Interview

»Es war der größte Raketenangriff der letzten Jahrzehnte«

Israels Diaspora-Minister Amichai Chikli über die Attacke des Iran und westliche Kritik an der Militäroperation in Gaza

von Michael Thaidigsmann  17.04.2024 16:39 Uhr

Sieht Katar als »Feind Israels« an: Diasporaminister Amichai Chikli Foto: Michael Thaidigsmann

Israels Diaspora-Minister Amichai Chikli über die Attacke des Iran und westliche Kritik an der Militäroperation in Gaza

von Michael Thaidigsmann  17.04.2024 16:39 Uhr

Herr Chikli, am Wochenende wurde Israel direkt vom Iran aus angegriffen. Manche sagen, dies sei nur ein symbolischer Akt der Vergeltung für Israels Angriff auf ein iranisches Gebäude in der syrischen Hauptstadt Damaskus gewesen. Was entgegnen Sie?
Es handelte sich keineswegs um einen kleinen Angriff, ganz im Gegenteil: Das war der größte Raketenangriff, den wir in den letzten Jahrzehnten in der Region erlebt haben. Es waren fast 200 Drohnen, 110 ballistische Raketen mit jeweils 300 Kilogramm Sprengstoff und 38 Marschflugkörper, die da in kürzester Zeit auf Israel abgefeuert wurden. Ja, es ist uns, gemeinsam mit unseren Verbündeten, gelungen, den Schaden in Grenzen zu halten. Nur sieben ballistische Raketen sind auf israelischem Gebiet eingeschlagen, aber kein Marschflugkörper und keine Drohne. Dennoch war das ein massiver Angriff.

In welcher Form wird Israel darauf reagieren? Hier in Europa fordern viele Israel zur Zurückhaltung auf, um keinen Flächenbrand zu riskieren.
Wir sollten unsere Reaktion auf den Angriff nicht auf der Effizienz unseres Verteidigungssystems bewerten, sondern auf Basis der Absichten der Iraner. Mit anderen Worten: Wir müssen das so behandeln, als habe jede einzelne dieser Geschosse ihr Ziel getroffen. Und vergessen Sie bitte nicht: Eine der Raketen landete in der Negev-Wüste, in der Nähe eines Beduinendorfes. Ein Mädchen liegt jetzt schwer verletzt in einem Krankenhaus in Beer Sheva.

Teheran behauptet, der Angriff sei eine legitime Reaktion auf den israelischen Angriff auf die iranische Vertretung in Damaskus gewesen. Glauben Sie mir, wir haben deren Botschaft nicht angegriffen. Ziel war vielmehr ein Gebäude neben der Botschaft, das als Terrorstützpunkt diente und daher ein legitimes Ziel war. Bislang hat der Iran nur seine Proxys, seine Handlanger gegen uns eingesetzt, die Huthis oder die Hamas. Jetzt hat er die Maske fallen lassen. Wir wissen natürlich seit langem, und der Iran hat das auch zugegeben, dass er an der Planung des Massakers vom 7. Oktober beteiligt war. Hassan Mahdavi, der General, der Anfang April in Damaskus eliminiert wurde, war persönlich involviert. Wir haben es mit einer direkten Bedrohung durch den Iran zu tun.

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Dennoch gibt es im Westen wenig Unterstützung für einen Gegenschlag Israels gegen den Iran ...
Dies ist kein Krieg zwischen Israel und dem Iran. Es ist vielmehr ein Krieg der westlichen Zivilisation gegen ein fanatisches, barbarisches Regime, das nicht nur im Iran, sondern überall auf der Welt eine Sittenpolizei patrouillieren lassen möchte. Die Revolutionsgarden verfolgen ein Konzept, das auf Persisch »Inqilab« heißt. Sie wollen die iranische Revolution über die Grenzen des Landes in alle Welt tragen. Das ist ihnen im Nahen Osten bereits ganz gut gelungen. Schauen Sie sich den Irak an. Er wird heute vom Iran aus regiert. Oder nehmen Sie Syrien, das von Iran und Russland dominiert wird. Oder blicken Sie auf den Libanon, wo die Hisbollah wichtigste politische Kraft ist. Die iranische Expansion ist also bereits Realität im Nahen Osten. Wo immer sich der Iran einmischt, bringt er Zerstörung, Chaos und Terror. Israel ist stolz darauf, den Krieg gegen die Islamische Republik zu führen. Wir haben keine Angst vor ihr.

Was kann getan werden, um das Regime zu stoppen?
Der Iran kann frei sein, er wird eines Tages frei sein! Der größte Feind dieses Regimes ist doch das eigene Volk. Ich möchte die Studenten an europäischen Universitäten dazu aufrufen, mal ihre Slogans zu ändern und statt »Free Palestine« besser »Freiheit für den Iran« zu rufen.

Israels Minister für Diaspora-Angelegenheiten beim Pressegespräch in BrüsselFoto: Michael Thaidigsmann

Der Iran ist aber nicht Israels einziges Problem, oder?
Nein. Wir müssen uns auch mit anderen Akteuren wie dem Staat Katar befassen, der ein äußerst gefährlicher und feindlicher Staat ist, ein Feind Israels. In Katar sitzt der einflussreichste dschihadistische Propaganda-Sender namens Al Jazeera. Dessen Propaganda wird weltweit in fast allen Sprachen ausgestrahlt. Und diese Propaganda ist es, die letztlich viele Menschen in Europa auf die Straße treibt, um gegen Israel zu protestieren.

Spielt Katar nicht eine maßgebliche Rolle in den Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln?
Ich finde, Israel hat einen Riesenfehler gemacht, als es Katar bat, als Vermittler tätig zu werden. Ich weiß, dass ich mit dieser Aussage meine eigene Regierung kritisiere. Aber ich fühle mich verpflichtet, hier offen meine Meinung zu sagen. Anders als Ägypten oder Saudi-Arabien ist Katar für mich kein ehrlicher Makler. Katar ist die wichtigste Finanzierungsquelle der Hamas. Katar war folglich an den Massakern des 7. Oktober beteiligt. Katar ist auch eine Bedrohung für europäische Länder, indem es Moscheen kauft oder in andere Dinge Geld investiert. Gleichzeitig betone ich: Wir befinden uns nicht im Krieg gegen Muslime, im Gegenteil: Wir streben nach Frieden mit den gemäßigten islamischen Ländern. Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko haben wir ja bereits große Erfolge erzielt und werden das fortsetzen.

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Was ist mit der Hisbollah? Kann es sich Israel momentan überhaupt leisten, im Norden eine weitere Frontlinie zu eröffnen?
Wir dürfen nicht vergessen, dass es die Hisbollah war, die mit diesem Krieg begonnen hat. Zehntausende Israelis mussten ihretwegen die Wohnungen und Häuser verlassen. Wir möchten, dass sie bald nach Hause zurückkehren und ihre Kinder wieder zur Schule schicken können. Damit das gelingt, müssen wir dafür sorgen, dass die Hisbollah sich endlich nördlich des Litani-Flusses zurückzieht, wie es in der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats vereinbart wurde. Ich glaube nicht, dass das auf diplomatischem Wege möglich sein wird. Daher müssen wir uns auf eine Militäroperation gegen die Hisbollah vorbereiten. Wir sind unseren Staatsbürgern und unserer Souveränität verpflichtet. Deshalb ist es unvermeidlich, dass wir diese Organisation bekämpfen.

Wo steht Israel in seinem Bestreben, die Hamas in Gaza zu zerstören?
Die Hamas will überleben, aber Israel darf das nicht zulassen. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Hamas zerstört werden muss, dass sie zerstört werden wird! Es gibt aktuell noch fünf kampffähige Hamas-Bataillone in Rafah, also rund 7000 Terroristen. Darüber hinaus hat die Hamas noch ein oder zwei funktionierende Bataillone im Zentrum von Gaza, und das war’s. Ursprünglich waren es 25 Hamas-Bataillone. Wir haben also große Fortschritte gemacht, auch wenn dies der vielleicht komplizierteste Krieg ist, den wir seit dem Unabhängigkeitskrieg 1948 führen mussten.

Warum ist er so kompliziert zu führen?
Ich hatte kürzlich das Privileg, einige Tage lang bei unseren Truppen in Gaza zu sein. Dort konnte ich folgendes beobachten: Der Feind trägt keine Waffen, wenn er sich von Punkt A nach Punkt B bewegt. Er nimmt nur dann die Waffen auf, wenn er ein bestimmtes Gebäude oder eine bestimmte Position erreicht hat, das heißt, wenn er angreift. Waffen liegen in fast in jedem zweiten Haus im Gaza-Streifen. Die Hamas-Leute tun die meiste Zeit so, als seien sie unbewaffnete Zivilisten.

Die westlichen Länder sind äußerst besorgt über die humanitäre Lage in Gaza. Was sagen Sie dazu?
Es ist extrem schwierig, genaue Opferzahlen zu ermitteln. Wir haben auch keine. Das von der Hamas geführte Gesundheitsministerium in Gaza, das ständig Zahlen herausgibt, ist dasselbe, das auch behauptete, es seien mehrere Hundert Menschen im Al-Ahli-Krankenhaus bei einem israelischen Raketenangriff ums Leben gekommen. Eine europäische Untersuchung ergab später, dass dort höchstens 50 Menschen umgekommen waren – durch eine vom Palästinensischen Islamischen Dschihad abgefeuerte Rakete. Mit anderen Worten: Wir können uns auf die Zahlen des Gesundheitsministeriums der Hamas überhaupt nicht verlassen. Hinzu kommt: Mindestens die Hälfte der angeblich 30.000 Toten, sind Menschen, die in kriegerische Handlungen verwickelt waren. Was ich in jedem Fall kategorisch ausschließen kann, ist, dass Israel absichtlich auf Zivilisten schießt. Jeder einzelne unserer Angriffe gilt militärischen Einrichtungen, Terroristen und deren Infrastruktur. Und immer, wenn wir irgendwo reingehen mit Infanterie, verschicken wir schon Tage vorher Warnungen, damit Zivilisten die Kampfzone rechtzeitig verlassen können.

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Dennoch sagen Beobachter, die Zahl der zivilen Opfer in Gaza sei viel zu hoch. Haben Sie denn keine Angst, die Unterstützung des Westens für Ihre Kriegsanstrengungen verlieren?
Wir haben schlicht keine Wahl! Die Gräueltaten vom 7. Oktober, die Vergewaltigungen, die Hinrichtungen, die Folterungen ganzer Familien haben das wahre Gesicht der Hamas gezeigt. Wir können es nicht zulassen, dass die Hamas überlebt. Wir müssen diesen Krieg erfolgreich beenden. Und anders als beim Krieg in der Ukraine, in dessen Folge alle Nachbarstaaten Flüchtlinge aufnahmen, haben leider weder Ägypten noch die anderen arabischen Staaten bislang Bereitschaft gezeigt, Flüchtlinge aus Gaza aufzunehmen. Das sagt viel darüber aus, wie sehr sie sich wirklich um den Schutz und die Belange der Palästinenser scheren. Dieses Gebiet ist eng besiedelt, die Hamas schießt mitten aus der Bevölkerung heraus auf uns, ja, sie benutzt die Bevölkerung auf brutale Weise, um sich selbst zu schützen. Das ist die Realität! Es ist eine harte Realität. Wir können auf keinen Fall akzeptieren, dass die Hamas weiterhin den Gazastreifen kontrolliert oder dass sie ein wichtiger Akteur in der Region bleibt.

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Wenn Israel in Rafah angreift, wie kann es da sicherstellen, dass die mehr als eine Million Zivilisten in dem Gebiet unversehrt bleiben?
Vor der  Operation in Rafah werden die Menschen, genau wie zuvor in anderen Gebieten des Gazastreifens, vorgewarnt und aufgefordert, sich in sichere Zonen begeben, zum Beispiel im Zentrum von Gaza oder nach Khan Yunis.

Es gibt Berichte, dass viele Geiseln der Hamas mittlerweile nicht mehr am Leben sind. Wie sieht die Strategie Ihrer Regierung aus, um die verbliebenen Geiseln zu befreien bzw. ihre Freilassung zu erreichen?
Es gibt 133 Geiseln, von denen wir nicht wissen, wie es ihnen geht oder wo sie sind. Einige von ihnen befinden sich in der Hand der Hamas, andere in der des Palästinensischen Islamischen Dschihad. Ein Problem, mit dem wir konfrontiert sind, ist, dass sich die amerikanische Position in den letzten Monaten verändert hat. Wir werden mittlerweile stark unter Druck gesetzt, auf keinen Fall nach Rafah zu gehen. Das macht es sehr schwierig, ein Geiselabkommen zu erreichen. Meiner Meinung nach verfolgen die USA die falsche Strategie. Der einzige wirksame Weg, unsere Leute nach Hause zu bringen, ist starker militärischer Druck auf die Hamas und die Beseitigung ihrer Führer.

Aber der militärische Druck der letzten sechs Monate war nun nicht gerade erfolgreich, oder?
Da bin ich anderer Meinung. Wir hatten im November ein erstes Geiselabkommen, in dessen Rahmen die meisten entführten Frauen und Kinder sowie einige der älteren Menschen freigekommen sind. Dieses Abkommen kam erst nach einer massiven Militäroperation im nördlichen Teil des Gazastreifens zustande. Derzeit haben wir noch keine Operation in Rafah, aber es wird sie geben. Wir haben keine andere Wahl. Wir hoffen, dass eine solche Operation auch die Lage der Geiseln verbessern wird.

Einen Waffenstillstand schließen Sie also aus?
Wir können nicht über einen Waffenstillstand sprechen, ohne dass die Geiseln freikommen. Solange die Hamas in Gaza eine funktionsfähige Organisation ist, können wir auch nicht über einen Waffenstillstand sprechen.

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Was ist Israels Strategie für den Fall, dass der Krieg endet? Wer soll Gaza regieren?
Bevor wir über den »Day After«, den Tag danach, reden, sollten wir uns auf die Gegenwart konzentrieren. Derzeit ist die Hamas noch an der Macht. Sie besitzt noch funktionierende Bataillone. Es könnte noch ein halbes Jahr dauern, bis wir diese Mission erfolgreich abgeschlossen haben. Danach wird es sicher eine Art Militärverwaltung geben, die die Verwaltung übernimmt. Und das so lange, bis eine Koalition von Staaten sich findet, die bereit sind, die Verantwortung in Gaza zu übernehmen.

An welche Staaten denken Sie da?
Die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Ägypten sind Akteure, die in den Wiederaufbau des Gazastreifens und in die Deeskalationsbemühungen einbezogen werden müssen. Gleichzeitig brauchen wir die Unterstützung der USA, der EU und anderer. Wir müssen sicherstellen, dass Katar nicht involviert ist, weil es im Grunde die gleiche Ideologie propagiert wie die Hamas oder Erdogans AKP in der Türkei. Die gehören alle derselben ideologischen Strömung an.

Der Likud-Politiker ist Sohn eines Rabbiners, wuchs in einem Kibbuz auf und gilt als Hardliner in der Regierung NetanjahuFoto: Michael Thaidigsmann

Welche Rolle sollte Europa in dieser Hinsicht spielen?
Ein wichtiger Aspekt ist, die Finanzierung des Hilfswerks UNRWA einzustellen und das Geld stattdessen anderen humanitären Organisationen zukommen zu lassen. Die UNRWA ist doch Teil des Problems. Wir wissen, dass mindestens 485 ihrer Mitarbeiter in Gaza Mitglieder des militärischen Flügels der Hamas oder anderer palästinensischer Terrorgruppen sind. Mindestens 1450 UNRWA-Mitarbeiter sind Mitglieder des politischen Flügels der Hamas. Zweitens sollte Europa gegen das Unterstützungsnetzwerk vorgehen, gegen radikale Organisationen wie Samidoun. Wenn diese Organisationen geschlossen und ihre Anführer des Landes verwiesen würden, hätten wir eine andere Realität auf den Straßen Europas. Dann wären sie ein sicherer Ort für die Juden. Ich bin froh, dass Deutschland treibende Kraft in Europa ist, wenn es darum geht, Maßnahmen gegen Terrororganisationen zu ergreifen. Und drittens muss Europa entschlossener gegen den Iran und gegen den radikalen Islam vorgehen. Es muss für unsere westliche Lebensweise eintreten. Das ist ein Krieg zwischen gegensätzlichen Ideologien, und jeder, der an liberale westliche Werte glaubt, sollte sich an die Seite Israels stellen und gegen die Hamas, gegen den Iran.

Viele Menschen würden jedoch argumentieren, dass eine Ideologie nicht durch Krieg besiegt werden kann.
Wenn man eine Ideologie besiegen will, muss man ihr zunächst die Macht wegnehmen. Man muss sie entwaffnen, bevor man sie zurückdrängen kann. Wir müssen Katar schwächen und nicht stärken. Wenn wir Al Jazeera schalten und walten lassen, brauchen wir nicht überrascht zu sein, wenn es hier seine Propaganda verbreitet. Oder wenn Katar radikale muslimischen Organisationen finanziert. Wenn man all das zulässt, hat man schon verloren.

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In Brüssel nahm Amichai Chikli an einem umstrittenen Kongress von »Nationalkonservativen« teil, der vom Brüsseler Bürgermeister untersagt wurde, später aber doch stattfinden durfte.

Die europäischen Regierungen beharren darauf, dass ein Nachkriegsszenario eine Zweistaatenlösung, das heißt einen palästinensischen Staat, beinhalten sollte. Stimmen Sie dem zu?
Einen palästinensischen Staat als Folge des 7. Oktobers zu fordern, ist einfach verrückt! Das bedeutet doch, dass man an einem Samstagmorgen in israelische Dörfer einmarschieren, Eltern vor den Augen ihrer Kinder hinrichten, Frauen vergewaltigen und hinrichten darf und dann einen Staat bekommt. Das ist inakzeptabel! Vergessen Sie nicht, dass es schon einmal so etwas wie einen Staat in Gaza gab. Wir haben unsere Leute 2005 dort herausgeholt, haben die Palästinensische Autonomiebehörde eingesetzt, um die Regierung zu übernehmen. Mit dem Ergebnis, dass die Hamas die Macht übernahm und der 7. Oktober passiert ist. Sollen wir dasselbe jetzt im Herzen Israels, in den Bergen von Judäa und Samaria, wiederholen? Das halte ich nicht für vernünftig.

Sie sind Israels Minister für Diaspora-Angelegenheiten. In Europa hat der Antisemitismus stark zugenommen. Was ist Israels Antwort darauf?
Das beunruhigt uns in der Tat sehr. Wir tauschen Informationen mit den europäischen Regierungen aus, ebenso wie die europäischen Regierungen das untereinander tun. Aber es ist im Wesentlichen Sache der europäischen Regierungen, wie sie mit diesem Problem umzugehen. Ein wichtiger Aspekt ist die Einwanderung. Die Idee des Multikulturalismus, der Gedanke, dass man eine große Anzahl von Menschen aus dem Irak oder Syrien aufnehmen und gleichzeitig die westlichen Werte retten kann, ist problematisch. Schauen Sie nur nach Malmö in Schweden. Dort gab es einst eine starke jüdische Gemeinde. Heute ist das einer der gefährlichsten Orte für Juden in Europa. Deshalb bin ich dankbar, dass Deutschland gegen Demonstranten vorgeht, die Parolen wie »Vom Fluss zum Meer« rufen. Denn Leute, die so etwas rufen, wollen im Grunde nur einen weiteren 7. Oktober.

Das Interview mit dem Likud-Politiker und israelischen Minister für Diasporaangelegenheiten führte unser EU-Korrespondent Michael Thaidigsmann in Brüssel.

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