Sie waren fast so viele wie die Tiere. Mehr als 100 Zoodirektoren aus ganz Europa spazierten vor Kurzem durch den biblischen Tierpark in Jerusalem, schauten bei den Bären vorbei, bestaunten die Greifvögel, unterhielten sich mit den Affen. Gekommen waren sie zur ersten Konferenz ihrer Vereinigung, der European Association of Zoos and Aquarias (EAZA), in der israelischen Hauptstadt.
Schai Doron, Gastgeber und Direktor des Jerusalemer Zoos, fühlte sich ob der vielen Kollegen zutiefst geehrt. Er gab den Direktoren einen Überblick über sein etwas mehr als 26 Hektar großes Areal mit den verschiedenen Arten der Fauna. »Wir gelten heute als einer der führenden Zoos in Europa«, sagte er mit Stolz in der Stimme und fügte hinzu: »Unser größter Schatz aber ist die Tatsache, dass wir ein Treffpunkt für alle Menschen sind. Egal, ob palästinensisch, säkular, orthodox. Sie sind hier alle herzlich willkommen.« Doron betonte, dass das in dieser Stadt keine Selbstverständlichkeit sei. Es scheint, als spreche er fast lieber über die Besucher als die Bewohner seines Tiergartens.
Politik Dass Tierliebe Brücken bauen kann, davon ist das gesamte Zooteam überzeugt. Neben den europäischen Gästen waren an diesem Tag noch zwei andere beim Rundgang dabei. Der Chefveterinär und sein Stellvertreter aus dem Zoo in Kalkilia, jenseits der Grenze in den Palästinensergebieten. Doron hat sie extra hinzugebeten. »Die Zusammenarbeit mit Kalkilja ist hervorragend, wir tauschen uns regelmäßig aus, sie bekommen von uns Unterstützung und Anleitung, wo es nur geht, auch Arzneien und Tiere. Es sind extrem engagierte Leute, und es macht Spaß, mit ihnen zusammenzuarbeiten.«
Politisches brachte auch Pressesprecherin Sigalit Dvir-Hertz ein. Mit Begeisterung erzählte sie die Geschichte von Gabi, dem asiatischen Elefanten. Der ist nämlich kurz nach dem Vorfall mit der Gazaflotille noch in die Türkei verschickt worden. »Trotz aller diplomatischen Schwierigkeiten haben wir es gemeinsam mit dem türkischen Team durchgezogen. Beide Seiten hatten so lange und viel dafür gearbeitet – und alle haben sich wahnsinnig gefreut, dass es geklappt hat.«
Naturschutz Außerdem ist der biblische Zoo für seine herausragenden Tiererhaltungsprogramme berühmt. Neben dem bereits viele Jahre andauernden Aufzuchtprogramm für Gänsegeier, die regelmäßig in Gamla ausgesetzt werden, gibt es das Projekt Mesopotamischer Damhirsch. Diese Tierart galt bereits als ausgestorben. Durch ein Geschenk des Schahs von Persien – der Jerusalem einst vier Tiere überließ – und den unermüdlichen Einsatz des Zoos leben die Hirsche wieder in den Waldgebieten um Jerusalem und in Galiläa.
Auch Udo Nagel ist voll des Lobes für den biblischen Zoo. Bei einem Spaziergang entlang der Gehege zeigt sich der Direktor des Rostocker Tierparks von der Schönheit der Jerusalemer Anlage begeistert. Besonders angetan hat es ihm das neue Schimpansenareal. An der Decke hängen Ventilatoren, die im Sommer kaltes Wasser auf die Affen sprengen. »Ein Affenhaus mit Kühlung, das kennen wir bei uns ja nun wirklich nicht«, bemerkte Nagel schmunzelnd. Der deutsche Zoochef arbeitet derzeit an einem Programm mit Schulkindern in verschiedenen Ländern, für das er auch gern die Israelis gewinnen würde.
Zusammenarbeit Einige Direktoren konnten sich bei dem Besuch zudem vom Wohlbefinden der Tiere überzeugen, die einst aus ihren eigenen Zoos gen Jerusalem geschickt wurden. Aus Lissabon kam vor einigen Monaten ein Siamang Gibbon, der heute von seinem Gehege aus die Besucher mit lauten Schreien begrüßt. Amsterdam hatte Pinguine geschickt, die sich zwischenzeitlich so stark vermehrt haben, dass Jerusalem bald selbst Exemplare davon in andere Tiergärten exportieren kann.
Vor fünf Jahren ist Israel Mitglied der EAZA geworden und sehr stolz auf die Konferenz im eigenen Land. EAZA ist die größte Zoo-Organisation weltweit, die das europäische Programm zur Rettung gefährdeter Arten unterhält. Schai Doron: »100 Zoodirektoren aus Europa kommen nach Israel, nach Jerusalem. Das heißt, die israelisch-europäische Beziehung ist noch intakt. Und das freut uns riesig.«