Glosse

Kim Kardashian und Gelee-Bananen

Seit einiger Zeit wird Tel Aviv von den Werbeplakaten der Brillenmarke »Carolina Lemke Berlin« überzogen. Eine makellose Kim Kardashian blickt von unzähligen Hochhauswänden auf mich herab. Wobei herabblicken nicht ganz richtig ist, denn ich kann ihre Augen überhaupt nicht erkennen. Sie werden verdeckt von einer futuristischen Sonnenbrille, die eher an eine Skibrille erinnert.

Mindestens zehn Meter hoch und fünf Meter breit sind die Werbebanner. Auf 50 Quadratmetern das Gesicht von Kim Kardashian. Die Frau hat nicht einmal den winzigsten Leberfleck oder die Andeutung eines Fältchens. Stattdessen sind die kleine Nase und der voluminöse Mund so perfekt geformt, dass ich beim Vorbeifahren Gefahr laufe, einen Unfall zu verursachen, weil ich Kim anstarre, statt auf den Straßenverkehr zu achten. Wie hypnotisiert bin ich von ihren Augenbrauen. Herrje, was gäbe ich für solche Augenbrauen ...

Ich weiß nicht, ob dieser eingängige Frauenname und das bei Israelis so beliebte Berlin Einfluss auf das Kaufverhalten möglicher Kunden haben.

markenname »Carolina Lemke Berlin« gibt es gar nicht. Es ist einfach nur ein Markenname. Weder heißt die Firmenbesitzerin Carolina, noch stammt das Unternehmen aus Berlin. Ich weiß auch nicht, ob dieser eingängige Frauenname und die bei den Israelis so beliebte deutsche Hauptstadt Einfluss auf das Kaufverhalten möglicher Kunden haben. Ich für meine Person hätte zwar gern den Porzellan-Teint von Frau Kardashian, ihre Brille aber keineswegs. Mir steht dieses hypermoderne Zeug einfach nicht.

Die mir vertrauten Süßigkeiten in den Tel Aviver »Tiv Taam«-Supermärkten haben hingegen einen gewaltigen Einfluss auf mich. Auch auf meinen Gesichtsausdruck. Gut gelaunt bin ich ja ohnehin meistens, aber entdecke ich auf der Dizengoff Street völlig unverhofft in einem der besagten Geschäfte Schokolade, Waffeln oder Marmelade aus Deutschland, muss ich lachen. 4000 Kilometer entfernt von zu Hause an einem Ort, zu dem Halva, Datteln und Co. definitiv besser passen als ausgerechnet Gelee-Bananen made in Germany.

russen Womöglich ordern die »Tiv Taam«-Supermarktleiter den Süßkram, weil vielen Russen, die dort bevorzugt einkaufen, deutsche Produkte vertraut sind? Vielleicht waren sie Anfang der 90er-Jahre in Berlin, Hamburg und Köln, bevor sie sich entschlossen, Alija zu machen und Israelis zu werden?

Bei »Tiv Taam« gibt es sowohl Leberwurst, Salami als auch Schweineschinken, während die abgepackte Pastrami direkt neben dem Joghurt im Kühlregal aufbewahrt wird.

Aber wir alle wissen: Du kannst reisen, so weit du willst, du kannst Moskau hinter dir lassen und in Bat Yam ansässig werden, die Seele geht zu Fuß. Weswegen auch ich nicht ganz frei bin von der Versuchung, Gelee-Bananen in einer quittengelben Pappschachtel mit deutschsprachiger Inhaltsangabe zu kaufen, und zwar in einem Supermarkt, in dem es sowohl Leberwurst, Salami als auch Schweineschinken gibt, während die abgepackte Pastrami direkt neben dem Joghurt im Kühlregal aufbewahrt wird.

adventskalender Und in dem ich tatsächlich Anfang Januar noch einen mit Schokolade gefüllten Adventskalender entdeckte. Es bedurfte vieler ausufernder Erläuterungen (so ganz adventskalenderbedeutungssicher bin ich nämlich auch nicht) und wildem Gestikulieren mit Händen und Füßen, um meinen israelischen Freunden zu erklären, was es damit auf sich hat. Und als ich es dann doch irgendwie geschafft hatte, kam die alles entscheidende Frage: Aber warum Anfang Januar? Ani lo yodaat, ich weiß es nicht.

Ich vermute, dass die Aufsteller mit den Kalendern mittlerweile durch deutschsprachige Osterhasen ersetzt wurden. Wenn die dann Mitte August im »Tiv Taam«-Supermarkt immer noch auf Käufer warten, werde ich davon berichten.

Internationaler Strafgerichtshof

Netanjahu: »Verfahren wird wie Dreyfus-Prozess enden«

Gegen Israels Ministerpräsidenten wurde ein internationaler Haftbefehl erlassen – nun wehrt er sich mit scharfen Worten

 21.11.2024

Den Haag

Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant erlassen

Der Internationale Strafgerichtshof hat am Donnerstag einem Antrag des Chefanklägers Karim Khan stattgegeben

von Michael Thaidigsmann  21.11.2024

Nahost

Israelischer Historiker bei Feldstudie im Südlibanon getötet

Der Wissenschaftler wollte in der Kampfzone eine Festung studieren

 21.11.2024

Nahost

Ringen um Waffenruhe: Amerikanischer Vermittler optimistisch

Amos Hochstein trifft heute Benjamin Netanjahu

 21.11.2024

Charedim

Wehrpflicht für alle?

Unter Israels Reservisten wächst der Unmut über die Ausnahmeregelung

von Sabine Brandes  21.11.2024

Vermisst

»Meinem Vater ist kalt«

Ohad Ben Ami wurde ohne Kleidung gekidnappt

von Sabine Brandes  21.11.2024

Libanon/Israel

US-Vermittler: Fortschritte im Ringen um Waffenruhe

Amos Hochstein bringt Bewegung in die Verhandlungen

 20.11.2024

Nahost

Lebensmittelpreise in Gaza wohl stark gestiegen

Nach der Plünderung eines großen Hilfskonvois ist die Lage schlimmer geworden

 20.11.2024

Düsseldorf

Heine-Preis für israelischen Autor David Grossman

Die Publizistin Carolin Emcke wird die Laudatio halten

 20.11.2024