Die Farben sind grau und schwarz, die Stimmung ist düster. Auf dem Plakat neben einer der Hauptkreuzungen vor der Tel Aviver Autobahn sind vier Männer abgebildet, als kämen sie aus dem Dunkel. Vier Journalisten. Darüber steht in fetten Lettern: »Sie werden nicht entscheiden.«
Eines haben die Reporter gemeinsam: Sie alle haben über die Korruptionsvorwürfe gegen Premierminister Benjamin Netanjahu berichtet. Der Likud wirft Journalisten Einflussnahme in den Wahlkampf vor.
ANONYM Zunächst waren die Poster vor rund einer Woche völlig anonym aufgetaucht, kein Name, keine Partei war darauf zu entdecken. Doch nach der Kritik aus Oppositionskreisen, darunter von Itzik Schmuly von der Arbeitspartei und Zipi Livni (Hatnua), tauchen neue Plakate auf.
Der Likud wirft den Journalisten Einflussnahme in den Wahlkampf vor.
Dieses Mal mit dem Urheber: Likud. Die Regierungspartei übernahm die Verantwortung. Außer dem ursprünglichen Satz stand nun unter den Gesichtern von Guy Peleg, Raviv Drucker, Ben Caspit und Amnon Abramovich geschrieben: »Ihr entscheidet! Dafka Netanjahu. Likud.« Das Wort »Dafka« steht für »jetzt erst recht« oder »in jedem Fall«.
Zur selben Zeit wurde auch eine Facebook-Kampagne unter diesem Motto veröffentlicht. Auch sie ohne Angabe der Quelle. Hier stand neben den Bildern der Journalisten: »Wenn es nach ihnen ginge, wäre Jerusalem geteilt, und die US-Botschaft hätte sich in Ramallah niedergelassen.« Erst am Sonntag wurden die Seiten mit dem Zusatz »Likud« aktualisiert.
Eines haben die Reporter gemeinsam: Sie alle haben über die Korruptionsvorwürfe gegen Premier Netanjahu berichtet.
WAHLKAMPF Auch der Presserat in Israel sprach sich gegen die Aktionen aus: »Wir sehen die anonymen Poster, auf denen die Konterfeis von Journalisten gedruckt sind, als Beginn einer weiteren Hetzkampagne im Wahlkampf.« Die Linkspartei Meretz beschwerte sich beim Staatlichen Kontrolleur und forderte ihn auf, einzugreifen, denn die Werbung würden wegen der Anonymität das Wahlrecht verletzen.
Offenbar sollen die Wähler für die vorgezogenen Parlamentswahlen am 9. April aufgefordert werden, trotz der Ermittlungen gegen den Regierungschef wieder für ihn zu stimmen. Netanjahu hatte stets betont, dass er die Ermittlungen für eine »Hexenjagd der Linken und Medien« halte.
Die Polizei hatte vor einigen Wochen vorgeschlagen, Netanjahu in drei Fällen wegen Korruption anzuklagen. Die Entscheidung des Generalstaatsanwaltes steht noch aus.