruptionsprozess läuft. Ihre politischen Ziele klaffen jedoch weit auseinander, die erwartete Regierung ähnelt einem politischen Flickenteppich. Die Politik-Expertin Tal Schneider sagte am Sonntag, in den Koalitionsvereinbarungen wäre ein schwieriger Spagat bei Themen wie der Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern nötig.

Netanjahu sehe sie nach seiner Ablösung in der Rolle eines aktiven Oppositionsführers. »Er denkt wahrscheinlich, dass diese Regierung sehr schnell zusammenbrechen wird«, sagte Schneider. In dem Fall baue er auf seinen Sieg bei einer weiteren Neuwahl. »Er plant vermutlich, ziemlich bald eine fünfte Wahl abzuhalten.« dpa

Israel

Bernard-Henri Lévy sagt aus Protest Teilnahme an Konferenz in Israel ab

Der Schritt des französischen Philosophen erfolgte aus Protest gegen die Einladung der zwei rechten französischen Politiker Jordan Bardella und Marion Maréchal

von Michael Thaidigsmann  13.03.2025

Jerusalem/Genf

Nach Israel-kritischem Bericht: Netanjahu wirft UNHRC Antisemitismus vor

Ein UN-Bericht wirft Israel sexualisierte Gewalt gegen Palästinenser vor. Der Ministerpräsident spricht von einem »antiisraelischen Zirkus«

von Imanuel Marcus  13.03.2025

Geiseln

Avinatan lebt!

Es ist das erste Lebenszeichen der 32-jährigen Geisel. Seine Freundin, die befreite Noa Argamani, kämpft unermüdlich für ihn

von Sabine Brandes  13.03.2025

Vermisst!

Angekettet und allein

Alon Ohel wurde am 7. Oktober schwer verletzt und verschleppt

von Sabine Brandes  13.03.2025

Doha

Verhandlungen um Waffenruhe und Geiseln stocken

Die Gespräche kommen nicht voran. Welches Ziel verfolgen die Amerikaner?

 13.03.2025

Washington D.C.

Trump: Niemand will Palästinenser aus Gaza vertreiben

Der US-Präsident hat gesagt, die USA könnten den Gazastreifen besitzen und wiederaufbauen. Nun versicherte er, dass ihn aber niemand zwangsweise verlassen müsse

 13.03.2025

Nahost

Geisel-Familien fürchten Auswirkungen des Gaza-Stromlieferungsstopps

Israel hat die Stromzufuhr nach Gaza gekappt, um Druck auf die Hamas auszuüben. Angehörige der verschleppten Israelis haben bei Gericht eine Aufhebung dieses Beschlusses beantragt

 12.03.2025

Nahost

Israel und Libanon sprechen über Landgrenze

Nach einem Treffen, an dem auch die USA und Frankreich beteiligt waren, will Jerusalem mit dem Nachbarland strittige Themen erörtern

 12.03.2025

Geisel

»Zum Geburtstag schlug er mich mit einer Eisenstange«

Der 23-jährige Israeli Omer Wenkert schildert schockierende Details seiner Gefangenschaft in Gaza in einem ersten Interview

von Sabine Brandes  12.03.2025