Flüchtlingshilfswerk

Knesset verbietet UNRWA-Aktivitäten in Israel

Das Logo von UNRWA Foto: picture alliance / NurPhoto

Die Knesset billigte am Montag zwei Gesetzesentwürfe, die der UNRWA die Arbeit in Israel verbieten und ihre Aktivitäten in Gaza und im Westjordanland stark einschränken. Staatlichen Behörden wird Kontakt mit der Agentur untersagt. Die Einbringungen wurden trotz massiver internationaler Kritik mit überwältigender Mehrheit von Koalitions- und Oppositionsparteien angenommen.

Ohne Abstimmung mit Israel wird es für die UNRWA fast unmöglich sein, in Gaza oder im Westjordanland zu arbeiten, da Jerusalem keine Einreisegenehmigungen für diese Gebiete mehr ausstellen oder eine Abstimmung mit der israelischen Armee zulassen würde. Israel kontrolliert derzeit auch den Zugang von Ägypten nach Gaza.

Schwerwiegende Vorwürfe gegen Flüchtlingshilfswerk

UNRWA steht für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten. Die UN-Agentur bietet Bildung, Gesundheitsversorgung und Hilfe für Millionen von Palästinensern in Gaza, dem Westjordanland, Jordanien, dem Libanon und Syrien. Vonseiten Israels wird UNRWA schon lange vorgeworfen, terroristische Aktivitäten zu billigen und fördern und in ihren Bildungseinrichtungen Terrorismus zu glorifizieren und Hass gegen Israel zu schüren.

Mehrere UNRWA-Mitarbeiter waren beim Massaker der Hamas am 7. Oktober beteiligt.

Israel meint zudem, dass UNRWA die »palästinensische Flüchtlingskrise« für immer festgeschrieben hat, indem es die Weitergabe des Status über Generationen hinweg erlaubte. In den vergangenen Jahren erkannten die Sicherheitskräfte zusehends, dass die im Gazastreifen herrschende Terrorgruppe Hamas in die Infrastruktur des Hilfswerks eingebettet ist.

Mehrere UNRWA-Mitarbeiter waren beim Massaker der Hamas am 7. Oktober in südlichen Gemeinden Israels beteiligt. Israel geht davon aus, dass mehr als zehn Prozent der UNRWA-Mitarbeiter in Gaza Verbindungen zu Terrorgruppen pflegen. UNRWA bestreitet das.

Im Februar enthüllte die IDF die Existenz eines unterirdischen Hamas-Computerzentrums direkt unter dem UNRWA-Hauptquartier im Gazastreifen. Die IDF bestätigte, dass sich mehrfach Kommandozentralen der Hamas und bewaffnete Terroristen in UNRWA-Schulen befunden hätten.

Knesset-Gesetze erschweren Arbeit der UNRWA erheblich

Der erste der beiden verabschiedeten Gesetzesentwürfe besagt, dass »UNRWA keine Missionen durchführen, keine Dienste leisten und keine Aktivitäten – weder direkt noch indirekt – auf dem Hoheitsgebiet des Staates Israel durchführen wird.« Die Verabschiedung des Gesetzes würde UNRWA faktisch die Tätigkeit in Ostjerusalem verbieten, wo sie den Bewohnern unter anderem Bildungs-, Gesundheits- und andere Dienstleistungen bietet.

Der zweite Gesetzentwurf, der kurz darauf verabschiedet wurde, zielt darauf ab, der UNRWA gewährte Ausnahmen aufzuheben, darunter Steuerbefreiungen sowie diplomatischer Status und Immunität. Der israelische Koordinator der Regierungsaktivitäten in den Gebieten (COGAT) wird verpflichtet, seine Arbeitsbeziehungen mit UNRWA einzustellen.

Die Gesetzesentwürfe zielen darauf ab, die Arbeit von UNRWA in Israel, einschließlich Ostjerusalem, sowie im Westjordanland und Gaza, erheblich zu erschweren und der Agentur finanziellen Schaden zuzufügen. In den Einbringungen hätte UNRWA zunächst als Terrororganisation eingestuft werden sollen, was jedoch aufgrund rechtlicher Erwägungen abgeschwächt wurde.

Lesen Sie auch

Nach der Verabschiedung der Gesetzesentwürfe gab der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in den sozialen Netzwerken auf Englisch eine Erklärung ab. UNRWA-Mitarbeiter seien an terroristischen Aktivitäten gegen Israel beteiligt gewesen und müssten »zur Rechenschaft gezogen werden«. Israel sei in den 90 Tagen vor Inkrafttreten dieser Gesetzgebung und auch danach bereit, »mit unseren internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass Israel weiterhin humanitäre Hilfe für Zivilisten in Gaza leistet, ohne die Sicherheit Israels zu gefährden«.

Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, Danny Danon, veröffentlichte nach der Verabschiedung der Gesetzesentwürfe eine Stellungnahme auf X: »Israel wird weiterhin mit humanitären Organisationen kooperieren, aber nicht mit jenen, die mit Hamas-Terroristen zusammenarbeiten«.

UN und UNRWA kritisieren die Gesetze

Als Reaktion auf die »beispiellose« Abstimmung warnte UNRWA, dass die Gesetzgebung »einen gefährlichen Präzedenzfall schafft«, gegen die UN-Charta verstößt »und die Verpflichtungen des Staates Israel nach internationalem Recht verletzt«.

»Diese Gesetzesentwürfe werden das Leid der Palästinenser nur noch verstärken, insbesondere in Gaza, wo die Menschen seit mehr als einem Jahr die reinste Hölle durchmachen, und sind nichts weniger als eine Kollektivstrafe«, schrieb die Agentur in einer Erklärung.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte am Montag, dass die Umsetzung des Gesetzes »verheerende Folgen für palästinensische Flüchtlinge im besetzten palästinensischen Gebiet haben könnte, was inakzeptabel ist.« Die Agentur biete Millionen von Palästinensern Bildung, soziale Fürsorge, Nahrungsmittel und andere Dienste. »Es gibt keine Alternative zu UNRWA«, sagte er in einer Erklärung. »Die Umsetzung dieser Gesetze wäre schädlich für die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts und für Frieden und Sicherheit in der gesamten Region.«

Das Außenministerium in Jordanien nannte die Entscheidung der Knesset, die UN-Agentur für palästinensische Flüchtlinge zu verbieten, »einen Verstoß gegen das Völkerrecht und Teil des Versuchs, die Organisation zu zerschlagen«.

»Israel ist bereit, mit unseren internationalen Partnern zusammenzuarbeiten.«

Auch US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin äußerten zuvor ihre Besorgnis über die Gesetzesentwürfe und erklärten, dass die »Verabschiedung solcher Beschränkungen die humanitäre Hilfe für Gaza« sowie die Bereitstellung »lebenswichtiger« Dienste in Ostjerusalem gefährde.

Die Biden-Regierung in den USA hatte ihre Finanzierung von UNRWA nach den Enthüllungen gegen die Agentur ausgesetzt. Anschließend verabschiedete der Kongress ein Gesetz, das die Wiederaufnahme einer solchen Finanzierung bis mindestens März nächsten Jahres untersagt. »UNRWA ist seit langem eine Organisation, die Reformen benötigt. Wir unterstützen Schritte zur Stärkung der Unparteilichkeit und Neutralität des UNRWA, auch um auf Vorwürfe von Verbindungen zum Terrorismus zu reagieren«, fügte das US-Außenministerium hinzu.

Während Israel bereits eine Weile daran arbeitet, die Rolle von UNRWA bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe durch Organisationen wie das Welternährungsprogramm, UNICEF und andere zu ersetzen, ist UNRWA immer noch stark in die humanitären Operationen im Gazastreifen involviert.

In der »Times of Israel« wurde ein israelischer Beamter zitiert, der angab, dass das Sicherheitsestablishment und das professionelle Personal die politische Führung in Israel davor gewarnt hätten, das Gesetz mitten im Krieg gegen die Hamas in Gaza zu verabschieden, ohne dass ein tragfähiger Ersatz vorhanden sei.

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Israel

Arbel Yehoud und Gadi Mozes sind zurück bei ihren Familien

Die beiden Deutsch-Israelis waren 482 Tage in der Geiselhaft palästinensischer Terroristen

 30.01.2025

Geisel-Abkommen

Busse mit palästinensischen Häftlingen nach Verzögerung losgefahren

Nach Verzögerung hat Israel die Freilassung von 110 palästinensischen Häftlingen eingeleitet. Darunter befinden sich Mörder

 30.01.2025

Gaza

Israel: Vermittler garantieren sichere Geisel-Freilassung

Bei der Geisel-Übergabe im Gazastreifen kommt es zu Chaos, Israel ist empört. Die Regierung wendet sich deshalb an die Unterhändler

 30.01.2025

Israel

Israels Innenminister für jüdisch-arabische Partnerschaft

Juden und Araber in Israel sollen nach dem Willen des israelischen Innenministers zu Partnern werden. Eine Diskriminierung der nichtjüdischen Minderheit dürfe es nicht geben

 30.01.2025

Geisel-Deal

Israel verzögert Freilassung von palästinensischen Häftlingen

Der Aufschub sei eine Reaktion auf das Chaos, das sich bei der Übergabe mehrerer Geiseln im südlichen Gazastreifen ereignete, teilte Netanjahus Büro mit

 30.01.2025

Gaza/Israel

Netanjahu: »Schockierende Szenen« der Geiselfreilassung

Bei der Übergabe der Verschleppten in Gaza kommt es zu Chaos, zwei deutsch-israelische Geiseln müssen durch eine laut schreiende Menschenmenge laufen. Die Szenen lösen Empörung aus

 30.01.2025

Nahost

Zwei deutsch-israelische Geiseln nach 482 Tagen wieder in Israel

Die Streitkräfte bestätigen ihre Rückkehr. Fünf thailändische Geiseln sind ebenfalls frei

 30.01.2025

Geisel-Deal

Die Chaos-Szenen von Chan Junis

Bei der Übergabe der Deutsch-Israelin Arbel Yehoud ans Rote Kreuz im südlichen Gazastreifen kam es zu verstörenden Szenen. Das Entsetzen darüber ist in Israel groß

 30.01.2025 Aktualisiert