Unter dem Schirm der »EcoWeek« treffen sich regelmäßig junge Architekten und Planer aus mehr als 20 verschiedenen Ländern, um über eine nachhaltigere Gestaltung der gebauten Umwelt nachzudenken, zu diskutieren und ganz konkrete Projekte zu entwerfen und umzusetzen.
Anfang März trafen sich die Teilnehmer der EcoWeek für eine Woche in Jerusalem, einer Stadt, die bisher noch kein Renommee als »ökologische Stadt« vorweisen kann. Im Gegenteil: Bisweilen schien es, als würden die religiösen und politischen Konflikte die Bewohner der Stadt so stark beschäftigen, dass die Planung einer umweltfreundlicheren urbanen Zukunft von den oberen Plätzen ihrer Prioritätenliste verdrängt wird.
Der Bürgermeister der Stadt, Nir Barkat, ist jedoch angetreten, das zu ändern: Auch wenn er selbst aus dem Hightech-Geschäft kommt, hat er eine dezidiert »grüne« Vision für Jerusalem entwickelt. Trotz der Kinderkrankheiten, die die neue und bislang einzige Straßenbahnlinie in Jerusalem derzeit noch durchleben muss, besteht er darauf, dass mindestens zwei weitere Linien gebaut werden, »damit das ganze System in Schwung kommt«, wie Barkat auf der EcoWeek formulierte.
Strassenbahn Recht hat er: Im hügeligen Jerusalem ist das Radfahren mühsam, und folgerichtig wurde die Stadt bisher ganz auf den automobilen Individualverkehr hin konzipiert. Staus und Parkplatzmangel prägen die Stadt. Angesichts ihres historischen Reichtums wäre es frevelhaft, sie wirklich komplett autogerecht umzubauen.
Seit August vergangenen Jahres rollt die erste Straßenbahn über die berühmte Jaffastraße, von Pisgat Zeev zum Herzlberg. Die erste Linie hat eine Länge von 13 Kilometern und 23 Haltestellen. Erweiterungen des Netzes zum Universitätscampus Mount Scopus und in das Regierungsviertel Givat Ram sind geplant. Ihre Einweihung kann aber noch Jahre dauern.
Geduld hat Barkat jedoch schon mehrmals bewiesen: Mit Gründung der Partei Yerushalayim Tatzliyah trat er im Jahr 2003 in die Politik ein, musste aber zunächst fünf Jahre lang die Oppositionsbank drücken, bevor er 2008 die Wahl zum Bürgermeister gewann.
Partner Die EcoWeek in Israel 2012 hatte mit der Stadt Jerusalem, der berühmten Bezalel-Akademie für Kunst und der Konrad-Adenauer-Stiftung aus Deutschland drei starke Partner an Bord, die zum Erfolg der Ökowoche beitrugen: An ihr nahmen israelische und palästinensische Studenten teil, die so Gelegenheit hatten, sich mit den Grundsätzen ressourcenschonender Planung auseinanderzusetzen, einander kennenzulernen und zusammenzuarbeiten.
Begleitet wurde die praktische Arbeit von mehreren hochkarätigen Vorträgen etwa von der italienischen Pionierin des örtlich angepassten Bauens, Elena Barthel vom Rural Studio aus Alabama (USA), oder dem Architekten Daniel Pearl aus Kanada, der derzeit ein europäisches Verständnis von umweltgerechter Stadtgestaltung in seine Heimatstadt Montreal bringt.
Der Fokus der EcoWeek ging – wohl auch wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage Jerusalems – dieses Mal über Nachhaltigkeit weit hinaus und umfasste auch Konzepte für die Erhaltung und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Einer der Grundsätze der EcoWeek, die schlechte thermische Isolierung von Gebäuden zu thematisieren, schien in Jerusalem besonders angebracht: Die meisten älteren Wohngebäude sind schlecht isoliert und werden elektrisch geheizt.
Katamonim Ein studentischer Workshop unter Leitung des deutschen Verkehrsexperten Uli Molter von der Technischen Universität Chemnitz (zusammen mit Yael Hammerman, Architektin aus Jerusalem) beschäftigte sich beispielsweise mit dem Katamonim-Viertel in Jerusalem, einem armen Stadtteil, der von Immigranten aus Russland und Äthiopien und verfallenden Sozialwohnungsbauten aus den 60er-Jahren geprägt ist.
Das als San Martin bekannte Viertel, direkt neben dem neuen Gazelle Valley Park gelegen, bietet wegen seiner günstigen Lage viel Potenzial. Die Studenten entwarfen eine Strategie für eine städtebauliche Regeneration von San Martin, begleitet von architektonischen Eingriffen wie der thermischen Aufrüstung der billigen, eilig errichteten Sozialwohnungsbauten. Die Teilnehmer mussten in kürzester Zeit Aspekte wie ressourcensparendes Bauen und umweltfreundliche Verkehrslösungen miteinander kombinieren.
Als sie die Workshop-Ergebnisse am Ende der Woche im Holon Institute of Technology präsentierten, staunte Elias Messinas, Architekt und Vorsitzender der EcoWeek, darüber, was junge, talentierte Studenten in nur einer Woche schaffen können. Sie hatten viel Energie eingesetzt, um Lösungen für die heilige Stadt zu finden, die mit wenig Energie auskommen.