Während der Kinneret nach reichen Regen- und Schneefällen im vergangenen Winter fast wieder seine Kapazitätsgrenze erreicht hat, sinkt der Wasserspiegel des Toten Meers ständig – um jährlich mehr als einen Meter. Zwar sind die gerade 100 Kilometer auseinanderliegenden Seen durch den Jordan verbunden. Aber wegen des starken Verbrauchs zur Bodenbewässerung im Einzugsgebiet gelangt immer weniger Wasser bis zum Toten Meer. Eine Folge sind rund um das Gewässer ständig neue gefährliche Sinklöcher und riesige Hohlräume. Zudem wird der Fußweg von den beliebten Badeanstalten wie En Gedi zum Wasser immer weiter.
Ein Team vom Geoforschungszentrum Potsdam hat nun zusammen mit Kollegen der Hebrew University Jerusalem mit modernsten Methoden die Klimageschichte des Toten Meeres erforscht – und in einer Studie interessante Erkenntnisse vorgelegt. Am Ende der Eiszeit war der Wasserspiegel innerhalb kurzer Zeit um 250 Meter gesunken, und der einst riesige Lisan-See war im südlichen Teil zum Toten Meer geschrumpft.
sedimente Zur Untersuchung der Klimageschichte haben die Forscher 15.000 Jahre alte Sedimente aus dem Toten Meer und seiner Umgebung insbesondere aus der Nähe der Bergfestung Masada untersucht. Sie hätten mit »bisher unerreichter Genauigkeit« den Ablauf von Wetterprozessen gezeigt: wie lange Dürreperioden und Phasen eines starken Wasserspiegelabfalls immer wieder durch einige zehn bis 100 Jahre andauernde feuchte Perioden unterbrochen wurden.
Die starken klimatischen Änderungen in der Vergangenheit seien sehr dynamisch und keinesfalls linear verlaufen. Zeiten starker Änderungen hätten sich mit stabileren Phasen abgewechselt. Der genaue Grund für diese Klimapausen in der Region ist noch immer unklar, aber das Team vermutet mögliche Verbindungen zum Klima im Nordatlantik.
Die klimatische Rekonstruktion anhand der Sedimente ermöglicht nach Ansicht der Forscher auch neue Erkenntnisse zur Siedlungsgeschichte dieser für die Menschheitsentwicklung bedeutenden Gegend. Die Region gilt als eine Wiege antiker Kulturen. Klimatisch stabile Phasen könnten die kulturellen Entwicklungen begünstigt, Migrationsbewegungen beeinflusst und kulturelle Aufstiege und Einbrüche begünstigt haben.
rekonstruktion Und die Klima-Rekonstruktion ermögliche auch eine bessere Einschätzung aktueller und künftiger Entwicklungen, die vom Klimawandel getrieben seien, so der Bericht. Denn gerade in einer so hochsensiblen Region wie dem östlichen Mittelmeerraum, in dem die Verfügbarkeit von Wasser ein wichtiger Faktor für die sozioökonomische und politische Entwicklung ist, sei es sehr wichtig zu verstehen, »wie sich der Wasserkreislauf als Reaktion auf den globalen Klimawandel verändert«.
Die Potsdamer Forscher entwickelten dazu neue hochauflösende analytische Verfahren, um aus der Schichtung der Sedimente und ihrer geochemischen Zusammensetzung genauen Aufschluss selbst über jahreszeitliche Ablagerungsprozesse und so über Art, Dauer und Verlauf klimatischer Phasen zu gewinnen. Dazu seien etwa lichtmikroskopische Verfahren mit dem Röntgenfluoreszenzscanner kombiniert worden.
Besonders überrascht zeigten sich die Forscher, dass es während der feuchteren Phasen teils über mehrere Jahrzehnte keine extremen Hochwasser gegeben habe. Denn solche Unwettereinbrüche mit mitunter verheerenden Folgen sind in dieser Region heute typisch.