Wenn nicht bald ein radikales Umdenken im Wasserverbrauch einsetzt, droht der Mittelmeerraum im wahrsten Sinne des Wortes auszutrocknen. Die dramatischen Folgen werden überall in Europa zu spüren sein», warnt Dorothea August vom World Wide Fund for Nature (WWF), einer der größten Umweltschutzorganisationen. «Es drohen Wasserflüchtlinge, ein Kollaps der Nahrungsmittelproduktion und das Ende des Tourismus in beliebten Urlaubsländern wie Spanien, Italien, Griechenland und der Türkei.»
In Spanien ist dieser Weckruf nicht verhallt. Jüngst reiste eine israelische Delegation – 15 Fachingenieure sowie die Vertreter von zehn Firmen, die auf diesem Gebiet tätig sind – auf die Iberische Halbinsel, um ihre spanischen Kollegen zu beraten und die Kontakte weiter zu vertiefen. Dass es ausgerechnet Israelis sind, die der von Trockenheit bedrohten südeuropäischen Region zu Hilfe eilen, kommt nicht von ungefähr, denn kein Land hat auf diesem Gebiet so viel Erfahrung und gleichzeitig so viele Erfolge zu verzeichnen wie Israel.
weltrangliste Dennoch gibt man sich bescheiden: «Wir sind nicht gekommen, um den Lehrmeister zu spielen, sondern um zusammenzuarbeiten und auch von den Spaniern zu lernen, die auf diesem Gebiet ausgesprochene Profis sind», sagt Amir Peleg, Gründer und Direktor von TaKaDu, das hebräische Kürzel für «Integrated Event Management for the Water Industry», das in Jehud nahe Tel Aviv sitzt.
Dennoch sind die Unterschiede mehr als beträchtlich. Israel ist es im Laufe der vergangenen zehn Jahre gelungen, 80 Prozent seines Abwassers wiederaufzubereiten und vor allem der Landwirtschaft erneut zur Verfügung zu stellen. Damit steht Jerusalem auf Platz eins der Weltrangliste. Platz zwei nimmt Spanien ein – dort werden 20 Prozent gereinigt und kehren so in den Wasserkreislauf zurück. Nun gilt es, diese Kluft weiter zu schließen.
«Der Regen ist ein Segen», sagt Elad Frenkel, Chef von WATEC, einem internationalen Fachkongress in Israel, «aber er ist keine verlässliche Hilfe in Zeiten der Not.» Ziel des Besuchs in Spanien sei es, «unsere Partner mit den neuesten israelischen Technologien vertraut zu machen». Die Kooperation zwischen beiden Ländern sei gut, aber sie könne zum Vorteil beider Seiten noch weiter ausgebaut werden, meint der israelische Wasserexperte.
lecks Wie man sich weniger auf Gottes Hilfe als auf seine eigene Kraft verlässt, um nicht zu verdursten, zeigen israelische Start-up-Firmen, die meist sehr klein, aber ausgesprochen kreativ sind. So wie etwa Utilis, das 2013 von zwei Jugendlichen gegründet wurde. Einer der beiden Gründer, Eddi Segal, erklärt selbstbewusst: «Das, was wir beackern, ist ein weites Feld, das in den letzten 50 Jahren keine neuen Technologien gesehen hat. Und wir bringen sie.» Konkret heißt das: Utilis nutzt Satelliten im Weltraum, um lecke Wasserleitungen aufzuspüren. Das Unternehmen hat heute bereits 15 Mitarbeiter und ist in mehreren Ländern aktiv.
Neu entwickelte Software kommt auf dem Gebiet des Wassersparens in vielfältiger Weise zum Einsatz. In Jerusalem etwa finden sich überall in der Stadt im Abstand von wenigen 100 Metern Hydranten. An ihnen sind Detektoren befestigt, deren Aufgabe es ist, mithilfe akustischer Überwachung jedes Wasserleck sofort zu melden. «In den frühen Morgenstunden, wenn es in der Stadt am ruhigsten ist, nehmen die hochempfindlichen Geräte die Geräusche wahr, die ein Leitungsschaden verursacht», erklärt Yair Zuk von der Firma Aquarius. Mithilfe mobiler Breitbandtechnologie und GPS können auf diese Weise auch ganz kleine Lecks geortet werden.
Die Innovation hat dazu geführt, dass in Jerusalem sehr viel weniger Trinkwasser durch marode Rohre versickert als woanders. Zwischen sechs und zehn Prozent sind es in der israelischen Hauptstadt, in Kalifornien verlieren Städte zehn bis 30 Prozent ihrer Wasserversorgung, und in London sind es, nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen, immerhin noch 25 Prozent. Die südspanische Stadt Almeria verwendet eine ähnliche Technologie, die von TaKaDu geliefert wurde, und konnte so ihren Wasserverlust bereits reduzieren.
drainage Relativ früh begann Israel damit, seine Landwirtschaft mit der Tröpfchenbewässerung zu versorgen. Schlauchsysteme mit kleinen Löchern durchziehen die Anbauflächen und versorgen sie zielgenau mit der richtigen Menge Wasser. Neu ist, dass Computer die Kontrolle über die Bodenfeuchtigkeit übernommen haben, sodass die Wasserzufuhr immer wieder aufs Neue justiert werden kann. Außerdem werden mit der Tröpfchenbewässerung die Pflanzen mit Dünger versorgt.
Aktuell hat man damit begonnen, Pflanzenarten zu züchten, die sich den herrschenden klimatischen Bedingungen und Bodenverhältnissen anpassen sowie auf das Wesentliche reduziert sind. So gibt es bereits Tomatensorten, die weniger Blätter haben, und Getreide, das nicht so hoch wächst wie gewöhnlich. Das alles spart Wasser.
«Im Moment investieren wir viel Geld in die Entwicklung von Pflanzen, die Salz speichern», sagt Amir Peleg und weist auf ein Problem hin, das den Landwirten immer mehr zu schaffen macht. Ohne eine ausreichende Drainage kommt es zu einer Anreicherung von Salz in den oberen Bodenschichten. Die Folge ist eine gravierende Versalzung, die den weiteren Anbau von Nutzpflanzen nicht mehr erlaubt.
meer Es geht den israelischen Experten darum, die Fähigkeit der Salzspeicherung auch auf Gemüse und Obst zu übertragen. Natürlich soll das Salz nicht in der Frucht abgelagert werden, sondern in Pflanzenteilen, die leicht entfernt werden können. Manzoor Qadir vom UN University Institute for Water, Environment and Health in Hamilton in Kanada weist warnend darauf hin: «Wir können es uns nicht leisten, die Produktivität der salzbelasteten Böden nicht wiederherzustellen.»
Wichtige Säulen der Wasserversorgung sind in beiden Ländern die Meerwasserentsalzungsanlagen. Von den zwölf größten Anlagen, die weltweit in Betrieb sind, stehen allein fünf in Israel. Auf diesem Gebiet sind die Spanier ihren israelischen Partnern mindestens ebenbürtig – der Madrider Konzern Sacyr hat vor knapp zwei Jahren die jüngste große israelische Entsalzungsanlage in Aschdod gebaut.